Feld nicht bekannt

Übertriebener Regulierungseifer kontraproduktiv

Die Geschichte zeigt, dass Regulierung ein zyklisches Phänomen ist, wobei häufig in beide Richtungen übertrieben wird. Dies spricht dafür, dass eine „optimale Dosierung“, die ein gleichgewichtiges Wachstum ermöglicht, zumindest bislang nicht gefunden werden konnte.

Vor diesem Hintergrund sollten die Erwartungen an supranationale Organisationen nicht zu hoch gesteckt werden. Mit Blick auf die Vermögenswerte erweist sich ein übermäßiges staatliches Eingreifen in Marktprozesse zumeist als kontraproduktiv. Auch legen die Erfahrungen aus der Historie nahe, dass es trotz einer Ausweitung der Regulierung auch künftig kaum möglich sein wird, krisenhafte Entwicklungen gänzlich zu verhindern. Ein Ordnungsrahmen, der eine feste Beziehung zwischen Handlung und Haftung sicherstellt, könnte das Risikoverhalten der Marktakteure allerdings in geordnetere Bahnen lenken.

Märkte brauchen Spielregeln

Die größten Brandherde scheinen inzwischen einigermaßen unter Kontrolle, die Finanzmärkte beginnen sich zu stabilisieren. Nun geht es an die Aufräumarbeiten. Rund um den Globus – zuletzt auf dem G20-Treffen in London – beschäftigen sich derzeit die politischen Entscheidungsträger mit der Frage, wie das „Monster“ Finanzmärkte gebändigt werden kann. Auch wenn hinsichtlich der Operationalisierung erst Umrisse erkennbar sind, scheint eines klar: Die Finanzmärkte müssen stärker reguliert werden und zwar global koordiniert, damit eine Krise diesen Ausmaßes künftig nicht mehr passieren kann. Richtig ist, dass mangelnde oder besser mangelhaft ausgestaltete Rahmenbedingungen das Entstehen der Krise begünstigt haben. Weitaus schwieriger ist es allerdings, das richtige Maß zu finden, um einerseits exzessiven Entwicklungen entgegenzuwirken, andererseits aber genügend Spielraum zu lassen, damit sich die positiven Marktkräfte ausreichend entfalten können.

Regulierungszyklus schwankt zwischen Extremen

Ein Blick in die Historie belegt, dass der Regulierungsprozess starken zyklischen Schwankungen unterliegt: Dabei folgen auf Dekaden der Deregulierung und Liberalisierung regelmäßig Jahrzehnte, in denen der Gesetzgeber wieder stärker in das Marktgeschehen eingreift. Einen ersten Höhepunkt im zwanzigsten Jahrhundert erreichte der Regulierungszyklus in der Dekade zwischen 1910 und 1920 als Reflex auf die Krise von 1907 und den Erfordernissen, die durch den ersten Weltkrieg ausgelöst wurden. Dem folgte eine Periode der Prosperität und Deregulierung in den zwanziger Jahren. Die 1929 beginnende Weltwirtschaftskrise leitete dann eine neue Ära umfangreicher staatlicher Eingriffe ein. Auch die 40er Jahre standen angesichts des zweiten Weltkriegs ganz im Zeichen der Regulierung. In der daran anschließenden Phase des Wiederaufbaus wurden die Zügel wieder gelockert, die Wirtschaft boomte. Deutlich unruhiger ging es in den folgenden beiden Jahrzehnten, den 60er und 70er Jahren zu. In diese Zeitspanne fielen u.a. die Kuba-Krise, der Vietnamkrieg, das Ende des Systems von Bretton Woods sowie die erste und zweite Ölkrise und damit verbunden eine Ausweitung der staatlichen Einflussnahme. Die wirtschaftspolitische Wende setzte unter der Regierung Ronald Reagans in den USA und Margaret Thatchers in Großbritannien ein.

Geprägt von den Ideen der sogenannten Chicago School und dessen bekanntestem Protagonisten Milton Friedman wurden insbesondere die angelsächsischen Länder umfassende Deregulierungsmaßnahmen eingeleitet. Staatsunternehmen wurden privatisiert, Steuern gesenkt und die Macht der Gewerkschaften zurückgedrängt. Mit dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion trat die Marktwirtschaft angelsächsischer Prägung schließlich ihren Siegeszug rund um den Globus an. Nach dem Platzen der New Economy Blase und den Bilanzierungsskandalen einerseits und den Anschlägen vom 11. September 2001 sowie dem sich daran anschließenden Krieg gegen Terror andererseits schlug das Regulierungspendel wieder um. Dabei dominierte bislang der Bereich der inneren und äußeren Sicherheit. Die Verwerfungen im Zusammenhang mit der globalen Finanzkrise lassen nun auch eine massive Ausweitung der Regulierung des Finanzsystems erwarten.

Nicht zu hohe Erwartungen wecken

Die ausgeprägten Wellenbewegungen im Regulierungszyklus während der vergangenen hundert Jahre sind ein Indiz dafür, dass es bislang offenbar nicht gelungen ist, ein Gleichgewicht zwischen Regeln zur Begrenzung unerwünschter Marktergebnisse und den positiven Wachstumskräften zu finden. Dabei zeigt sich, dass Aktien in Dekaden zunehmender staatlicher Einflussnahme unterdurchschnittliche inflationsbereinigte Erträge abwerfen, wohingegen in Phasen der Deregulierung überdurchschnittliche reale Kurszuwächse zu beobachten waren. Gerade mit Blick auf die im Zuge der Finanzkrise erlittenen Vermögensverluste würde sich eine überzogene Regulierung aller Voraussicht nach als kontraproduktiv erweisen, d.h. den Prozess der wirtschaftlichen Erholung eher verschleppen.

Ordnungspolitik hat Vorfahrt

Dies bedeutet nicht, dass der Gesetzgeber zur Untätigkeit verdammt ist. Allerdings wiederholt sich Geschichte nie im Detail. So wird die nächste Krise aller Voraussicht nach andere Ursachen haben. Welche dies sein werden, ist allerdings ex ante kaum auszumachen. Daher sollten die Regeln so allgemein gehalten werden, dass sie nicht lediglich die Symptome, sondern vielmehr die grundlegenden Ursachen von Krisen erfassen. Eines der wichtigsten Prinzipien in diesem Zusammenhang ist die Einheit von Handlung und Haftung. Wird dieser Grundsatz verletzt – besteht also die Möglichkeit Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren – ist zu erwarten, dass unverhältnismäßige Risiken eingegangen werden. Gerade die gegenwärtige Tendenz zur Unternehmenskonzentration im Finanzsektor erscheint daher alles andere als zielkonform, denn damit würde möglicherweise das „too big to fail“ auf die Spitze getrieben. Moral Hazard, wenn auch durch andere Wirkungsmechanismen als in der aktuellen Krise, wäre damit wiederum vorprogrammiert.

Ziel sollte es daher sein, dem Entstehen „systemsprengender Komplexe“ entgegen zu wirken. Nur dann kann der marktwirtschaftliche Sanktionsmechanismus der Auslese zum Zuge kommen und seine disziplinierende Wirkung entfalten. Trotz vielbeschworener Skalenerträge muss daher das Motto sein: Vielfalt statt Größe.

Themen im Artikel

Infos über Name nicht gefunden

Feld nicht bekannt
Feld nicht bekannt
Feld nicht bekannt
:
Feld nicht bekannt
Disclaimer & Risikohinweis
Feld nicht bekannt

Name nicht gefunden News

Weitere Trading News