Hoffen auf die Kehrtwende am Bosporus

Bernstein BankÜberraschung: Die türkische Lira hat sich nach ihrem Rekordtief vom Juni wieder einigermaßen stabilisiert. Die Gründe: Die wieder angelaufene Tourismus-Saison, relative Ruhe in Sachen Osmanen-Imperialismus – und vor allem China.

Läuft hier ein Turnaround? Wir beleuchten die Hintergründe.

 

Kleine Erholung zum Dollar

Die Lira hat sich zuletzt verhältnismäßig wacker geschlagen. Im Juli legte die gebeutelte Devise um rund 3 Prozent gegenüber dem Dollar zu – der beste Monat in diesem Jahr. Und die beste Performance unter den Währungen der Emerging Markets.

Aus den Untiefen ist ein Wieder-Anstieg allerdings kein Wunder: USDTRY hatte Ende Juni bei 8,7769 ein historisches Tief zum Dollar markiert. Gestern hat das Währungspaar bei 8,3209 knapp unter die 100-Tage-Linie gelugt.

Sollte sich das Vertrauen der Anleger weiter erholen, winkt als nächstes die 200-Tage-Linie bei zuletzt knapp 8,00.

 

Die Zinsen bleiben oben

Einer der Gründe für die Erholung ist die Tatsache, dass die Ängste vor einer schnellen Zinssenkung in der Türkei zunächst verflogen sind. Sie erinnern sich sicher: Herrscher Recep Erdogan geht – so ziemlich als einziger Mensch auf der Welt – davon aus, dass niedrige Zinsen eine Währung stärken.

Tatsächlich hat Zentralbank-Gouverneur Sahap Kavcioglu den Zinssatz seit seiner Inthronisierung im März überraschenderweise unverändert bei 19 Prozent belassen und damit die Forderungen des Sultans nach einer Zinssenkung ignoriert. Dabei ist Kavicoglu ein getreuer Gefolgsmann des Präsidenten.

Wir sind gespannt, wie lange der Zentralbank-Chef diesen Kurs durchhält. Nach dem Rauswurf des Vorgängers hatten ausländische Investoren rund 472 Millionen Dollar an Lira-basierten Staatsanleihen verkauft und die Lira war gecrasht.

 

Horrende Inflation

Was auch an der Inflationsrate lag. Die gerade gemeldeten Werte sind wieder ernüchternd: Die Teuerung betrug im Juli 18,95 Prozent – und damit höher als die Prognosen von 18,6 Prozent. Im Vergleich zum Vormonat stiegen die Verbraucherpreise um 1,8 Prozentpunkte.

Getrieben wurde die Teuerung vor allem durch steigende Lebensmittelpreise – sie zogen im Juli im Schnitt um 24,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr an.

Die Zentralbank gibt sich aber trotzig: Vorige Woche senkte die türkische Notenbank den Ausblick für die Inflation zum Jahresende von 14,1 auf 12,2 Prozent. Noch vor knapp zwei Jahren lag die Teuerung unter 9 Prozent. Genau auf solche Werte hofft der Bondmarkt.

 

Neue Hoffnungssignale

Vielleicht fließt wieder Kapital zurück, wenn die Türkei ihre aggressive Energie-Politik mit der einseitigen Ausweitung der Seegrenzen zur Ausbeutung von Gasvorkommen wieder herunterfährt.

Einen Krieg mit Griechenland, Zypern und Israel kann das Land nicht gebrauchen. Und wenn der Tourismus den Corona-Schock abschüttelt, fließen wieder Devisen ins Land.

 

Volatilität bremst Investments

Allerdings bleibt für JPMorgan Chase &Co. die Volatilität der türkischen Währung ein Haupthindernis für eine anhaltende Erholung der Lira. Mustafa Bagriacik, Chef der Investmentbank für die Türkei und Aserbaidschan, sagte gerade der Nachrichtenagentur Bloomberg, “the predictability of inflation and the currency are the two most important things to increase appetite for lira-based assets.”

Sollten diese beiden Themen gefixt werden, folge der Rest. Tatsächlich ist die Unsicherheit noch hoch: Die angenommene Volatilität (implied vola) gehört zur höchsten weltweit, was feine Adressen von einem Investment abhält.

 

 

Turnaround-Chance

Unser Fazit: Wer gerne auf ausgebombte Assets wettet, sollte sich ein Long-Engagement bei der Lira überlegen. Oder einen Einstieg im Istanbul National ISE 100 Index – neben der Hoffnung auf den Turnaround stützt hier die Tatsache, dass Aktien als Sachwerte eine Absicherung in der Inflation sind.

Allerdings sollten Sie nicht Haus und Hof verwetten. Zuletzt überwog wieder die Vernunft in Ankara. Doch das kann sich schnell ändern. Wie in China auch überlagert in der Türkei die Politik die Börse. Und das sorgt allzu oft für erratische Ausschläge.

 

Überraschender China-Swap

Apropops China: Besonders gut belegt ein Swap-Deal mit dem Reich der Mitte den nur schwer planbaren Einfluss der Politik. Die Aktion stoppte zunächst den Tiefenrausch der Lira.

So meldete Ankara Mitte Juni die Ausweitung einer bestehenden Swap-Facility mit Peking von 2,4 auf 6 Milliarden Dollar. Die Türkei hat sich also frische Devisen beschafft, die sie nun offenbar peu a peu gegen Lira eintauscht.

Ein schöner Schock für Shorties. Wir hatten immer wieder auf diese Möglichkeit als plötzliches bullishes Event hingewiesen.

Voriges Jahre waren die Forex-Reserven der Türkei um 75 Prozent eingebrochen. Jetzt füllte Ankara die Kriegskasse auf. Die Frage ist, ob bald die Munition wieder ausgeht. Ob long oder short – wir wünschen erfolgreiche Trades und Investments!

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