Überlebt der Euro?
– Volkswirt Martin Hüfner ist zuversichtlich
– „Kein Land hat derzeit Interesse, aus der Währungsunion auszuscheiden“
– Aber: Ungleichgewichte zwischen den einzelnen Staaten haben sich deutlich ausgeweitet
Martin Hüfner, volkswirtschaftlicher Berater des führenden österreichischen Discount Brokers direktanlage.at, ist davon überzeugt, dass der Euro nicht zerfallen wird. Der wichtigste Grund: Kein Land habe heute ein Interesse, aus der Währungsunion auszuscheiden. Es würde dabei nur verlieren. Ohne den Euro würden sich die Wechselkurse der schwächeren Länder stark abwerten. Die Inflation nähme zu. Die Zinsen würden ansteigen. Die Staatsschulden würden sich erhöhen. Rezession und Arbeitslosigkeit wären noch schlimmer.
„Innerhalb der Eurozone haben sich jedoch die Ungleichgewichte zwischen den einzelnen Staaten deutlich ausgeweitet“, sagt Hüfner. Entsprechend haben sich die Risikozuschläge ausgeweitet, die einzelne Staaten bei der Kreditaufnahme bezahlen müssen. Griechische Staatsanleihen rentieren heute bei zehn Jahren Laufzeit mit 5,8 Prozent, italienische mit 4,2 Prozent, österreichische mit 4,1 Prozent, Deutschland sichert 2,9 Prozent.
Neue Länder in die Gemeinschaft
Hüfner: „Es ist noch gar nicht so lange her, dass die Zinsen in Österreich noch unter denen in der Bundesrepublik lagen. Hinter diesen Aufschlägen steht die Angst, es könne in einzelnen Ländern zu Zahlungsproblemen kommen, am Ende vielleicht zu einem Staatsbankrott. Trotz dieser Probleme bin ich davon überzeugt, dass der Euro nicht zerfallen wird.“
Denn derzeit wolle nicht nur niemand den Euro verlassen, es wollen auch neue Mitglieder in die Gemeinschaft. Der Euro sei so attraktiv wie nie zuvor, erklärt der Experte von direktanlage.at: „Die Slowaken sind heilfroh, dass sie in diesem Jahr beigetreten sind, weil ihnen dadurch die Abwertung der Währung erspart geblieben ist, unter der die anderen zentraleuropäischen Länder leiden. In Polen und der Tschechischen Republik, natürlich auch in Ungarn, den baltischen Staaten, Bulgarien und Rumänien wird überlegt, ob man nicht früher dem Euro beitreten kann.“ Für Hüfner wäre es aber eine Katastrophe, wenn die Eurozone dem nachgeben und Länder aufnehmen würde, die nicht die formellen Maastricht-Kriterien erfüllen.
Der Volkswirt sieht auch die Gefahr, dass der Markt den Zerfall des Euro erzwingt – so wie er früher das System fester Wechselkurse gesprengt hat, als gering: „Das geht hier nicht so einfach. Denn in einer Währungsunion gibt es keine Wechselkurse, die die Zentralbanken verteidigen müssen. Hier könnte der Markt nur auf einen Anstieg der Risikospreads spekulieren, also etwa griechische Staatsanleihen verkaufen und Bundesanleihen kaufen.“
Rat an Anleger: „Nicht nach höchsten Renditen streben und ruhig schlafen“
Welche Schlüsse zieht Hüfner daraus für den Anleger? „Gehen Sie davon aus, dass es den Euro auch noch in zehn Jahren geben wird. Was passieren kann ist, dass Gemeinschaftswährung auf den Devisenmärkten noch schwächer wird. Die Risikozuschläge bei den Renditen für einige Staaten Südeuropas, Österreichs und Irlands können weiter steigen. Manch einer mag die höheren Renditen für kaufenswert halten. Ich rate dabei allerdings zu Vorsicht.“
Natürlich werden die Papiere bei Fälligkeit zum Nominalwert zurückgezahlt und der Anleger könne damit eine Zusatzrendite erwirtschaften, so der direktanlage.at-Berater. „Andererseits ist nicht auszuschließen, dass es während der Laufzeit zu dramatischen Entwicklungen kommt und sich Zahlungen vielleicht auch manchmal zeitlich verzögern. Wer ruhig schlafen will, sollte nicht nach den höchsten Renditen streben.“
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