Von Schuldenobergrenzen und Parallelwährungen

BlackRock Asset Management: Donald Trump ist immer für eine Überraschung gut. Da verursachen gigantische Tropenstürme im Süden der USA Milliardenschäden, bringen Tod und Verwüstung, aber der Präsident begnügt sich nicht mit öffentlichkeitswirksamen Auftritten als Krisenhelfer in Gummistiefeln.

 

Schuldengrenze hinausgezögert

Stattdessen nutzt er das landesweite Entsetzen und Mitleid mit den Opfern von "Harvey" und "Irma" für einen unerwarteten Coup, nämlich die Verabredung mit demokratischen Kongressabgeordneten, die Schuldengrenze um drei Monate hinauszuschieben. Ansonsten wäre Mitte dieses Monats der Zentralstaat ans Limit gestoßen.

 

Trump hat nun die parteienübergreifende Bereitschaft infolge der Naturkatastrophen geschickt für den Aufschub genutzt. Bemerkenswert ist hieran vor allem, daß der Deal mit den Demokraten gegen den ausdrücklichen Willen seiner Parteifreunde erfolgte. Die Grand Old Party, allen voran der mächtige Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, hatten sich für eine deutlich längere und mit strukturellen Veränderungen verbundene Ausweitung der Schuldenobergrenze stark gemacht und sahen sich nun einmal mehr von Trump düpiert.

 

Gut möglich, daß sich Ryan & Co. revanchieren, wenn der Präsident das nächste Mal ihre Unterstützung braucht, zum Beispiel bei der Verabschiedung seiner ersehnten Steuerreform.

 

Parallelwährung für Italien?
Währenddessen flirtet Italien mit der Einführung einer Parallelwährung. Dass diese Idee diskutiert wird in Zeiten, in denen die Nachteile nicht-optimaler Währungsräume evident sind, ist weder überraschend noch neu. Auch für Griechenland wurde am Höhepunkt der Eurokrise immer wieder das Konzept einer nationalen Parallelwährung gefordert, am Ende aber stets ad acta gelegt.

 

Aus gutem Grund, denn so charmant die Idee begrenzter nationaler Währungssouveränität auch klingen mag, so regelmäßig ist sie doch an der entscheidenden Frage gescheitert, nämlich jener, wie die betreffenden Länder ihre Euro-denominierten Auslandsschulden erwirtschaften sollen. In Italien favorisieren dennoch inzwischen drei der vier größten Parteien das Parallelwährungskonzept.

 

Für die antieuropäische Fünfsterne-Bewegung von Ex-Komiker Beppe Grillo und die stramm rechte Separatistenpartei Lega Nord ist das Konzept Kernelement einer perfiden Doppelstrategie. Erstens treibt man einen Keil zwischen die etablierten Parteien. Denn der Partito Democratico von Ex-Premier Matteo Renzi ist nun die einzige größere Partei, die sich klar zum Euro bekennt und eine Parallelwährung ablehnt, während ihr vielleicht-Koalitionspartner nach der Wahl 2018, Silvio Berlusconis „Forza Italia“, die Parallelwährung schon lange propagiert.

 

Zweitens schaffen sich Grillo und Lega Nord-Chef Matteo Salvini auf diese Art ein gemäßigteres Image, denn ihre bisherige Forderung, der kompromißlose Euro-Austritt Italiens, hatte viele Wähler im traditionell europafreundlichen Italien doch erkennbar verschreckt. Sollten sich die Stimmanteile der drei Parteien, die nun eine Parallelwährung befürworten und die in Umfragen schon jetzt gut 55% der Anhänger auf sich vereinigen, bis zur Wahl Anfang 2018 weiter zunehmen, droht Ungemach.

 

Dann braucht nicht nur die EZB, sondern auch die EU-Kommission eine klare Antwort, ansonsten könnte den Märkten ein erneutes Italexit-Szenario drohen. Dies vor allem für den Fall, daß Anleger angesichts nachlassender Anleihekäufe durch die EZB mit Blick auf die italienischen Spreads sensibler werden.

Was bedeutet das für die Anleger?
Derweil ist zwölf Tage vor der deutschen Bundestagswahl an den Finanzmärkten nichts von Unruhe zu spüren. Zu sehr hat der uninspirierte Wahlkampf offenbar die Anleger eingelullt. Zuletzt haben beide große Lager, Union und SPD, leicht verloren, während im Camp der vier kleineren Parteien diejenigen leicht vorn liegen, mit denen niemand koalieren möchte, nämlich Linkspartei und AfD.

 

Dagegen überbieten sich die potentiellen Partner in möglichen Dreierbündnissen, FDP und Grüne, vor allem mit Aussagen, was im Falle einer Regierungsbeteiligung für sie alles nicht akzeptabel wäre. Diese für deutsche Wahlkämpfe seit einiger Zeit übliche Ausschließeritis erhöht die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Koalition von Union und SPD.

 

Bemerkenswert, daß SPD-Kandidat Martin Schulz jüngst sagte, eine erneute Große Koalition sei nicht das, was er anstrebe. Ein klares Dementi klingt anders. Aus Anlegerperspektive sehen wir einen Wahlausgang, der eine Fortsetzung der gegenwärtigen Koalition nahelegt, mit gemischten Gefühlen. Zwar würde ein Weiter-so des Merkel’schen Wohlfühlkabinetts Deutschlands Zukunftsfähigkeit auch in den nächsten vier Jahren wohl keinen Millimeter voranbringen.

 

Andererseits verspräche es, gerade mit Blick auf kapitalmarktrelevante Themen wie Eurokrise, Migration oder Energie, möglicherweise mehr Berechenbarkeit, ein Gut, welches von Anlegern bekanntermaßen geschätzt wird. Insofern muß ein Szenario, in dem der langweilige Wahlkampf in eine ebenso langweilige Regierungsbildung mündet, aus Anlegersicht nicht unbedingt ein schlechtes sein.

 

Autor: Dr. Martin Lück

 

 

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