Börse Stuttgart: Optionsscheine – Auf die Markterwartung kommt es an
Anleger sollten die grundsätzliche Funktionsweise der Papiere verstehen – und sich die richtigen Fragen stellen.
Theta, Vega, Omega – beim Thema Optionsscheine ist häufig von den sogenannten "Griechen" die Rede. Diese Kennzahlen für Zeitwertverlust, implizite Volatilität und Hebel sind hilfreich und sinnvoll – bilden aber eher die Kür als die Pflicht bei einer Anlageentscheidung in Optionsscheinen.
"Anleger wenden sich kontinuierlich mit Fragen zu Optionsscheinen an unsere Kundenhotline. Dabei erleben wir häufig, dass die komplexen Kennzahlen eher verwirrend als hilfreich sind", berichtet Richard Dittrich, Leiter der Kundenbetreuung an der Börse Stuttgart. Der Experte rät: "Wer als Einsteiger in Optionsscheine investieren möchte, sollte sich zunächst eine einfache Frage stellen: Wo steht der Kurs des für mich interessanten Basiswerts – Index, Aktie oder Rohstoff – zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft?" Die Antwort gibt die eigene Marktmeinung wieder, für die sich ein passender Optionsschein auswählen lässt. Dabei sollte der betrachtete Zeitpunkt dem Laufzeitende des Papiers entsprechen.
Dann ist zunächst das Grundprinzip hinter Optionsscheinen zu beachten: Der Anleger erwirbt das Recht- nicht aber die Pflicht -, den Basiswert zu einem festgelegten Basispreis zu kaufen (Call-Optionsschein) oder zu verkaufen (Put-Optionsschein). Grundsätzlich geht der Anleger bei Call-Scheinen von steigenden Kursen und bei Put-Scheinen von fallenden Kursen des Basiswerts aus.
Der innere Wert zählt
Anlegern, die nicht über umfassende Kenntnisse verfügen, empfiehlt Dittrich, sich im nächsten Schritt an einer relativ einfach zu berechnenden Größe zu orientieren: dem inneren Wert des Optionsscheins am Laufzeitende. Ein Beispiel: Ein Anleger geht zum 21. Dezember 2012 von einem DAX-Stand von über 7.500 Punkten aus. Er erwirbt einen zu dieser Marktmeinung passenden Call-Optionsschein auf den DAX – mit einem Basispreis von 7.500 Punkten, einer Laufzeit bis 21. Dezember 2012 und einem Bezugsverhältnis ist 100:1. Es sind also 100 Optionsscheine nötig, um den kompletten Index abzubilden
Der Optionsschein kostet am 26. September 2012 bei einem DAX-Stand von 7290 Punkten 1,70 Euro. Der innere Wert des Optionsscheins errechnet sich aus der Differenz aus Basiswert und Basispreis multipliziert mit dem Bezugsverhältnis. "In diesem Beispiel hat der Optionsschein einen inneren Wert, wenn der DAX den Basispreis von 7500 Punkten überschreitet. Der Schein ist dann im Geld", so Dittrich. "Der Käufer zahlt also 1,70 Euro für die Chance, dass der Schein bis zum Laufzeitende einen inneren Wert aufbaut."
Angenommen der DAX steht bei Fälligkeit des Optionsscheins auf 8.000 Punkten, sieht die Rechnung wie folgt aus: (8.000 – 7.500) x 0,01 = 5,00 Euro. Das heißt, der Schein ist am Laufzeitende 5 Euro wert. Zieht man noch den Kaufpreis von 1,70 Euro ab, so ergibt sich für den Anleger ein Gewinn von 3,30 Euro. "Unerfahrenen Anlegern ist häufig nicht klar, dass wegen des eingesetzten Kapitals der DAX nicht nur über 7.500, sondern zumindest bis über 7.670 Punkte steigen muss, um einen Gewinn zu erzielen" erläutert Dittrich.
Erfüllt sich die Markterwartung des Anlegers hingegen nicht, kommt es zu überproportionalen Verlusten. Notiert der DAX zum Laufzeitende des Optionsscheins aus dem Beispiel auf oder unter dem Basispreis von 7.500 Punkten, verfällt der Schein wertlos und der Anleger erleidet einen Totalverlust des investierten Kapitals von 1,70 Euro je Optionsschein. Liegt der DAX bei 7600 Punkten, erhält der Anleger einen Euro, und sein Verlust beträgt lediglich 70 Cent.
Günstig ist nicht automatisch gut
Steigende Kurse allein sind bei Call-Papieren also noch keine Garantie für Gewinne. Das gleiche gilt für fallende Kurse bei Put-Scheinen. "Wichtig beim Kauf ist der Abstand des Basispreises zum aktuellen Kurs des Basiswertes", so Dittrich. Dabei gilt die Regel: Je unwahrscheinlicher es ist, dass der Optionsschein zum Ende der Laufzeit einen inneren Wert hat, desto günstiger wird der Schein angeboten. Zum Beispiel ist ein Call-Optionsschein auf den DAX mit einem Basispreis von 9.000 Punkten, der bis zum 21. Dezember 2012 läuft, mit einem Kaufpreis von 0,02 Euro um einiges günstiger als ein Call-Optionsschein mit einem Basispreis von 7.500 Punkten bei gleicher Laufzeit.
"Steigt beispielsweise der aktuelle DAX-Kurs um 50 Punkte, so wird sich der Kurs des Call-Optionsscheins mit dem Basispreis von 9.000 Punkten kaum nach oben bewegen", erklärt Dittrich. Gegen Ende der Laufzeit kann der Kurs dieses Optionsscheins bei einem DAX-Plus von 50 Punkten sogar sinken. Denn je kürzer die Restlaufzeit, desto geringer die Chance, dass der DAX noch über 9.000 Punkte steigt – und das Papier so noch einen inneren Wert aufbaut.
Die Beispiele zeigen: Optionsscheine richten sich in erster Linie an risikobereite Anleger, die durch den Hebeleffekt überproportional an der Entwicklung des Basiswerts teilhaben wollen. Da dieser Hebeleffekt in beide Richtungen wirkt, sind hohe Gewinne, aber auch hohe Verluste möglich.
Themen im Artikel
Infos über Börse Stuttgart
Im Jahr 1861 gegründet und mitten in Stuttgart gelegen, trägt die Börse Stuttgart maßgeblich zur Entwicklung des Finanzstandortes Baden-Württemberg bei. Gemessen am Ordervolumen ist die Börse Stuttgart der zweitgrößte Handelsplatz im deutschen Parketthandel. Mit der European Warrant Exchange, ...