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Trading-Psychologie: Chartwatching

Es gab eine Zeit in meinem Leben, in der nichts anderes mehr eine Rolle spielte als die Börsenkurse. Ich war ständig in Gedanken beim Dax, beim Ölpreis und bei den Notierungen der Einzelwerte, und versuchte wo es nur geht, einen Blick auf die aktuellen Kurse zu erhaschen…

Ich merkte gar nicht, wie ich mich selbst dabei aufrieb, und wie ich immer abhängiger und verbissener wurde, und bekam auch gar nicht mit, dass das Leben links und rechts an mir vorbeilief. Musste ich mich auf etwas konzentrieren, dauerte es nur Sekunden, bis ich mit meinen Gedanken wieder bei der Börse gelandet war. Las ich die Zeitung, ertappte ich mich dabei, zuerst im Wirtschaftsteil die Kurse zu prüfen. Saß ich vor dem Internet, führte mich mein erster Weg auf die einschlägigen Finanzportale, um einen Kurscheck durchzuführen und schauten wir fern, verharrte ich, wenn ich im Besitz der Fernbedienung war, rein zufällig etwas länger auf der Seite von N-TV, um ja noch kurz am Ticker Laufband ein Auge auf den letzten Kurs des Dax zu werfen.

Es endete, wie es enden musste: mit einer Auseinandersetzung, als ich eines Abends ein Treffen mit Freunden verbockt hatte, weil ich mit meinen Gedanken ständig ganz wo anders war. Die gemeinsame Unterhaltung hatte ich nur Auszugsweise mitbekommen, und damit war die Stimmung dieses Treffens auf den Nullpunkt gesunken. So konnte es nicht weitergehen, das war mir klar, doch mein ständiger Trancezustand war noch gar nicht das ganze Problem an der Sache!

Unabhängig von der Tatsache, dass man mit so einem Verhalten für sein Umfeld nicht gerade ein beliebter Gesprächspartner ist, wenn man ständig andere Dinge im Kopf hat, merkte ich rasch, daß ich mir mit diesem Verhalten regelmäßig meine Trades verhaute. Dabei war nicht das Beobachten der Kurse das eigentliche Problem, sondern vielmehr die Tatsache, dass es nicht beim Zusehen blieb. Nicht einmal saß ich vor den wild umherschwankenden Kursen und dachte, angemessen reagieren zu müssen. Und nicht einmal kam es vor, dass mir bloß meine Ängste einen Streich spielten und ich sprichwörtlich davonlief, wo es besser gewesen wäre, stillzuhalten und nichts zu tun.

Ganz in die gleiche Richtung geht das ständige Beobachten des News Tickers. Interessiert man sich für die Märkte, ist es natürlich nicht verkehrt, sich auf dem Laufenden zu halten. Bedenken Sie jedoch, dass Ihnen dieses Wissen beim Trading nicht viel nützen wird. Vielmehr kann ich einige Tradingfehler verbuchen, weil ich dachte, auf eine Nachricht, die über den Ticker kam, reagieren zu müssen.

Ich erinnere mich noch genau an einen Fall, als der Markt eigentlich sehr gute amerikanische Arbeitsmarktdaten erwartet hatte, und ich zu diesem Zeitpunkt bei drei US Trades long positioniert war. Die Zahlen, die über den Ticker kamen, waren hingegen grottenschlecht. In einer Panikreaktion stellte ich sofort alle drei Trades glatt, doch der Spuk dauerte nur wenige Sekunden. Nach einem kurzen Einbruch begannen die Kurse wieder anzuziehen, und wenig später schoss der Markt förmlich in die Höhe. Wie das möglich ist?

Ich weiß es nicht, habe aber in einer Zusammenfassung des Marktgeschehens am nächsten Tag gelesen, dass die Marktteilnehmer nach dem ersten Schock deshalb wie verrückt Aktien gekauft hätten, weil man aufgrund der schlechten Daten nun mit einer verlängerten Tiefszinsphase rechnen durfte.

Ob diese Geschichte wahr ist oder ob es sich dabei nur um die Erfindung eines Journalisten handelt, werden wir nie erfahren. Ich denke, es ist eher ein Märchen, denn meist machen die Kurse die Nachrichten und nicht die Nachrichten die Kurse. Fakt ist: ein Trader reagiert ohnehin nicht auf den Inhalt einer Nachricht und versucht schon gar nicht, diese fundamental zu interpretieren. Ein Trader reagiert einzig und alleine auf das, was vor seinen Augen geschieht. Er beobachtet den Chart und handelt danach. Und ein Trader sucht auch nicht nach den Gründen, warum sich eine Notierung so oder anders verhalten hat. Hier sollte in Ihrem Trading ein gewisser Pragmatismus einziehen: wozu die Gründe recherchieren (was in den meisten Fällen ohnehin unmöglich ist) – der Trade ist mit einem bestimmten Resultat beendet. Aus – fertig!

Chartwatching (oder Newswatching) ist ein Suchtverhalten, und wie jedes Suchtverhalten stellt es uns vor große Probleme, wenn wir es uns abgewöhnen wollen. Mir half es, in dem ich mich dazu zwang, mich von den Kursen abzuwenden, was anfangs nur möglich war, in dem ich die Handelsplattform schloss und den PC herunterfuhr. Ich disziplinierte mich, und versuchte immer längere Auszeiten vom Beobachten zu nehmen, solange, bis eine gewisse Gelassenheit in meinem Trading Einzug hielt. Heute hätte ich als selbständiger Trader sogar die Zeit, den ganzen Tag vor dem Ticker zu sitzen doch nun bin ich an einem Punkt angelangt, dass mich so ein Verhalten langweilen würde.

Mir ist bewusst, dass es intuitive (Day) Trading Ansätze gibt, die ein ständiges Beobachten der Kurse erfordern. Dabei handelt es sich jedoch um eine Art des Tradings, die den weit fortgeschrittenen Tradern vorbehalten bleiben sollte. Und es gibt auch eine Tradingform, die man Newstrading nennt, aber auch hier geht es nicht darum, eine über den Ticker laufende Nachricht zu deuten sondern darum, anhand eines bestimmten Regelwerkes eine sekundenschnelle, emotionslose Entscheidung, die meist aus dem heraus Chart abgeleitet wird, zu treffen.

Letztlich werden Sie, davon bin ich deswegen überzeugt, weil ich es am eigenen Leib erlebt hatte, Ihre Performance steigern, wenn Sie es schaffen, sich von den ständig schwankenden Notierungen abzuwenden. Entwickeln Sie eine Strategie mit der dazupassenden Taktik, bei der es möglich ist, einen gewissen Abstand zum Geschehen an den Märkten zu erlangen, denn dadurch sehen Sie viele Dinge klarer. Machen Sie den berühmten Schritt weg vom Bild, und Sie werden Details erkenne, die Ihnen früher aufgrund der Nähe verborgen blieben.

Weitere Informationen finden Sie unter: www.tradingredaktion.at

Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten rund um den aktiven Börsenhandel finden Sie unter: www.tradingnetzwerk.de

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