Lateinamerika: Argentiniens Börse mit über 170% Kursplus – auch Brasilien und Mexiko interessant!

Lateinamerikanische Aktien haben im Jahr 2025 eine beeindruckende Performance hingelegt. Alle wichtigen Märkte der Region verzeichneten bislang zweistellige Zuwächse. Dies ist eine deutliche Kehrtwende gegenüber den Herausforderungen des Jahres 2024 und deutet darauf hin, dass die aktuelle Rallye von anhaltender Dynamik geprägt sein könnte.

Das vergangene Jahr war für die größten Volkswirtschaften der Region besonders schwierig. Brasilien, das stark von Rohstoffen wie Eisenerz und Öl abhängig ist, wurde von den sinkenden Preisen hart getroffen. Politische Instabilität und Sorgen über die sich verschlechternde Haushaltslage des Landes führten zu einer Abwertung der Währung, anhaltender Inflation und hohen Zinsen.

In Mexiko wurde die Stimmung der Anleger durch eine Abwertung des Pesos und politische Unsicherheiten im Zusammenhang mit den Wahlen im Land und in den USA gedämpft. Die Gefahr von US-Zöllen im weiteren Jahresverlauf ergänzte den Druck zusätzlich.

Trotz dieser Gegenwinde konnten sich einige der kleineren Märkte der Region wie Kolumbien und Peru relativ gut behaupten und erzielten 2024 Renditen von 10% bzw. 16%.

Zu Beginn des Jahres 2025 wurden die lateinamerikanischen Märkte von den globalen Anlegern weitgehend übersehen. Die Bewertungen waren niedrig und die Positionierung der Anleger war zurückhaltend, sodass selbst moderat positive Nachrichten einen starken Aufschwung auslösen konnten. Genau das ist eingetreten.

Die Befürchtungen eines Zusammenbruchs des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) haben sich nicht bewahrheitet, und die von den USA verhängten Zölle sind mit 10% relativ moderat ausgefallen.

Ein schwächerer US-Dollar hat ebenfalls für Entlastung gesorgt, sodass die Zentralbanken der Region mit Zinssenkungen beginnen konnten, anstatt die Zinsen auf einem hohen Niveau zu halten, um ihre Währungen zu stützen.

 

IPC-Index Mexico (Jahreschart)

IPC-Index Mexico (Jahreschart)

 

Brasilien und Mexiko erweisen sich als widerstandsfähig

Unterdessen blieb die Unternehmensleistung in der gesamten Region stark. Unternehmen, insbesondere in Brasilien und Mexiko, haben sich durch effektives Kostenmanagement, starke Preissetzungsmacht und robuste Aktionärsrenditen durch Aktienrückkäufe und Dividenden als widerstandsfähig erwiesen.

Viele haben ihre Gewinnprognosen angehoben, was trotz der anhaltenden Marktvolatilität auf Margenausweitungen und operative Stärke hindeutet.

Mit Blick auf die Zukunft könnten mehrere Faktoren die Fortsetzung dieser Hausse stützen.

Die Kombination aus einem schwächeren Dollar, Konjunkturmaßnahmen in China und relativ niedrigen Ölpreisen dürfte den Zentralbanken weiteren Spielraum für eine Lockerung der Geldpolitik verschaffen.

Die Bewertungen in Lateinamerika bleiben sowohl absolut als auch im historischen Vergleich attraktiv. Außerdem strömen zunehmend inländische Anleger in regionale Aktien, und eine Kapitalrotation weg von den US-Märkten trägt dazu bei, die Liquidität zu erhöhen und die positive Dynamik zu verstärken.

Auch politische Entwicklungen könnten zur Aufrechterhaltung der Rally beitragen.

In den nächsten 18 Monaten wird erwartet, dass linke Regierungen in Ländern wie Chile, Kolumbien, Brasilien und möglicherweise Peru durch Mitte-Rechts-Regierungen abgelöst werden.

In der Vergangenheit wurden solche Übergänge von den Märkten, insbesondere im Devisenhandel, positiv aufgenommen.

Auf geopolitischer Ebene profitieren viele lateinamerikanische Länder von den angespannten Beziehungen zwischen den USA und China.

 

Bovespa-Index Brasilien (seit Jahresanfang)

Bovespa-Index Brasilien (seit Jahresanfang)

 

Insbesondere Mexiko profitiert weiterhin vom Trend zum Friend-Shoring, während Brasilien hohe Handelsbarrieren errichtet und Steuern erhöht hat, um die lokale Industrie vor der chinesischen Konkurrenz zu schützen.

Obwohl kurzfristig kein breit angelegter Rohstoffboom zu erwarten ist, würde eine Erholung wichtiger Exportgüter wie Kupfer, Eisenerz oder Sojabohnen einen zusätzlichen Schub bedeuten.

 

Kupfer Chart

Bis vor kurzem belastete die schwache Entwicklung des Kupferpreises Chile und Peru, während stagnierende Preise für Eisenerz und Sojabohnen Brasilien zu schaffen machten.

Insgesamt profitieren lateinamerikanische Aktien von einer seltenen Konstellation günstiger makroökonomischer Bedingungen, politischer Veränderungen und solider Unternehmensfundamentaldaten.

Mit widerstandsfähigen Unternehmen, einer sich verbessernden Anlegerstimmung und unterstützenden globalen Trends scheint die Region gut aufgestellt, um ihre starke Performance bis Ende 2025 und darüber hinaus aufrechtzuerhalten.

Analyse der Broker-Test.de Redaktion

Argentiniens Börsenindex Merval mit über 170% Kursplus seit Anfang 2024 – wie geht es nun weiter?

Der argentinische Leitindex Merval hat sich 2024 als einer der weltweit stärksten Aktienmärkte erwiesen und Anleger mit außergewöhnlichen Renditen belohnt.

Während globale Märkte um moderate Gewinne kämpften, katapultierte sich der Merval auf historische Höchststände und profitierte dabei maßgeblich von den radikalen Wirtschaftsreformen unter Präsident Javier Milei.

 

Spektakuläre Jahresperformance von in der Spitze 170% übertrifft alle Erwartungen

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Der Merval verzeichnete bis Ende August 2024 einen Zuwachs von 153,68% gegenüber dem Vorjahreszeitraum, womit er praktisch alle anderen bedeutenden Börsenindizes weltweit übertraf.

Zum Vergleich: Der Index schloss 2023 bei 929.704 Punkten und erreichte zwischenzeitlich Spitzenwerte von über zwei Millionen Punkten. Das absolute Allzeithoch markierte der Index im Januar 2025 bei 2.564.659 Punkten, bevor eine leichte Konsolidierung einsetzte.

Diese Performance stellt sogar historische Rekorde in den Schatten.

Selbst die legendäre Rallye von 1989, als der Merval nominell um 18.535% zulegte, wirkt angesichts der aktuellen makroökonomischen Rahmenbedingungen weniger spektakulär, da sie hauptsächlich hyperinflationsbedingt war.

 

 

 

Mileis Schocktherapie zeigt erste Erfolge bei Inflationsbekämpfung

Der außergewöhnliche Börsenaufschwung fällt zeitlich mit den drastischen Wirtschaftsreformen des libertären Präsidenten Javier Milei zusammen, der im Dezember 2023 sein Amt antrat. Die monatliche Inflationsrate, die bei Mileis Amtsantritt 13% betrug und im Dezember 2023 auf 25% hochschnellte, konnte bis November 2024 auf 2,4% gedrückt werden – den niedrigsten Wert seit über vier Jahren.

Während 2023 noch eine Jahresinflation von 211% verzeichnet wurde, der höchste Wert weltweit, stabilisierte sich die Lage merklich. Experten prognostizieren für 2024 eine Inflationsrate von etwa 120% und für 2025 einen weiteren Rückgang auf 35%.

Diese Entwicklung schuf das Vertrauen, das ausländische Investoren in den argentinischen Markt zurückbrachte.

 

Drastische Haushaltskonsolidierung als Vertrauensanker für Investoren

Mileis rigorose Sparpolitik bildet das Fundament der neuen Marktstabilität. Die Regierung erzielte Einsparungen von beeindruckenden 6% des Bruttoinlandsprodukts durch tiefe Einschnitte bei Gehältern, Renten, öffentlichen Bauvorhaben und Subventionen. Gleichzeitig stoppte die Zentralbank die Ausgabe der kostspieligen kurzfristigen Papiere (LELIQs), die zuvor die Geldpolitik untergruben.

Diese Maßnahmen führten zu einer dramatischen Verbesserung der Risikowahrnehmung Argentiniens an den internationalen Finanzmärkten.

Der einflussreiche Länderrisiko-Index von JP Morgan fiel von etwa 2.000 Punkten bei Mileis Amtsantritt auf rund 750 Punkte – den niedrigsten Stand seit fünf Jahren.

Währungspolitik zwischen Stabilisierung und Wettbewerbsfähigkeit

Ein zentraler Baustein von Mileis Strategie war die Währungspolitik. Nach einer initialen Abwertung von 50% Ende 2023 lässt die Regierung den Peso seither monatlich um etwa 2% abwerten, ein Tempo, das unter der Inflationsrate liegt. Diese Strategie der kontrollierten Abwertung sollte die Inflationserwartungen verankern und ergänzte den Effekt des ausgeglichenen Haushalts.

Allerdings birgt diese Politik Risiken: da die Inflationsrate die Abwertungsgeschwindigkeit übertrifft, ist der Peso wieder genauso überbewertet wie zum Amtsantritt Mileis.

Kritiker warnen vor den negativen Auswirkungen auf die Exportwirtschaft und die internationale Wettbewerbsfähigkeit argentinischer Unternehmen.

 

Wirtschaftliche Kennzahlen im Überblick

Kennzahl 2023 2024/2025 Entwicklung
Merval-Jahresende 929.704 Punkte 2.564.659 Punkte (Jan 2025) +175,9%
Jahresinflation 211% 120% (2024 erwartet) -43,1%
Monatsinflation 25% (Dez. 2023) 2,4% (Nov. 2024) -90,4%
Länderrisiko-Index ~2.000 Punkte ~750 Punkte -62,5%

 

Soziale Kosten der Schocktherapie?

Die Armutsquote schnellte in der ersten Jahreshälfte 2024 auf 53% hoch, verglichen mit 40% im Jahr 2023 – der höchste Anstieg seit zwei Jahrzehnten. Mittlerweile ist die Rate auf 38,1% in der zweiten Jahreshälfte 2024 gefallen, während extreme Armut von 18,1% auf 8,2% reduziert wurde.

Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im dritten Quartal 2024 das sechste Quartal in Folge im Jahresvergleich, wobei sich die Wirtschaft quartalsweise zu erholen begann.

Der Internationale Währungsfonds prognostiziert für 2025 ein Wachstum von 5%, nachdem 2024 ein Rückgang von geschätzten 3,5% verzeichnet wurde.

Die Tendenz stimmt also!

 

Kapitalverkehrskontrollen als Damoklesschwert für nachhaltiges Wachstum

Ein wesentliches Hindernis für eine dauerhafte Erholung bleiben die bestehenden Kapitalverkehrskontrollen (Cepo). Diese Beschränkungen verhindern den freien Handel mit Devisen und behindern sowohl den Außenhandel als auch ausländische Investitionen. Milei hat angekündigt, diese Kontrollen nach den Halbzeitwahlen im Oktober 2025 zu lockern, um wirtschaftliche Instabilität vor den Wahlen zu vermeiden.

Die anhaltenden Währungsrestriktionen führen zu einem problematischen Carry-Trade-Phänomen. Unternehmen, die Dollar erwirtschaften oder leihen können, profitieren von den höheren Peso-Renditen, was bei einer plötzlichen Aufhebung der Kontrollen zu destabilisierenden Kapitalabflüssen führen könnte.

 

Ausblick: Politische Weichenstellungen entscheiden über Kontinuität

Die Nachhaltigkeit der argentinischen Börsenrallye hängt maßgeblich von Mileis Fähigkeit ab, seine Reformagenda politisch durchzusetzen. Seine Partei La Libertad Avanza verfügt über keine Mehrheit im Kongress und ist auf Kompromisse mit Oppositionsgruppen angewiesen.

Die Halbzeitwahlen im Oktober 2025 werden entscheidend dafür sein, ob Milei seine strukturellen Reformen vertiefen kann.

 

 

Zu den noch ausstehenden Reformschritten gehören die beschleunigte Aufhebung der Kapitalverkehrskontrollen, die Verabschiedung des verzögerten Haushalts 2025 und die weitere Beseitigung von Sonderregelungen für unrentable Wirtschaftssektoren. Eine neue Vereinbarung mit dem IWF könnte zusätzliches Vertrauen schaffen und den Zugang zu internationalen Kapitalmärkten erleichtern.

Für internationale Anleger bietet Argentinien derzeit eine faszinierende Mischung aus hohem Renditepotenzial und beträchtlichen Risiken. Der spektakuläre Börsenaufschwung spiegelt sowohl die Hoffnung auf eine dauerhafte wirtschaftliche Stabilisierung als auch die Erwartung wider, dass Mileis radikaler Reformkurs Früchte trägt.

Ob diese Wette aufgeht, wird sich in den kommenden Monaten zeigen – insbesondere wenn die politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der zweiten Jahreshälfte 2025 die Belastbarkeit der neuen argentinischen Wirtschaftspolitik auf die Probe stellen.

 

LESETIPP

Lesen Sie auch das Buch von Professor Philip Bagus zu Argentiniens neuem Weg der Ära Milei

 

 

 

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