Israel und Iran oder das Spiel mit dem Feuer

Helaba: Am 7. Oktober 2024 jährte sich der Überfall der Hamas auf Israel. Hoffnungen auf eine Waffenruhe scheinen verflogen.

Vielmehr halten viele Beobachter eine direkte Eskalation zwischen Israel und dem Iran für immer wahrscheinlicher.

Jüngst haben die Führer der G7 Israel und den Iran aufgerufen, eine unkontrollierbare Eskalation im Mittleren Osten zu vermeiden, die in niemandes Interesse ist.

Warum scheint auch dieser Appell zu verhallen?

 

Trotz schwerer Verluste bleibt die Hamas aktiv, während Iran-Israel-Spannungen eskalieren

Ein Jahr nach Kriegsbeginn befinden sich noch immer 97 der ursprünglich von der Hamas entführten 251 Geiseln in den Händen der Hamas.

Dies ist ein Indiz, dass die israelische Militäraktion in Gaza der Hamas zwar schwere Verluste zugefügt hat, sie aber nicht endgültig zerschlagen konnte.

Dabei sieht sich Israel nicht nur in der Auseinandersetzung mit der Hamas, sondern auch mit den ebenfalls vom Iran unterstützten Houthis im Westen des Jemen und der Hisbollah im Süden des Libanon, der sogenannten „Achse des Widerstandes“.

Obwohl der Iran die „Achse des Widerstandes“ unterstützt, konnte er sich lange der direkten militärischen Konfrontation mit Israel entziehen.

Die erfolgreichen israelischen Anschläge gegen einen Führer der Hamas im Juli 2024 in Teheran und die Tötung des Führers der Hisbollah im September im Libanon haben den Iran jedoch von der Seitenlinie auf das Spielfeld gebracht, vor allem seit gezielte Explosionen in Pagern und Walkie-Talkies die politische und militärische Führungsriege der Hisbollah geschwächt haben.

Der direkte Raketenbeschuss aus dem Iran auf Israel am Abend des 1. Oktober scheint eine Eskalationsspirale auszulösen.

Sie wird trotz der iranischen Beteuerung, dass mit diesem Schlag alle offenen Rechnungen beglichen sind, von der israelischen Armee nicht unbeantwortet bleiben.

 

Israel könnte iranische Ölanlagen angreifen und Irans regionale Einflüsse schwächen

Aktuell wird spekuliert, ob das israelische Militär gegen die iranische Ölinfrastruktur vorgeht oder die Anlagen zur Entwicklung atomarer Waffen im Zentraliran ins Visier nimmt.

Aufgrund der technologischen Überlegenheit der IDF (Israel Defense Forces) vor allem im Bereich der Luftwaffe dürfte der Iran einen Vergeltungsschlag nur schwer abwehren können, vor allem wenn Israel vor und während eines Angriffs gezielt die iranische militärische Kommunikation stört.

Israel könnte darauf spekulieren, dass Risse in der iranischen Führung während einer weiteren Eskalation auftreten.

Das lange iranische Zögern vor dem Raketenangriff auf Israel lässt auf unterschiedliche Auffassungen zwischen den radikalen und gemäßigteren Stimmen in der Regierung und den Sicherheitskräften schließen.

Sollte sich diese vermeintliche Schwäche bestätigen, könnte dies weitere Unruhe in den Reihen der „Achse des Widerstands“ schüren.

Aber auch oppositionelle Kräfte im Iran könnten versuchen, die Schwäche für einen Regierungswechsel zu nutzen und Teile der städtischen Bevölkerung mobilisieren.

Sollte dieser Plan aufgehen, würde der Iran seinen Einfluss in Libanon, Irak und Syrien verlieren.

Die Netzwerke der Houthis, der Hisbollah und der Hamas würden substantiell geschwächt, während sich die iranische Führung auf die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung fokussieren muss.

 

 

Als Ministerpräsident Netanjahu am 27. September vor den Vereinten Nationen sprach, versuchte er die wenigen anwesenden Delegierten – der Hauptteil hatte aus Protest den Saal verlassen – davon zu überzeugen, dass der Iran nicht nur Israel direkt und durch sein Netzwerk bedroht, sondern auch bewusst die Handelswege zwischen Asien und Europa instrumentalisiert.

Der wirtschaftliche Schaden, den die Houthis durch die Bedrohung der kommerziellen Schifffahrt im Roten Meer auslösen, hat weitreichende Konsequenzen – nicht zuletzt kräftig steigende Containerpreise oder massiv sinkende Einnahmen für die ägyptische Regierung aus dem Suezkanal, die westliche Geber mit Milliardenzuwendungen kompensieren müssen, um die wirtschaftliche und politische Stabilität Ägyptens aufrecht zu erhalten.

 

 

IMEC als Chance für Wohlstand und Zusammenarbeit im Nahen Osten

Während seiner Rede hob Netanjahu vor allem die wirtschaftlichen Aspekte hervor, die auf der arabischen Halbinsel für mehr Prosperität und wirtschaftliche Zusammenarbeit sorgen könnten, wenn es gelingt, den iranischen Einfluss zurückzudrängen.

Wiederum zeigte er eine Karte des India-Middle East-Europe Economic Corridor (IMEC), die mit den Worten “The Blessing” (Der Segen) überschrieben war.

Dieser Bau eines neuen Transportkorridors soll die wirtschaftliche Integration zwischen Asien (vor allem Indien), dem Nahen Osten und Europa fördern.

Der IMEC umfasst ein gemeinsames Schienen- sowie Schifffahrtsnetz und wurde erstmals auf dem Treffen der G20 am 9. September 2023 in Indien der Öffentlichkeit präsentiert.

Der US-Präsident stellte das Projekt in den Kontext seiner Strategie für den indopazifischen Raum sowie den Nahen Osten und bezeichnete ihn als eine „wirklich große Sache“.

Klar ist, dass alle Länder, die in diesen Transportkorridor eingebunden würden, wirtschaftlich profitieren.

Für Europa ist es ein alternativer Handelskorridor, der in Zeiten, in denen traditionelle Handelswege von und nach Europa – wie der Suezkanal oder die Nordroute, die Asien über das russische Eisenbahnnetz mit Europa verbindet – gestört sind.

Der IMEC ist damit auch für Europa eine wichtige Diversifizierung kritischer Infrastruktur.

 

 

Irans Einfluss behindert regionale Integration

Netanjahu zeigte auf einer weiteren Karte, die mit „The Curse“ (Der Fluch) überschrieben war, dass der Iran, der durch sein Wirken im Irak, Syrien, Libanon und Jemen für politische Instabilität sorgt, genau diese Projekte der wirtschaftlichen Integration behindert.

Viele Staaten in der Region würden einer Schwächung des Iran und der „Achse des Widerstands“ sicherlich nicht hinterhertrauern.

Aber die hohen zivilen Opferzahlen, die diese Auseinandersetzung fordert und weiter fordern könnte, dürften noch auf Jahre hinaus die internationalen Beziehungen belasten.

Eine weitere Eskalation zwischen dem Iran und Israel bleibt ein Spiel mit dem Feuer.

 

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