Hat der Euro seine Attraktivität verloren?
Martin Hüfner, volkswirtschaftlicher Berater der österreichischen Vermögensanlagebank direktanlage.at, zeichnet drei mögliche Szenarien für die weitere Entwicklung in Griechenland. Der Experte rechnet in jedem Fall mit meiner Abschwächung des Euro, da die Grundlagen seiner Attraktivität verloren gegangen seien.
„Die Märkte wissen nicht, was sie von dem Rettungspaket für Griechenland halten sollen“, sagt Hüfner. „Zuerst waren sie etwas optimistischer, weil Athen endlich Geld bekommt und seine Verpflichtungen in diesem Monat erfüllen kann. Dann kam der Umschwung und es wurden alle Negativ-Szenarien diskutiert. Die Aktienmärkte brachen ein. Der Euro fiel unter 1,30 Dollar.“ Hüfner sieht drei Szenarien für die weitere Entwicklung: „Es sind keine Prognosen sondern Denkmodelle. Sie sollen zeigen, was passieren kann und wie wahrscheinlich es ist.“
Der „Best Case“ – Es wird alles wieder gut. Griechenland erfüllt alle Vorgaben, die ihm in dem Sanierungsplan gemacht wurden. Athen kann wieder Anleihen am Markt platzieren. Das wäre das Optimum. Es ist allerdings höchst unwahrscheinlich. Das liegt einmal daran, dass es erhebliche politische Widerstände in der griechischen Gesellschaft gibt. Zudem wirkt das Programm negativ auf das Wachstum der hellenischen Wirtschaft. Hüfner gibt diesem Szenario daher nur die Wahrscheinlichkeit von 10 Prozent.
Der „Worst Case“ – Es geht alles schief. Griechenland erfüllt die Vorgaben des Sanierungsprogramms nicht. Die Märkte ziehen sich aus der Finanzierung des Landes vollständig zurück. Am Ende muss Griechenland die Zahlungsunfähigkeit erklären. Die bisherigen Gläubiger bekommen nur noch einen Teil ihrer Forderungen zurück. Das Scheitern der Griechenland-Sanierung wirkt sich negativ auf die anderen Länder in Südeuropa aus. Portugal kommt als erstes in Schwierigkeiten und muss Insolvenz erklären. In Spanien (vielleicht auch in Italien) gibt es ebenfalls erhebliche Turbulenzen. Die Diskussion über den Erhalt des Euro eskaliert. Dabei geht es weniger darum, dass schwache Länder austreten. Wohl aber wird bei den stabileren Ländern eine Diskussion einsetzen, ob sie sich die Lasten des Euro in Form von finanziellen Verpflichtungen und weniger Stabilität noch leisten wollen. Hüfner gibt diesem Szenario immerhin eine Wahrscheinlichkeit von 30 Prozent: „Für Griechenland hätte es den Vorteil, dass es mit einem Mal einen großen Teil seiner Schulden los wäre.“
„Muddling Through“ – Es kommt zu keinen klaren Lösungen und keinem eindeutigen Schnitt. Die Beteiligten wursteln sich durch. Bei der Umsetzung des Sanierungsprogramms fällt Griechenland ein um das andere Mal hinter die Vorgaben zurück. Es bekommt aber immer wieder Zeit zum Nachbessern. Die Märkte trauen sich zeitweise, Griechenland Geld zur Verfügung zu stellen. Es gibt keinen Staatsbankrott. Nach ein, zwei Jahren setzt sich aber die Überzeugung durch, dass die Lösung der Probleme ohne eine Umschuldung nicht möglich ist. Die Gläubiger müssen auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Hüfner gibt diesem Szenario eine Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent: „Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Politiker harte Schritte wie in Szenario 2 scheuen.“
Was bedeutet das alles für Anleger? „Die Probleme bei der Finanzierung der griechischen Defizite werden sich noch über wenigstens drei Jahre hinziehen“, sagt der direktanlage.at-Berater. „Es wird immer wieder negative Überraschungen für die Aktien, Renten- und Devisenmärkte geben. Der Euro verliert wichtige Stützen seiner Attraktivität. Internationale Investoren wenden sich ab. Der Kurs bewegt sich in Richtung auf 1,10 Dollar. Gläubiger in griechischen Anleihen müssen mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent (Szenario 2 plus Szenario 3) auf einen Teil ihres Geldes verzichten.“
Weiterführende Links:
Disclaimer & Risikohinweis
Themen im Artikel










