Joe Biden: Der Sechs-Billionen-Dollar-Mann

Helaba: Und noch ein Zwei-Billionen-Dollar-Plan! Nach den ähnlich bemessenen Stimulus- und Infrastrukturprogrammen stellte Präsident Biden Ende April seinen „American Family Plan“ vor.

Er sieht eine zusätzliche spürbare Ausweitung der Staatsaktivität vor, insbesondere auf dem Gebiet der Bildungs- und Sozialpolitik. Verbunden sind diese Vorschläge mit umfangreichen Steuererhöhungen für „die Reichen“.

„Investitionen“, wohin man auch schaut

Bidens Plan sieht über zehn Jahre Mehrausgaben in Höhe von über einer Billion Dollar und Steuerentlastungen von rund 800 Mrd. Dollar vor. Mit Letzteren werden hauptsächlich heute schon temporär bestehende Regeln dauerhaft festgeschrieben. Die unteren Einkommensgruppen sollen entlastet und das US-Äquivalent des deutschen Kinderfreibetrags erhöht werden.

Auf der Ausgabenseite fordert Biden ein buntes Potpourri. Insgesamt zielen die Maßnahmen auf eine spürbare Ausweitung des Sozialstaats ab und stellen Milliardensummen für diverse „benachteiligte Gruppen“ zur Verfügung.

In den „fact sheets“ des Weißen Hauses sind auch hier alle Ausgaben, einschließlich der umfangreichen Sozialtransfers, wie schon in Bidens „Infrastruktur“paket grundsätzlich „Investitionen“, egal wie eindeutig ihr Charakter als Staatskonsum ist.

Die Details sind teilweise etwas vage, was eine Beurteilung der Pläne erschwert. Die klare Botschaft ist aber, dass neben finanziellen Hilfen für Minderheiten und sozial Schwache insbesondere die staatlich finanzierte Kinderbetreuung massiv ausgebaut werden soll.

US-Arbeitnehmer sollen zudem künftig, wie in Europa üblich, einen Anspruch auf Eltern- und/oder Pflegezeit bekommen und dafür staatliche Unterstützung erhalten.

Hier fehlt nur noch eine „Bildungsoffensive“ im europäischen Stil. Dies liegt aber daran, dass in den USA der Bund eigentlich keine Zuständigkeit für die Bildung und vor allem für die Schulen hat, die auf kommunaler Ebene organisiert sind.

An diese grundlegende Aufgabentrennung traut sich auch Joe Biden nicht heran.

 

Die öffentliche Diskussion um dieses Maßnahmenpaket hat bislang weniger auf die Ausgaben-, sondern mehr auf die Einnahmenseite fokussiert. Während Biden sein Infrastrukturpaket zumindest teilweise mit höheren Unternehmenssteuern gegenfinanzieren will, sind jetzt die privaten Haushalte dran.

Hier ist zwar von „Steuerreform“ die Rede, Vereinfachung und Effizienz spielen aber bei den Vorschlägen keine Rolle. Es geht hier klar darum, hohe Einkommen (noch) stärker zu besteuern.

Hier soll einmal der Spitzensatz der Einkommensteuer (aktuell 37 %) wieder auf sein Niveau vor Trumps Steuersenkung erhöht werden (39,6 %). Die Besteuerung von vererbtem Vermögen soll massiv erhöht werden.

Am kontroversesten ist die Verdopplung des Steuersatzes für Kapitalerträge für Haushalte mit Einkommen über 1 Mio. US-Dollar pro Jahr von 20 % auf den neuen regulären Spitzensteuersatz von fast 40 %.

Zusammen mit Aufschlägen für die Finanzierung von „Obama-Care“ und den Einkommensteuern der Einzelstaaten würden Kapitalerträge dann im Schnitt mit fast 50 % und in manchen Staaten noch deutlich höher besteuert.

Die Frage nach der optimalen Besteuerung von Kapitalerträgen sprengt den Rahmen dieser Analyse. Hier gehen die Positionen über die einnahmenmaximierende Strategie ebenso weit  auseinander wie zu der Frage, wie hoch die Schäden für die Kapitalbildung bzw. die gesamtwirtschaftlichen Kosten der (legalen) Steuervermeidung letztlich sind.

Der aktuelle Spitzensatz von 20 % ist im internationalen Vergleich niedrig – in den EU-Staaten variiert er meist zwischen rund 20 % und 30 %. Gemessen an der Historie in den USA seit dem Zweiten Weltkrieg ist er aber eher durchschnittlich.

Angesichts der Tatsache, dass hier zum Teil ein Inflationsausgleich versteuert wird, wären jedenfalls fast 50 % zu hoch und wohl auch mit potenziellen negativen Effekten auf den Wachstumstrend verbunden.

 

 

Hauptziel: „Soak the rich!“

Dieses Paket ist aber nicht ökonomisch optimiert, sondern es soll in erster Linie die „Progressiven“ in der Demokratischen Partei abholen und auf eine „gerechtere“ Besteuerung hinwirken. Kollateralschäden an der Wirtschaft nimmt man offenbar in Kauf, so lange nur „die Reichen“ endlich mal zur Kasse gebeten werden.

Angesichts der typischerweise ausgeprägten Widerstände gegen höhere Steuern ist es allerdings wahrscheinlich, dass dieser Teil des Pakets bestenfalls verwässert umgesetzt wird.

Peinlich ist zudem, dass Biden „Mehreinnahmen durch Maßnahmen zur Verbesserung der Steuerehrlichkeit“ in Höhe von 700 Mrd. Dollar einplant. Diesen Posten kennt man sonst in ähnlich relevanter Größenordnung vor allem als Standardposten aus übertrieben optimistischen italienischen oder griechischen Haushaltsentwürfen.

Die Folge: Auch dieses Maßnahmenpaket wird nicht voll gegenfinanziert sein und den bereits gewaltigen staatlichen Schuldenberg noch erhöhen.

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