Aktiv in Schwellenländer investieren: Wo Experten aktuell Chancen und Risiken sehen

Die Dynamik in den Schwellenländern bleibt hoch. Besonders in China und Lateinamerika haben Kursrückgänge und strukturelle Veränderungen in den letzten Jahren attraktive Anlagegelegenheiten geschaffen. Gleichzeitig bleibt das Umfeld geprägt von geopolitischen Spannungen und handelspolitischen Risiken. James Donald, Portfoliomanager/Analyst und Leiter der Emerging Markets-Plattform von Lazard Asset Management, bietet eine Einordnung zu aktuellen Chancen und Risiken in den Emerging Markets.

 

China und Lateinamerika: Günstige Bewertungen schaffen Einstiegsgelegenheiten

In Bezug auf China hätten viele Anleger vor allem die Schwäche der letzten vier oder fünf Jahren im Blick – sowohl bei den Märkten als auch in der Realwirtschaft. Donald hält jedoch dagegen: „Für uns bleibt China ein hochinteressanter Markt.“

In den letzten zwei bis drei Jahren seien die Aktien zahlreicher chinesischer Unternehmen aufgrund geopolitischer Risiken deutlich im Preis gefallen, woraus sich außergewöhnliche Anlagechancen ergeben hätten.

„Aktien, die zuvor dauerhaft hohe Bewertungen aufwiesen, beispielsweise von Qualitätsunternehmen wie Want Want, erreichten Niveaus, die es uns erstmals ermöglichten, sie zu attraktiven Preisen ins Portfolio aufzunehmen“, sagt Donald. „Auch große Internetwerte wie Alibaba und Tencent, die vor einigen Jahren mit extrem hohen Multiplikatoren gehandelt wurden, waren zuletzt deutlich günstiger bewertet, wobei sie in diesem Jahr bereits wieder stark zugelegt haben.“

Ebenso im Pharmasektor. Dort seien Unternehmen aufgrund staatlicher Preisregulierungen unter Druck geraten – was Anlagechancen eröffnet habe.

Abseits Chinas sei Lateinamerika interessant: „Brasilien ist trotz hoher Leitzinsen und herausfordernder Rahmenbedingungen ein Markt, in dem sich gut geführte Unternehmen finden lassen, die auf globaler Basis wettbewerbsfähig sind und eine hohe Profitabilität aufweisen“, erklärt Donald. „Zu unseren jüngsten Investments zählen Unternehmen im Gesundheitssektor wie Rede D’Or sowie Unternehmen der Zellstoff- und Papierindustrie.“

 

Risiken: Geopolitische Spannungen und protektionistische Handelspolitik

Bestimmte Risiken bestünden jedoch weiterhin. „Viele dieser Risiken gelten für die Welt insgesamt, aber sie treffen die Schwellenländer stärker“, sagt Donald. Ganz oben stünden geopolitische Spannungen, insbesondere das Verhältnis zwischen China und Taiwan.

„Eine militärische Eskalation dieses Konflikts hätte gravierende Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und insbesondere auf die Schwellenländer, unter denen China ein Schwergewicht darstellt“, erläutert der Experte. Die wirtschaftlichen Folgen möglicher Sanktionen und der ohnehin fragile Zustand der chinesischen Wirtschaft würden jedoch das Risiko einer Eskalation begrenzen. „Die chinesische Wirtschaft kann aktuell keinen zusätzlichen Druck verkraften“, so Donald.

Ein weiteres global bedeutsames Risiko seien die US-Zölle, die in vielen Schwellenländern zu Unsicherheit geführt hätten – darunter China, Mexiko, Indien, Brasilien und Südafrika.

„Auch wenn vereinzelt Verhandlungsfortschritte erzielt wurden, bleibt die Entwicklung der Handelsbeziehungen ein zentraler Risikofaktor“, betont Donald. „Die neuen Zölle dürften zu einer Abschwächung des weltweiten Wachstums und zu höherer Inflation führen – ein herausfordernder Mix, insbesondere für Schwellenländer.“

 

Übergewicht in Brasilien und Mexiko

Wie stellt sich der Experte im aktuellen Umfeld auf? „Das größte Übergewicht im Portfolio im Vergleich zum MSCI Emerging Markets Index liegt derzeit bei Mexiko und Brasilien“, erklärt Donald. „Dabei setzen wir in Mexiko bewusst auf Unternehmen, von denen wir glauben, dass sie recht gut vor höheren Zöllen geschützt sind. In Brasilien wiederum sehen wir weiterhin zahlreiche attraktiv bewertete Aktien.“

Auch Südafrika beobachtet Donald genau: Das Land durchlaufe derzeit einen politischen Wandel und die aktuelle Regierungskoalition könne den Weg für höhere Wachstumsraten und eine Wiederbelebung der Investitionstätigkeit ebnen.

In China habe Donald hingegen im Jahresverlauf Positionen reduziert, da steigende Kurse das Aufwärtspotenzial begrenzen würden. Auch in Taiwan seien die Gewichtungen zurückgegangen. „Taiwan ist vermutlich das wichtigste KI-bezogene Investmentzentrum in den Schwellenländern. Doch ein großer Teil der KI-Euphorie ist aus unserer Sicht bereits eingepreist“, argumentiert der Portfoliomanager.

 

Südkoreas demografischer Wandel als langfristiger Investmentfaktor

Südkorea sei zwar ebenfalls der Sitz wichtiger Technologieunternehmen. Das Land befinde sich jedoch derzeit aufgrund seiner schnellen demografischen Überalterung in einer schwierigen Phase: „Die Regierung ist ernsthaft besorgt darüber, ob das Land seine Wirtschaft stabil halten kann, wenn eine kleine Bevölkerung viele ältere, relativ wohlhabende Rentner versorgen muss“, sagt Donald.

„Eine Möglichkeit, diese wirtschaftliche Stabilität zu erreichen, ist, höhere Renditen aus koreanischen Aktien zu erzielen. Erste Anzeichen dafür zeigen sich bereits bei einigen Banken, die bereits sehr viel vorsichtiger mit ihrem Kapital umgehen und dadurch eine höhere Eigenkapitalrendite erzielen.“ Dieser Trend könne sich künftig auf weitere Branchen ausweiten.

 

Sektorstrategie: Chancen bei Konsumgütern und Finanzwerten – Vorsicht bei Technologie

Branchenseitig hält Donald insbesondere zwei Segmente für attraktiv: Basiskonsumgüter und Finanzwerte. Erstere seien nach deutlichen Kursrückgängen in den vergangenen Jahren wesentlich günstiger bewertet und würden stabile Ertragslagen aufweisen.

Finanzwerte wiederum seien bereits seit mehreren Jahren günstig. Solide Bilanzen, stabile Profitabilität und weitgehend intakte Kreditportfolios dieser Unternehmen stünden einem anhaltend schwachen Kreditwachstum gegenüber – der Hauptgrund für die verhaltenen Bewertungen. „Sollten Schwellenländer in eine Phase des Kreditwachstums eintreten, sehen wir deutliches Potenzial für Neubewertungen bei Finanztiteln“, sagt der Experte.

Im Technologiesektor bleibt Donald hingegen vorsichtig: „Der Markt hat die Erwartungen an KI-Anwendungen in diesem Jahr sehr enthusiastisch eingepreist, sodass wir dort aktuell untergewichtet sind.“

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