Geldanlage: Analyse zu Konjunktur, Märkten und Anlageklassen im Herbst 2024
DWS Investments: Der Monat August war nichts für Anleger mit schwachen Nerven.
In Japan sackten die Aktienkurse an einem Tag um zwölf Prozent ab, der US-Aktienmarktvolatilitätsindex Vix verdreifachte sich und erreichte den höchsten Stand seit Ausbruch der Covid-Pandemie.
Auch am Zinsmarkt war die Nervosität mit Händen greifbar.
Für das Treffen der US-Notenbanker im September wurden kurzzeitig zwei Zinsschritte à 0,25 Prozentpunkte eingepreist.
Dennoch fällt die Monatsbilanz für den August versöhnlich aus.
Der globale Aktienmarktindex MSCI World schaffte es sogar noch ins Plus mit einer Gesamtrendite von 2,7 Prozent.
Also einfach zur Tagesordnung übergehen?
Nein, sagt der globale Chefanlagestratege Björn Jesch: „Die derzeitigen Marktbewertungen lassen offensichtlich wenig Raum für Enttäuschungen.“
Mit Blick auf die großen US-Technologietitel – die Glorreichen Sieben – zeige sich zudem, dass man bei ihnen in solchen Marktphasen besonders gute Nerven benötige.
Wie geht es weiter an den Märkten?
So habe das US-Börsenbarometer S&P 500 trotz einer recht guten Berichtssaison sein Hoch von Mitte Juli noch nicht wieder erreicht.
Das Bild bleibe in den nächsten Wochen wohl uneinheitlich.
„Einerseits könnte eine Zinssenkung der US-Notenbank auf ihrer Sitzung im September für Impulse sorgen. Andererseits könnte aber auch die Unklarheit bezüglich des Ausgangs der US-Präsidentschaftswahl im November für weitere Nervosität an den Märkten sorgen“, sagt Jesch.
Dazu passten die unsicheren Aussichten für die US-Wirtschaft. Die jüngsten Daten ließen keine klare Richtung erkennen.
Die Abschwächung, auf die viele Frühindikatoren schon seit geraumer Zeit hinwiesen, habe sich in den Wachstumszahlen noch nicht niedergeschlagen.
Für das zweite Quartal wurde das Wachstum sogar von 2,8 auf 3,0 Prozent (annualisiert) nach oben revidiert.
Konjunktur: gemischtes Bild, wohl keine Rezession in den USA
- Das Jobwachstum hat sich in den USA verlangsamt, was der Zentralbank den Weg für Zinssenkungen erleichtern dürfte. Wir rechnen damit, dass eine Rezession vermieden werden dürfte.
- In Deutschland ist die Wirtschaft im zweiten Quartal um 0,1 Prozent geschrumpft, unter anderem, weil der private Konsum und die Ausrüstungsinvestitionen schwächelten. Kurzfristig zeichnet sich keine schnelle Besserung ab.
- Positive Konjunkturdaten gab es zuletzt aus Japan. Die Einkaufsmanagerindizes stiegen den siebten Monat in Folge.
Inflation: Preisanstieg bremst sich weiter leicht ab
- Der Inflationsdruck hat in den USA zumindest nicht zugenommen. Die Kernrate der privaten Konsumausgaben lag im Juli unverändert bei 2,5 Prozent.
- In der Eurozone verlangsamte sich der Preisanstieg im August auf 2,2 Prozent (Juli: 2,6 Prozent). In Deutschland lag die Inflationsrate im August erstmals seit März 2021 unter der angestrebten Zwei-Prozent-Marke. Die Lebenshaltungskosten stiegen vor allem dank rückläufiger Energiekosten nur um 1,9 Prozent (Juli: 2,3 Prozent).
Notenbanken: Zinssenkungen in den USA sehr wahrscheinlich
- US-Zentralbankchef Jerome Powell hat der Tagung der Notenbanker in Jackson Hole klargemacht, dass die Zeit gekommen sei, die Zinspolitik anzupassen, soll heißen, die Zinsen zu senken. Das Timing und die Geschwindigkeit machte er, wie gewohnt, von der Entwicklung der Datenlage abhängig.
- Für die Eurozone erwarten wir bis zum Jahresende zwei Zinssenkungen à 0,25 Prozentpunkte.
Risiken: Geopolitische Schocks
- Die geopolitische Lage – Stichwort Naher Osten und der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine – bleibt äußerst angespannt. Weitere Eskalationen könnten den Welthandel negativ beeinflussen
- Die wirtschaftliche Entwicklung in Europa könnte durch einen schleppenden Anstieg des privaten Konsums und eine schwache globale Nachfrage beeinträchtigt werden.
Japanische Aktien: Aussichtsreich trotz der jüngsten Turbulenzen
Lilian Haag, Fondsmanagerin und Spezialistin für japanische Aktien
Nach einem äußerst erfolgreichen Aktienjahr 2023 – das Jahresplus lag bei 29,3 Prozent für den MSCI Japan – verliefen auch die ersten sieben Monate des laufenden Aktienjahres vielversprechend.
Bis am 5. August die Kurse so stark absackten wie seit 1987 nicht mehr.
Die Ursachen waren schnell ausgemacht: Eine Zinserhöhung der japanischen Notenbank und die kurzfristige Auflösung sogenannter Carry-Trade-Positionen – Zinsdifferenzgeschäfte, bei denen Anleger sich das niedrige japanische Zinsniveau zu Nutze machen und sich Yen ausleihen, um das Geld in höherverzinsliche Währungen, beispielsweise den US-Dollar, anzulegen.
Am Ende der eher kurzfristigen Transaktionen werden die Dollar in Yen zurückgetauscht und das Darlehen zurückgezahlt.
„Die Verwerfungen an den Märkten entstanden, weil an der Börse nach schwächer als erwartet ausgefallenen US-Arbeitsmarktdaten das Thema höherer US-Zinssenkungen gespielt wurde. Ein abrupt stärkerer Yen und ein möglicherweise schrumpfender Renditevorteil in den USA hatten zu hohen Auflösungen von Positionen geführt und die Kurse auf Talfahrt geschickt“, sagt Lilian Haag, Fondsmanagerin und Spezialistin für japanische Aktien.
Die Kurse drehten allerdings kurz darauf wieder nach oben. Inzwischen ist der japanische Aktienmarkt nur noch wenige Prozentpunkte von seinem Jahreshoch entfernt.
War es das, oder sind weitere Turbulenzen wahrscheinlich?
Haag ist weiterhin positiv gestimmt und nennt drei Gründe.
Erstens: Auch wenn der Yen gegenüber dem Dollar etwas stärker geworden sei, sei der derzeitige Wechselkurs immer noch vorteilhaft für japanische Exporte.
Zweitens: Die Gewinne japanischer Unternehmen dürften in den nächsten zwölf Monaten um gut acht Prozent steigen.
Eine etwas nachlassende Dynamik bei den exportorientierten Unternehmen stehe dabei eine erwartete bessere Entwicklung bei den binnenorientierten Unternehmen gegenüber.
Deren Gewinne dürften – gestützt durch eine nur leichte Inflation, bessere Gehälter, steigende Preise und eine Zunahme der Tourismus-Umsätze – zulegen.
Drittens sehe die Bewertung japanischer Unternehmen nach wie vor attraktiv aus.
Japan im Vergleich zum US-Markt günstig
„Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 ist der Markt zumindest nicht sehr teuer, im Vergleich zum US-Markt sogar günstig“, so Haag.
Aussichtsreiche Unternehmen mit Perspektiven auf ein gutes langfristiges Gewinnwachstum gebe es in mehreren Bereichen: Industrieautomation, Halbleiterausrüstung, Hard- und Software im Spiele-Bereich, IT-Dienstleistung, Medizintechnik und im Einzelhandel.
Und wie sieht es mit den Carry-Trades aus? Droht hier neues Ungemach?
Die derzeitige Zinsdifferenz von 3,6 Prozentpunkten sei immer noch attraktiv und werde wohl wieder zum Aufbau von Positionen führen, meint Haag.
Empfindlich würde der Markt aber wahrscheinlich reagieren, falls die US-Notenbank die Zinsen um einen Prozentpunkt senken und der Zinsaufschlag nur noch 2,6 Prozentpunkte betragen sollte.
Denn dann gebe es eventuell attraktivere Anlagen.
Anleihen: Europäische Unternehmensanleihen mit guter Qualität favorisiert
Thomas Höfer, Fondsmanager
Sinkende Zinsen sollten die Kurse unterstützen und eröffnen Chancen auf ordentliche Gesamtrenditen.
Aus dem breiten Spektrum von Staats- und Unternehmensanleihen gehören derzeit Euro-Unternehmensanleihen guter Bonität (Investment Grade) zu unseren Favoriten.
Zwar sind die Schockwellen an den Finanzmärkten, ausgelöst von der Unsicherheit der politischen Situation in Frankreich nach der Auflösung des Parlaments und den Turbulenzen Anfang August in Japan, auch an dieser Anlageklasse nicht spurlos vorbeigegangen.
„Die Zinsaufschläge gegenüber Staatsanleihen sind kurzfristig gestiegen. Doch die Situation hat sich schnell wieder beruhigt. Insgesamt sind die Zinsaufschläge dieses Jahr deutlich zurückgegangen“, sagt Fondsmanager Thomas Höfer.
Die Märkte hätten diese Schocks schnell abgeschüttelt und sich auf die guten Fundamentaldaten konzentriert.
Die Anlageklasse sei bei Anlegern nach wie vor äußerst beliebt, was sich in den hohen Zuflüssen zeige; das hohe Volumen an Neuemissionen werde vom Markt sehr gut aufgenommen.
Die Bilanzqualität der Unternehmen sei insgesamt gut, die Verschuldung liege in den meisten Branchen auf einem niedrigen Niveau.
Das begrenze die Ausfallrisiken.
„Wir halten derzeit das Risiko für gering, dass sich die Ratings der Unternehmen deutlich verschlechtern“, so Höfer, der Anleihen von europäischen Banken denen von Unternehmen aus zyklischen Industriesektoren vorzieht.
Mit Renditen von derzeit 3,5 Prozent sei die Anlageklasse insgesamt attraktiv.
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