Wirecard: BGH entscheidet gegen Aktionäre – 650 Millionen Euro Masse für 15,4 Milliarden Euro Forderungen

Der Bundesgerichtshof hat am 13. November 2025 eine folgenschwere Entscheidung im Wirecard-Skandal getroffen, die zehntausende Anleger endgültig um ihre Hoffnung auf Entschädigung bringt.

Die obersten Zivilrichter in Karlsruhe stellten unmissverständlich klar, dass Aktionäre im Insolvenzverfahren des ehemaligen DAX-Konzerns nachrangig behandelt werden — mit der praktischen Konsequenz, dass sie leer ausgehen werden.

Das Urteil besiegelt damit das bittere Ende einer der größten Finanzkatastrophen der deutschen Börsengeschichte.

 

Insolvenzmasse von 650 Millionen Euro steht Forderungen von 15,4 Milliarden Euro gegenüber

Die Dimensionen des finanziellen Desasters werden in den Zahlen erschreckend deutlich. Etwa 50.000 Wirecard-Aktionäre haben Schadenersatzforderungen in Höhe von rund 8,5 Milliarden Euro zur Insolvenztabelle angemeldet. Zusammen mit den Forderungen aller übrigen Gläubiger summiert sich die Gesamtforderung auf 15,4 Milliarden Euro.

Dem gegenüber steht eine Insolvenzmasse von lediglich 650 Millionen Euro — ein eklatantes Missverhältnis, das Gläubiger nur mit minimalen Auszahlungen rechnen lässt.

Der IX. Zivilsenat des BGH hob mit seinem Urteil (Az. IX ZR 127/24) eine vorangegangene Entscheidung des Oberlandesgerichts München auf, das im September 2024 zunächst die Rechte der Aktionäre gestärkt hatte.

In einem Zwischenurteil hatte das OLG entschieden, dass Aktionäre ihre Ansprüche auf Schadenersatz als einfache Insolvenzforderungen geltend machen können.

Diese vorübergehende Hoffnung zerschlug der BGH nun mit seiner höchstrichterlichen Klarstellung.

Vom TecDAX-Aufsteiger zum DAX-Mitglied: Die beispiellose Erfolgsgeschichte bis 2018

Die Geschichte der Wirecard AG beginnt 1999 in München als vermeintliche Erfolgsstory des deutschen Finanzplatzes. Nach einer Reihe strategischer Akquisitionen und Kooperationen gelang dem Zahlungsdienstleister 2006 die Aufnahme in den Technologieindex TecDAX — der Beginn eines kometenhaften Aufstiegs, der seinesgleichen in der jüngeren Börsengeschichte sucht.

Zwischen 2006 und 2018 legte die Wirecard-Aktie einen außergewöhnlichen Wertzuwachs von bis zu 2.800% hin. Von einem Kursniveau um vier Euro kletterte das Papier bis auf ein Allzeithoch von über 190 Euro.

Der Höhepunkt der „Unternehmenskarriere“ war im September 2018 erreicht, als Wirecard in den DAX aufgenommen wurde und damit die Commerzbank ersetzte — ein Vorgang, der von Experten als Paradigmenwechsel in der deutschen Finanzindustrie interpretiert wurde.

Erstmals verdrängte ein moderner Payment-Dienstleister eine der traditionsreichen deutschen Großbanken aus der ersten Börsenliga.

Das Geschäftsmodell schien vielversprechend:

Wirecard positionierte sich als internationaler Anbieter für elektronische Zahlungssysteme und Risikomanagement. Das Unternehmen unterstützte über 13.000 Firmen weltweit bei der Automatisierung von Zahlungsprozessen und präsentierte sich als unverzichtbarer Partner im wachsenden E-Commerce-Sektor.

Die Investorengemeinde honorierte diese Positionierung mit einem Vertrauensvorschuss, der sich in stetig steigenden Aktienkursen manifestierte.

 

 

Anleger, die Glück hatten, konnten hier vielleicht noch rechtzeitig aus der Aktie raus und sogar viel Gewinn mitnehmen, aber zum Schluss ging es nur noch südwärts und dann crashte die Aktie komplett Richtung Null. Anleger sollten den Wirecard-Fall auch als Warnung nehmen, sich zu sehr auf eine einzelne Aktie zu konzentrieren. Fälle wie Wirecard gab es auch vorher, zum Beispiel Enron in den USA. Man sollte also sein Portfolio immer ausreichend diversifizieren, damit einem solche Fehlschläge nicht das komplette Depot ruinieren können, auch wenn unter Umständen durch die Streuung mal das ein oder andere Prozentpunkt an Rendite verloren geht. Dafür ist die Sicherheit viel höher, gerade für langfristige Investoren ist dies sehr wichtig!

Anleger, die Glück hatten, konnten hier vielleicht noch rechtzeitig aus der Aktie raus und sogar viel Gewinn mitnehmen, aber zum Schluss ging es nur noch südwärts und dann crashte die Aktie komplett Richtung Null. Anleger sollten den Wirecard-Fall auch als Warnung nehmen, sich zu sehr auf eine einzelne Aktie zu konzentrieren. Fälle wie Wirecard gab es auch vorher, zum Beispiel Enron in den USA. Man sollte also sein Portfolio immer ausreichend diversifizieren, damit einem solche Fehlschläge nicht das komplette Depot ruinieren können, auch wenn unter Umständen durch die Streuung mal das ein oder andere Prozentpunkt an Rendite verloren geht. Dafür ist die Sicherheit viel höher, gerade für langfristige Investoren ist dies sehr wichtig!

 

 

Der Absturz: 1,9 Milliarden Euro, die es nie gab

Die Fassade begann zu bröckeln, als die Financial Times ab 2019 hartnäckige Recherchen zu vermeintlichen Unregelmäßigkeiten veröffentlichte. Im Juni 2020 musste Wirecard schließlich eingestehen, dass 1,9 Milliarden Euro, die angeblich auf Treuhandkonten in Asien lagen, mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht existierten.

Am 25. Juni 2020 folgte die Insolvenzanmeldung wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung — der dramatische Kollaps eines Unternehmens, das nur zwei Jahre zuvor noch als Vorzeigekonzern der deutschen Digitalwirtschaft gegolten hatte.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der systematische Betrug bereits ab 2015 stattfand.

Ermittlungen richteten sich gegen mehrere Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder.

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende Markus Braun wurde verhaftet, sein Stellvertreter Jan Marsalek setzte sich ins Ausland ab und ist bis heute auf der Flucht.

 

Juristische Begründung: Schadenersatzansprüche eng mit Aktionärsstellung verknüpft

Der BGH begründete seine Entscheidung mit der besonderen Rechtsstellung von Aktionären. Die Schadenersatzansprüche seien eng mit ihrer Eigenschaft als Anteilseigner verknüpft und daher nach der Insolvenzordnung erst nach den Forderungen einfacher Gläubiger zu berücksichtigen.

Kreditgebende Banken, ehemalige Angestellte und Lieferanten stehen demnach in der Gläubigerhierarchie über den Aktionären.

Ob die Aktionäre als nachrangige Insolvenzgläubiger oder sogar erst nach einer Schlussverteilung aus einem möglicherweise verbleibenden Überschuss zu bedienen sind, ließ der Senat dabei ausdrücklich offen.

In beiden Szenarien werden die Aktionäre jedoch aller Voraussicht nach keine Zahlungen erhalten, da die verfügbare Insolvenzmasse bei weitem nicht ausreicht, um selbst die vorrangigen Gläubigerforderungen vollständig zu befriedigen.

 

Union Investment als Musterkläger: Zehn Millionen Euro Forderung abgewiesen

Im konkreten Verfahren hatte die Vermögensverwaltung Union Investment rund zehn Millionen Euro Schadenersatz zur Wirecard-Insolvenztabelle angemeldet. Das Unternehmen warf dem Konzern vor, über Jahre hinweg ein nicht existierendes Geschäftsmodell vorgetäuscht und seine finanzielle Lage systematisch falsch dargestellt zu haben.

Hätten die Anleger die tatsächlichen Umstände gekannt, hätten sie die Aktien nicht erworben, argumentierte die Investmentgesellschaft.

Der Insolvenzverwalter Michael Jaffé bestritt die Forderungen unter Verweis auf die Nachrangigkeit der Aktionärsansprüche.

Diese seien nur zu berücksichtigen, falls am Ende Geld übrig bliebe — wonach es angesichts der Zahlen nicht aussieht.

Ein Sprecher von Union Investment kommentierte die BGH-Entscheidung mit Bedauern:

 

„Es ist schade, dass der BGH nicht im Sinne der Aktionäre entschieden hat. Denn Aktionäre tragen zwar grundsätzlich das Geschäftsrisiko des Unternehmens, im Fall Wirecard waren aber auch sie Opfer eines Betruges.“

 

 

Kritische Stimmen: Vertrauen in den Kapitalmarkt leidet

Die Entscheidung wirft grundsätzliche Fragen zur Gleichbehandlung von Geschädigten im Insolvenzfall auf. Zwar tragen Aktionäre als Eigenkapitalgeber im Regelfall das unternehmerische Risiko und stehen in der Insolvenz traditionell an letzter Stelle.

Im Wirecard-Fall waren die Anteilseigner jedoch durch vorsätzliche Täuschung zu ihren Investitionen verleitet worden — ein Umstand, der sie nach Ansicht vieler Rechtsexperten zu Opfern macht, nicht zu gewöhnlichen Geschäftsrisiko-Trägern.

Union Investment konstatierte, die Entscheidung stärke nicht gerade das Vertrauen in den Kapitalmarkt.

Immerhin schaffe das Urteil nun Rechtssicherheit und kläre den Umgang mit ähnlich gelagerten Fällen für die Zukunft.

 

Alternative Klagewege: Hoffnung auf EY und ehemalige Vorstände

Tatsächlich verfolgen viele geschädigte Anleger parallel Schadensersatzansprüche gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY), die über Jahre die fehlerhaften Wirecard-Bilanzen testiert hatte.

Auch gegen ehemalige Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder laufen zivilrechtliche Verfahren. Der Ausgang dieser Prozesse ist noch offen, und die Erfolgsaussichten werden von Rechtsexperten unterschiedlich bewertet.

Das Strafverfahren gegen den früheren Wirecard-Chef Markus Braun ist weiterhin anhängig.

Sollte es zu einer Verurteilung kommen, könnten theoretisch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden — allerdings dürfte fraglich sein, ob Braun über ausreichendes Privatvermögen verfügt, um die immensen Schäden auch nur ansatzweise zu kompensieren.

 

Fazit: Präzedenzfall mit weitreichenden Folgen

Das BGH-Urteil schafft zwar Rechtssicherheit für künftige Insolvenzen börsennotierter Unternehmen, hinterlässt aber einen bitteren Nachgeschmack für die Wirecard-Geschädigten. Die höchstrichterliche Entscheidung bestätigt die strikte Hierarchie der Insolvenzordnung und macht deutlich, dass Aktionäre selbst dann, wenn sie durch kriminelles Handeln des Managements zu Schaden kamen, nicht mit einfachen Gläubigern gleichgesetzt werden können.

Für die mehr als 50.000 betroffenen Anleger bedeutet dies das faktische Ende ihrer Hoffnung auf eine Entschädigung aus der Insolvenzmasse.

Die Wirecard-Pleite steht damit nicht nur als Symbol für eines der größten Wirtschaftsverbrechen in der deutschen Geschichte, sondern auch als Lehrstück über die Grenzen des Anlegerschutzes im deutschen Insolvenzrecht.

Ob die parallel laufenden Verfahren gegen Wirtschaftsprüfer und ehemalige Organmitglieder den Geschädigten zu einer Kompensation verhelfen können, bleibt abzuwarten — die Erwartungen sollten jedoch realistisch bleiben.

 

 

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