Anleihen: EZB überrascht Rentenmarkt

Börse Frankfurt: Die Europäische Zentralbank hat einen Kurswechsel in der europäischen Zinspolitik angedeutet und damit Anleger zum Verkaufen animiert.

Mit bis zu 0,18 Prozent Plus sind die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen wieder positiv, erstmals seit 2018 erreichen auch die Renditen fünfjähriger Papiere positives Terrrain.

 

Kommt die Zinswende auch in der Eurozone?

„Man höre und staune – die Europäische Zentralbank scheint dem Inflationsdruck nachzugeben und schließt eine Zinserhöhung in diesem Jahr nicht mehr kategorisch aus“, kommentiert Arthur Brunner von der ICF Bank die Top-News der Woche.

Der Rentenmarkt sei davon aber auf dem falschen Fuß erwischt worden: Der Bund Future habe deutlich nachgegeben. Er war bis auf 166,10 gesunken. Am Freitag Vormittag stand er bei 166,65.

„Die Märkte sind stark verunsichert“, erklärt Brunner die Marktreaktion. Händler würden schon jetzt eine Leitzinserhöhung auf 0 Prozent bei den Kurzläufern einpreisen. „Doch ob das so kommt, ist Spekulation.“

Am Donnerstag hatte bereits die Bank of England den Reigen der Zinserhöhungen fortgesetzt: Die britischen Währungshüter hatten die Leitzinsen zum zweiten Mal auf jetzt 0,5 Prozent angehoben.

„Die rekordhohe Inflation bringt die EZB in Erklärungsnot“, konstatierte Tim Oechsner von der Steubing AG. „Denn damit entfernt sich die Inflation immer weiter von der Zielrate von 2 Prozent, der als optimaler Wert für die Wirtschaft anpeilt wird.“

Allerdings habe Christine Lagarde betont, die Entscheidung für März nicht vorwegnehmen zu können.

„Einige Teilnehmer am Markt nehmen nun eine Zinserhöhung für März bereits vorweg“, ordnet Oechsner ein.

 

Nervosität und Abwägen jedes Wortes

Die Nervosität schlage sich auch darin nieder, dass die Marktteilnehmer auf jedes Wort, jede neue Formulierung der Währungshüter achteten. In der Folge hielten die weiterhin hohe Volatilität und der anhaltende, sich verstärkende Aufwärtstrend der Zinsen auf breiter Front Anleihekäufer zurück.

Insgesamt hätten die hawkishen Kommentare der EZB überwogen: Hawkish, englisch für falkenartig, bedeutet in der Geldpolitik das Eintreten für steigende Zinsen und eine Aufwertung der Währung, während dovishe – die Tauben – Währungshüter für niedrige Zinsen und eine Abwertung des Geldes stehen.

 

 

Argentiniens Staatstitel gesucht

Mit der Einigung zwischen Argentinien und dem IWF, dem Internationalen Währungsfonds, auf ein Schuldenabkommen waren laut Brunner argentinische Staatsanleihen laut Brunner gesucht.

Auf Unternehmensseite sticht nach seinen Angaben eine Anleihe von Aurelius hervor: Das Papier mit Laufzeit 2024 und 4,25 Prozent Kupon (NO0010861487) ist im Wochenverlauf von 99,50 auf 101 Prozent gestiegen und notiert aktuell bei 100 Prozent.

Erheblich unter Druck waren Saipem Finance-Titel (XS2202907510): Mit einem Einbruch auf 78,88 Prozent reagieren sie auf die Warnung des Unternehmens vor einem Gewinneinbruch, der mehr als ein Drittel des Grundkapital beträgt.

Grundsätzlich fällt nach Einschätzung von Oechsner auf, dass vor allem der Markt für Neuemissionen offen ist, sobald die Zinsängste nachlassen. So laufen zwei Emissionen von IBM (2030 und 2034) solide.

Beate Mägerle von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank berichtet von regem Kauf-Interesse bei einer Grenke Finance-Anleihe (XS2078696866). Das sei womöglich auf das Auslaufen eines früheren Zinspapiers zurückzuführen.

Käufe beobachtet Mägerle auch bei einem Titel der Karlsberg Brauerei (DE000A254UR5) mit 4,25 Prozent Kupon und einer Laufzeit bis 2025.

Bei der Adler Group reißen hingegen die schlechten Nachrichten nicht ab: Oechsner verweist darauf, dass das Unternehmen die Veröffentlichung seines Konzernabschlusses verschiebt und große Investoren wie JP Morgan und Goldman Sachs auf fallende Anleihenkurse setzten. Entsprechend geraten Adler-Papiere (XS2283224231 und XS1713464441 unter erheblichen Druck.

Besonders zinssensitiv reagiere laut Oechsner auch das Schuldpapier von Saxony Minerals & Exploration mit 7,75 Prozent Kupon und Laufzeit bis 2025 (DE000A2YN7A3): Die Abschläge betragen hier am Freitag mehr als 16 Prozent.

„Hier zeigt sich, wie zinsanfällig der Markt ist: Das Papier fiel ohne unternehmensspezifische News von ca. 104 Prozent vor einiger Zeit auf 18 Prozent. Zuletzt erholt es sich wieder.“

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