Potenzielle Dynamik bei Erdöl

Bernstein BankEinmal mehr widmen wir uns dem Energiemarkt – hier baut sich an der Newsfront gerade eine interessante Nachrichtenlage auf. Zum einen will der mögliche neue US-Präsident Joe Biden nicht nur das Fracking einstellen, sondern gleich die gesamte US-Ölindustrie vernichten. Auch andere Faktoren sind bemerkenswert. Trader und Investoren sollten sich bereitmachen.

Noch bremst Corona
Mächtig was los bei Erdöl. Zwar setzte der Ölpreis zuletzt wegen der anziehenden weltweiten Corona-Fälle zurück. Auch zerrt das politische Gerangel um einen neuen Stimulus in den USA an den Nerven der Trader. Doch ein Strauß von News könnte den Preis bald anschieben.

 

 

Are you listening Texas, Oklahoma, Pennsylvania, Ohio?
So hat gerade Joe Biden bei der zweiten Präsidentschaftsdebatte das Ende der US-Ölwirtschaft im Falle seines Wahlsieges verkündet. Sein Ziel: „transition away“ von Erdöl.

Der erstaunte Zuschauer zog vorigen Donnerstag die Augenbrauen hoch – es war zwar nicht verwunderlich, dass Sleepy Joe die Ankündigung am Ende des Abends trotzig hinausposaunte. Wahrscheinlich war der Medikamenten-Spiegel in Bidens Blut schon gehörig gesunken – es war gut für ihn, dass die Diskussion nicht noch 30 Minuten länger dauerte, er verhedderte sich zusehends.

Doch in dieser Deutlichkeit ist solch eine Aussage für einen aalglatten Politiker, der 47 Jahre im Intrigantenstadl von Washington D.C. verbracht hat, ungewöhnlich. Biden blieb sogar auf Nachfrage von Donald Trump dabei, dass er die Ölindustrie killen will. Der nahm den Ball geschickt auf und rief den Zuschauern zu: „Are you listening Texas, Oklahoma, Pennsylvania, Ohio?“

Rückenwind von Biden für den Ölpreis
Bleibt zunächst die Frage, ob sich damit der demokratische Herausforderer nicht selbst aus dem Rennen geschossen hat: Texas, West Virginia und Oklahoma sind sowieso stramm republikanisch.

Doch möglicherweise hat Biden damit Donald Trump die heiß umkämpften Battleground-States Pennsylvania und Ohio auf dem Tablett serviert – und vielleicht auch New Mexico gedreht, das eigentlich demokratisch tickt, aber als neues amerikanisches Öl-Eldorado allergisch auf die jüngste Ankündigung reagieren dürfte. Genau wie auf frühere Aussagen Bidens zum Ende des Fracking und der Einführung eines Green New Deal.

In diesen Staaten stehen hunderttausende gut bezahlte Jobs in der Öl- und Gasindustrie auf dem Spiel und in allen Branchen, die an den Petrodollars hängen – Immobilien, Kinos, Restaurants, Textilien, Einzelhandel.

Jedenfalls hat die Aussage von Biden zig-tausende Amerikaner in vielen Auto- und Bootskorsos in den Ölstaaten elektrisiert, von den Sie weder in den USA noch hierzulande viel hören. Betreutes Denken eben – der dumme Wähler muss nicht alles wissen von den „Trump Trains“, sonst setzt er sein Kreuzchen noch an der falschen Stelle.

Wie auch immer: Die Umfragen haben ja immer recht und in ihnen liegt Biden landesweit recht komfortabel mit rund 8 Prozentpunkten vorne. Gehen wir also davon aus, dass Biden gewinnt. Sein Abschied von US-Öl würde daher einen gigantischen Produzenten weitgehend vom Markt nehmen – den größten der Welt, um genau zu sein.

Goldman sieht Biden-Sieg bullish
Nicht umsonst hat am Sonntag Goldman Sachs einen Sieg von Biden als bullish für den Ölpreis bezeichnet. Sein Amtsantritt würde für einen schwächeren Dollar sorgen – Stichwort neue Stimuli – und die Kosten für die Shale-Förderung nach oben treiben. Die Goldmänner nahmen Biden beim Wort – er werde neue Öl- und Gaslizenzen auf Staatsland verbieten und seinen Plan für erneuerbare Energien vorantreiben.

Vermutlich werde er die Regulierung verschärfen, Steuern erhöhen, Restriktionen für die Methan- und für die Ölförderung einführen. Dies könne die Kosten für die US-Förderung um 5 Dollar je Barrel anheben.

Vorigen Monat hatte Goldman zudem ein Defizit im Ölmarkt von rund 3 Millionen Fass pro Tag und einen Brent-Preis von 49 Dollar je Barrel vorhergesagt. Im Dezember hatte die Investmentbank für Brent ein Preisziel von 65 Dollar je Fass Brent im dritten Quartal 2021 ausgerufen.

Die Weltbank hat gerade die Lage verhaltener eingeschätzt. Das war allerdings vor der Aussage von Biden. Demnach werde die Pandemie die Nachfrage weiter drosseln, hieß es im halbjährlichen Commodity Markets Outlook. Für das kommende Jahr stehe damit nur ein Preis von durchschnittlich 44 Dollar je Barrel an. Erst 2022 könne der Markt das Level vor Corona erreichen.

 

 

Überraschendes Signal aus Moskau
Bleibt jedoch anzumerken, dass die OPEC+ zum Jahresende mit einer kleinen Förder-Überraschung aufwarten könnte. Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte, sein Land könne seine gedrosselte Förderquote von 7,7 Millionen Fass pro Tag auch im nächsten Jahr beibehalten.

Wir erinnern uns, dass es im Frühjahr Moskau war, das den Markt mit einem Überangebot überschwemmen wollte, um die verhasste US-Shale-Industrie zu zerstören. Den Job würde ja jetzt Joe Biden übernehmen. Wie schon jüngst berichtet, brauchen einige Ölförderer dringend höhere Preise, um die leeren Staatskassen wieder zu sanieren.

Unruhen in Nigeria
Und zu guter Letzt noch ein Blick nach Afrika: Im OPEC-Land Nigeria bleibt die Lage angespannt. Noch ist die Ölförderung nicht von den Unruhen bedroht. Doch die Polizei erschoss jüngst ein Dutzend Demonstranten. Militante Gruppen im Niger-Delta wie die Reformed Niger Delta Avengers (RNDA) könnten die Proteste jederzeit eskalieren.

Unser Fazit: Noch ist Corona der große Stopper im Ölmarkt. Doch falls tatsächlich ein wirksamer Impfstoff die Pandemie beendet und die Weltwirtschaft wieder anspringt, spricht vieles für höhere Ölpreise. Dazu gesellt sich möglicherweise eine neue, grüne Politik in den USA. Wir behalten die Angelegenheit für Sie im Blick – und wünschen erfolgreiche Trades und Investments!

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