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Drohen weltweite Handelskriege?

Helaba: Donald Trumps Frontalangriff auf den Welthandel könnte nach der Wahl im November 2020 Geschichte sein. Selbst wenn die USA unter einem neuen Präsidenten wieder zu einer Handelspolitik wie unter Barack Obama zurückkehren würden, droht aber von einer ganz anderen Seite neues Ungemach für den globalen Handel: der Klimapolitik.

Der internationale Austausch von Waren durchlebt derzeit schwierige Zeiten. Zwar sprechen die beiden Hauptkontrahenten des Handelsstreits, die USA und China, wieder miteinander. Die Stimmung bleibt aber schlecht oder trübt sich sogar weiter ein.

So haben die USA mehrere chinesische Unternehmen auf eine schwarze Liste gesetzt, weil sie an der Unterdrückung der uigurischen Minderheit beteiligt sind. China betrachtet dies als inakzeptable Einmischung in die inneren Angelegenheiten.

Auch wird in Washington offenbar ernsthaft über Maßnahmen diskutiert, über den Warenhandel hinaus die Kapitalströme einzuschränken. Beispielsweise steht der freie Zugang chinesischer Unternehmen an die US-Börsen zur Debatte und selbst Beschränkungen für Amerikaner, in China zu investieren, werden ventiliert. Ohne Verhandlungsfortschritte werden die Zölle in den kommenden Wochen auf Basis bereits beschlossener Maßnahmen weiter steigen.

Damit aber nicht genug.

 

 

Japan und Korea haben in einem länger laufenden Streit über die japanische Besatzungszeit erstmals umfangreichere Handelsbeschränkungen gegeneinander eingesetzt. Dies deutet darauf hin, dass die von Donald Trump angestoßene Tendenz, den Handel als Druckmittel für völlig andere politische Konfliktfelder (Einwanderungspolitik zum Beispiel) einzusetzen, Schule machen könnte.

Auch das Verhältnis USA-EU hat sich merklich eingetrübt. Die Amerikaner haben von der WTO die Erlaubnis bekommen, wegen illegaler Beihilfen der Europäer für Airbus Handelshemmnisse für EU-Waren einzuführen. Auf der entsprechenden Liste stehen neben Flugzeugteilen auch landwirtschaftliche Produkte wie Käse und Fleisch. Folge: Laute Proteste in der EU, die ihrerseits Vergeltung angekündigt hat.

Dieser Konflikt kommt vor allem vor dem Hintergrund des schwelenden Streits über Auto-Importe in die USA zu einem kritischen Zeitpunkt. Bis Mitte November will sich Donald Trump nämlich äußern, ob diese (nicht zuletzt aus Deutschland kommenden) Einfuhren die nationale Sicherheit der USA gefährden und daher mit Strafzöllen belegt werden sollen.

 

 

Bescheidene Erfolge
Verglichen mit all diesen schlechten Nachrichten hören sich die wenigen Erfolgserlebnisse eher bescheiden an. Freihandelsabkommen der EU mit Kanada und Japan, die nach jahrelangen Verhandlungen endlich spruchreif wurden, sind auch wegen politischen Widerstands in der EU nicht sehr ambitioniert und betreffen vergleichsweise geringe Handelsströme. Ihre Ratifizierung schleppt sich zudem hin.

Das ebenfalls von manchen Wirtschaftspolitikern mit viel Trara begrüßte Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten provozierte sofort lautstarke Proteste aus Irland und Frankreich wegen angeblicher Nachteile für die dortige Landwirtschaft.

Der Streit mit der brasilianischen Regierung über den Umgang mit dem Amazonas-Regenwald wurde dann schnell zum willkommenen Anlass genommen, das ganze Freihandelsabkommen in Frage zu stellen.

Auch ein „No-Deal-Brexit“ würde einen weiteren Tiefschlag für den internationalen Handel bedeuten. Zwar würden an einem solchen Ausgang letztlich die Briten die größere Schuld tragen. Dennoch muss sich die EU mit dem Vorwurf auseinandersetzen, dass sie ein Chaos im europäischen Handel in Kauf genommen hat, nur um eine Zollgrenze zwischen Nordirland und der Republik Irland zu verhindern.

Ein Wechsel zum Besseren in der Handelspolitik der neuen EU-Kommission zeichnet sich nicht ab, eher im Gegenteil. Phil Hogan, der designierte neue Handelskommissar, war bisher für Landwirtschaft zuständig. Der Ire kommt aus einer Farmerfamilie.

 

 

Zölle gegen den Klimawandel
Aber diese Probleme drohen zu verblassen angesichts neuer sich abzeichnender Konfliktfelder. Im Mittelpunkt steht hierbei die Klimapolitik. Maßnahmen, die zu einer spürbaren Verteuerung von von fossilen Brennstoffen und damit auch Strom führen, haben erhebliche Auswirkungen auf die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen und damit auf den nationalen Standort.

Dies ist insbesondere wichtig in energieintensiven Branchen bzw. für Länder mit einem hohen Industrieanteil. Selbst wenn die Last der neuen Abgaben nicht unmittelbar bei den Unternehmen sondern bei den Verbrauchern liegen sollte, kann bei ausreichend hoher Belastung ein Wettbewerbseffekt über die Löhne entstehen. Wegen stark steigender Lebenshaltungskosten würde Aufwärtsdruck auf die Löhne und damit auf die Kostenbasis entstehen.

Selbst wenn alle unsere Handelspartner den Handlungsbedarf in der Klimafrage gleich einschätzen würden – was eher unwahrscheinlich ist – ist kaum denkbar, dass sie alle im selben Umfang und mit ähnlichen Mitteln tätig werden. Dies liegt nicht unbedingt an einem geringeren Interesse der Schwellen- und Entwicklungsländer am Umweltschutz.

Die Erfahrung zeigt, dass die Zahlungsbereitschaft für Umweltschutzmaßnahmen mit steigendem Pro-Kopf-Einkommen zunimmt. Regierungen relativ armer Länder haben weniger Mittel, die sie für diesen Zweck aufwenden können und, verglichen mit „reichen“ Ländern, ein stärkeres Interesse an anderen wirtschaftspolitischen Zielen.

In Ländern, wo „wenig passiert“ würde die Produktion also preislich wettbewerbsfähiger, umso mehr, je höher die CO2-Besteuerung bei uns ausfällt. Entsprechend macht eine drastische unilaterale „Klimawende“, wie sie derzeit in der Diskussion ist, wenig Sinn ohne begleitende Maßnahmen im Außenhandel. Ursula von der Leyen hat daher schon angekündigt, dass sie als Präsidentin der EU-Kommission das „Schlüsselinstrument“ einer „Grenzsteuer“ einführen will.

 

 

Da es sich dabei aber um eine prozess- und nicht produktbezogene Abgabe handeln muss, steht die Politik vor großen Problemen. Eine detaillierte Ermittlung, wieviel CO2 für die Produktion jedes einzelnen Importgutes aufgewandt wurde, ist praktisch unmöglich – zumal viele Importe nicht nur in Land A erstellt werden, sondern Vorleistungen aus B, C und D enthalten können. Wie ist dort der Energie-Mix?

In der Praxis werden daher grobe Daumenregeln zum Einsatz kommen. Deren Festlegung dürfte alle Lobbyisten und Protektionisten mobilisieren, die darin – zu Recht – eine Carte Blanche für quasi unbegrenzte Markteingriffe sehen würden.

Der „echte“ Handelskrieg kommt erst noch?
Für die EU stellt sich ein zusätzliches Problem: Wenn einzelne Mitgliedstaaten weitergehende nationale Maßnahmen für den Klimaschutz ergreifen wollen, kann die EU dies nach außen nicht mit ihrer zwingend einheitlichen Handelspolitik flankieren. Es kann keinen deutschen, sondern nur einen EU-Klimazoll geben.

Ob und wie sich dieser innerhalb des geltenden WTO-Rechts darstellen ließe, ist ungeklärt. Zumindest mit der aktuellen US-Regierung, die explizit auf eine Renaissance fossiler Brennstoffe hinarbeitet, ist hier ein scharfer Konflikt programmiert.

Dies gilt aber wohl auch für viele Schwellen- und Entwicklungsländer. Sie würden wohl zum Teil nicht nur wenig enthusiastisch an einer globalen CO2-Reduktion mitarbeiten. Sie müssten vor allem zunächst ihre derzeit häufig nicht nur für den Kohle- sondern auch den Benzinverbrauch ihrer Bürger gezahlten Subventionen abschaffen.

Stattdessen würde ein breiter Handelskonflikt wahrscheinlich, in dem sich die Schwellenländer gegen zusätzliche Handelsbarrieren in den Industriestaaten mit Gegenmaßnahmen zur Wehr setzen. Dies würde wiederum nicht zuletzt Deutschlands Exportwirtschaft treffen.

 

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