Geldanlage: Die relative Attraktivität von Europa gegenüber den USA hat sich erhöht

Auf die Adrenalin-Schübe, die die Kapitalmärkte Anlegern in den ersten beiden Wochen des April bescherten, hätten wohl auch die hartgesottensten Marktteilnehmer gerne verzichtet: der Volatilitätsindex Vix stieg auf einen rekordverdächtigen Punktestand von 50, ein Zeichen für die enorme zwischenzeitliche Verunsicherung am US-Aktienmarkt.

Turbulent ging es auch am Zinsmarkt zu – die Renditen 30-jähriger US-Staatsanleihen stiegen auf über fünf Prozent, der Dollar ging gegenüber dem Euro in den Keller.

In der zweiten Monatshälfte zogen die Kurse dann kräftig an – in der Hoffnung, dass die Belastungen durch die Zölle doch nicht so hoch ausfallen werden, wie ursprünglich befürchtet.

„Die reichlich sprunghafte US-Politik dürfte dennoch deutliche Spuren in der Wirtschaft und an den Kapitalmärkten hinterlassen“, sagt Chefanlagestratege Vincenzo Vedda.

„Wir haben unsere Schätzungen für die erwarteten Unternehmensgewinne global um drei bis fünf Prozent zurückgenommen.“

Auch wenn US-Aktien zuletzt sogar noch mehr Boden gutmachen konnten als europäische Aktien, sieht Vedda bessere Chancen für letztere.

Konkret sieht er drei Punkte, die für europäische Aktien sprechen: Erstens, der Diversifikationsaspekt, zweitens die günstigeren Bewertungen und drittens den höheren Anteil zyklischer Unternehmen in Europa.

„Wir haben unsere Kursziele für europäische Aktien deutlich weniger reduziert als die für US-Titel“, so Vedda.

In den USA werde Tech-Titeln, die zwischenzeitlich besonders stark eingebrochen waren, auch künftig eine wesentliche Rolle zukommen.

„Wir erwarten, dass die Gewinnentwicklung dieser Titel mitentscheidend für die Entwicklung des S&P 500 sein wird“, so Vedda.

Auch bei Unternehmensanleihen sieht er Europa im Vorteil und favorisiert Anleihen guter Qualität gegenüber den riskanteren Hochzinsanleihen, deren Zinsaufschläge angesichts der höheren Risiken durchaus wieder steigen und damit die Kurse unter Druck setzen könnten.

 

Konjunktur: Zölle dürften Wirtschaftswachstum deutlich drücken, insbesondere in den USA

  • Die Zölle und die mit ihnen einhergehende Unsicherheit sowie höhere Preise dürften das Wachstum in den meisten Ländern in diesem und im nächsten Jahr nach unten drücken.
  • Dabei dürfte der Urheber dieser Entwicklung, die USA, am stärksten betroffen sein. Wir haben unsere Prognosen für das US-Wachstum im Jahr 2025 von 2,0 auf 1,2 Prozent zurückgenommen. In der Eurozone haben wir unsere Erwartungen für das Wachstum um 0,2 Prozentpunkte auf 0,8 Prozent zurückgeschraubt.

 

Inflation: In den USA eher aufwärts, in der Eurozone eher runter

  • Auch in Sachen Inflation dürften die USA der Hauptleidtragende ihrer protektionistischen Politik werden. Wir haben unsere Inflationsprognosen für das laufende Jahr von 2,6 auf 3,2 Prozent angehoben.
  • In der Eurozone, inklusive Deutschland, dürften niedrigere Energiepreise und der stärkere Euro eher zu einem Rückgang der Inflationsraten führen. Wir erwarten für 2025 jetzt eine Rate von 2,1 Prozent (bisher auf 2,3%).

 

Notenbanken: Zinsen dürften weiter sinken – in Europa schneller als in den USA

  • Wir gehen davon aus, dass die Federal Reserve zumindest so lange mit Zinssenkungen abwarten wird, bis eine Verlangsamung der Konjunktur abnehmende Inflationserwartungen zulässt. Dies könnte im weiteren Jahresverlauf der Fall sein. Wir gehen von bis zu drei Zinssenkungen der US-Notenbank in den kommenden zwölf Monaten aus.
  • Die Europäische Zentralbank hat den Einlagensatz im April auf 2,25 Prozent gesenkt. Sollte die Inflation, wie erwartet, weiter rückläufig sein, rechnen wir per März 2026 mit einer Rate von 1,75 Prozent.

 

Risiken: Unterschätzte Folgen schon bereits entstandener Schäden

  • Sollte sich der von den USA losgetretene globale Handelskrieg verschärfen, könnte die Welt in eine Rezession schlittern. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist jetzt schon deutlich gestiegen.
  • Es könnte durchaus sein, dass die bereits entstandenen Schäden für Konsum- und Investitionsausgaben in den Projektionen noch nicht hinreichend berücksichtigt wurden. Im ungünstigsten Fall könnten der US-Dollar und US-Staatsanleihen ihren Status als globale sichere Häfen verlieren.

 

Es bleibt risikoreich – defensiver Ansatz bei Aktien bevorzugt

An den Aktienmärkten könnte es in den kommenden Monaten zwar durchaus weitere Rücksetzer geben.

Dennoch gibt es gute Gründe, an Aktien festzuhalten.

Zum einen können Anleger mit ihnen potenziell ein erneutes Aufflackern der Inflation relativ besser umschiffen.

Zum anderen bieten sie auch Teilhabe am Aufwärtspotenzial, sollte es deutliche Zugeständnisse in der US-Handelspolitik geben. Insgesamt dürfte die Situation für die Unternehmen allerdings herausfordernd bleiben.

„Die Unternehmensgewinne dürften zurückgehen, die Gewinnmargen unter Druck geraten“, warnt Thomas Schüßler, Co-Head globale Aktien.

Für ihn bedeutet das: Eine disziplinierte Auswahl der Einzeltitel ist wichtiger denn je. Er favorisiert Unternehmen mit einer starken Marktposition und einer soliden Bilanz.

Grundsätzlich verfolgt Schüßler einen defensiven Ansatz in seinem Portfolio.

Das drückt sich unter anderem darin aus, dass er als Aktienfondsmanager derzeit eine Kassequote von etwa zehn Prozent hält und auch auf Gold setzt – die Quote liegt bei dem von ihm verantworteten Dividendenfonds derzeit bei acht Prozent.

Die Vorteile von Gold umschreibt Schüßler so: „Gold ist niemandes Schulden, Gold kann niemand drucken und es ist unabhängig von der Politik der Zentralbanken.“

Anders als früher hätten die anderen vermeintlich sicheren Häfen wie US-Anleihen und der US-Dollar zuletzt nicht für einen Risikoausgleich im Portfolio gesorgt.

Schüßler setzt unter anderem auf Finanzwerte – wegen der attraktiven Bewertung und überdurchschnittlich hoher Ausschüttungen – und auf Gesundheitstitel wegen ihrer geringen Konjunkturabhängigkeit.

Regional bevorzugt er Europa und „den Rest der Welt“ gegenüber US-Titeln, die hoch bewertet seien und vergleichsweise niedrige Dividenden böten.

Für europäische Anleger seien US-Aktien derzeit auch noch aus einem weiteren Grund mit deutlichen Risiken behaftet: dem schwächelnden US-Dollar.

Die DWS-Währungsstrategen gehen davon aus, dass der in den nächsten Monaten noch weiter gegenüber dem Euro verlieren könnte.

„Anleger haben das Währungsrisiko einer Anlage häufig nicht so auf dem Schirm“, warnt Schüßler.

 

Aktien USA: Druck auf Unternehmensgewinne erwartet

  • Im zweiten Quartal dürften bei den Unternehmensgewinnen erste Bremsspuren sichtbar werden. Zudem dürften – aufgrund der verstärkten Unsicherheit – auch die Investitionen zurückgehen.
  • Wir sehen insgesamt eine schwierige Phase für die US-Wirtschaft und die Unternehmen. Unsere Prognose für den S&P 500 per März 2026 haben wir auf 5.800 Punkte (zuvor: 6.300) zurückgenommen.

 

Aktien Deutschland: Zoll-Schock erst einmal gut verdaut – Kursziel für den Dax leicht reduziert

  • Der deutsche Leitindex Dax hat den Kurseinbruch nach den US-Zollankündigungen Anfang April im Laufe des Monats fast vollständig ausgebügelt und kommt im laufenden Jahr auf ein Plus von knapp 17 Prozent.
  • Angesichts der hohen Unsicherheit und den zu erwartenden Belastungen durch die US-Zollpolitik haben wir unser Kursziel für den Dax per März 2026 leicht auf 23.500 Punkte (bisher: 24.000) gesenkt.

 

Aktien Europa: Europäische Titel derzeit aussichtsreicher als US-Titel

  • Wir ziehen derzeit europäische Aktien US-Titeln vor, da der Bewertungsabstand nach wie vor sehr hoch ist und Europa von einer Umschichtung der Anlegergelder raus aus den USA profitieren sollte.
  • Im Zuge der Überprüfung unserer Prognosen haben wir das Kursziel für den Stoxx 600 per März 2026 leicht von 570 auf 550 Punkte gesenkt.

 

Aktien Japan: Kursziel leicht gesenkt, dennoch beträchtliches Kurspotenzial

  • Der japanische Aktienmarkt hat sich im Laufe des Aprils wieder deutlich erholt, nachdem die aus den USA kommenden Ankündigungen vom 2. April – dem sogenannten „Liberation Day (Tag der Befreiung) – die Kurse auf Talfahrt geschickt hatten.
  • Wir sind insgesamt positiv für den japanischen Aktienmarkt gestimmt, haben unser Kursziel für den MSCI Japan dennoch leicht auf 1.690 (bislang: 1.780) Punkte zurückgenommen.

 

Infrastruktur-Investments: Aussichtsreiche Anlage auch in unsicheren Zeiten

Starke Schwankungen und teilweise herbe Kursverluste innerhalb kürzester Zeit – Anleger mussten in den ersten Wochen des April so einiges verdauen, das gilt zumindest für die liquiden Aktien- und Rentenmärkte.

„Anders sah es bei Infrastrukturanlagen aus. Die haben sich in dieser Zeit als recht widerstandsfähig erwiesen“, sagt Fondsmanager Peter Brodehser.

Investments in Infrastruktur könnten dazu beitragen, das Risiko in einem Portfolio zu senken.

Das liege zum einen daran, dass diese Assetklasse sich in der Regel deutlich anders entwickele als liquide Assetklassen, also kaum eine Korrelation aufwiesen.

„Investments in Infrastruktur können deshalb dazu beitragen, das Risiko in einem Portfolio zu reduzieren“, so Brodehser – eine nicht ganz unwichtige Eigenschaft in unsicheren Zeiten wie diesen.

Dazu komme, dass Infrastruktur-Investments eine vergleichsweise stabile Nachfrage nach ihren Produkten aufwiesen, da sie häufig Basisbedürfnisse adressierten.

„Man verzichtet beispielsweise lieber auf einen Restaurantbesuch, als dass man zu Hause das Licht ausschaltet“, so Brodehser.

Renditen im mittleren einstelligen Bereich seien realistisch, dank der Hebung von Illiquiditäts-, Komplexitäts- und Durationsprämien.

Langfristanleger könnten sehr gut von diesen potenziellen Renditehebeln profitieren.

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