Testament – Kardinalfehler unbedingt vermeiden

Wie man das eigene Vermögen richtig vererbt, steht im fünften Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschrieben.

Doch kaum jemand wird die über 400 Paragrafen jemals lesen.

Selbst wenn: Der pure Gesetzestext allein bringt einen nicht weiter.

Dazu kommen zehntausende Urteile deutscher und ausländischer Zivilgerichte, die es zu beachten gilt.

Doch statt einen Rechtsberater beim Verfassen des letzten Willens zu konsultieren, suchen viele Menschen im Internet nach einer scheinbar passenden Vorlage für ihr Testament – ein schwerer Fehler, denn jeder Erbfall ist sehr individuell!

Entgegen alter Sitte wäre in vielen Fällen der Mut zum bewussten Tabubruch das Richtige: dass die Beteiligten noch zu Lebzeiten des Testamentsverfassers über das Erbe reden.

So kann der Vermögensinhaber seinen Kindern und Angehörigen selbst erklären, warum er wem was zugedacht hat oder warum auch nicht.

Außerdem bleibt Zeit, Irrtümer und Missverständnisse aufzuklären.

Das schafft Verständnis und Vertrauen.

Wer dann noch folgende Kardinalfehler beim Vererben vermeidet, kann seinen Lebensabend gelassen verbringen:

 

Fehler Nr. 1: Das unauffindbare Testament. Viele Menschen trauen den Ämtern nicht und legen deshalb das Testament in die Schreibtischschublade oder den heimischen Safe.

Nur allzu häufig sind diese Testamente dann nach Eintritt des Erbfalls urplötzlich nicht mehr auffindbar.

Oft spielen dann diejenigen, die einen Zugang zum Aufbewahrungsort haben oder die Safekombination kennen, den Ahnungslosen.

Das kann auch daran liegen, dass sie mit dem Inhalt des privat verwahrten Testaments nicht zu 100 Prozent glücklich waren.

Deshalb ist unbedingt die Hinterlegung beim Nachlassgericht zu empfehlen.

Das kostet in der Regel nicht mehr als 75 Euro.

Dafür hat man die Sicherheit, dass das Nachlassgericht nach Kenntnis vom Todesfall das Testament eröffnen wird und der letzte Wille damit nach dem eigenen Ableben auch tatsächlich zur Geltung kommt.

 

Oft scheitert es schon an der Form

Fehler Nr. 2: Das Laptop-Testament. Häufig wollen Erblasser beim Formulieren des letzten Willens besonders ordentlich sein und tippen das Testament in den Computer oder den Laptop, drucken den Inhalt aus und unterschreiben das Dokument.

Selbst bei größeren Vermögen kommt es immer wieder vor, dass vermeintliche Erben mit abgetippten Schriftstücken beim Nachlassgericht oder Anwalt erscheinen und damit ihr Erbrecht geltend machen.

Das genügt den formellen Anforderungen an ein Testament jedoch nicht und hat keinerlei rechtliche Wirkung.

An der Form sollte es wirklich nicht scheitern, dass das über ein ganzes Leben aufgebaute Vermögen dem letzten Willen gemäß verteilt wird.

Ob Testament oder spätere Ergänzungen – in der Regel muss jede letztwillige Verfügung vollständig mit der Hand ge- und unterschrieben oder durch einen Notar beurkundet werden.

 

Spätere Manipulationen verhindern

Fehler Nr. 3: Fälschern Tür und Tor öffnen. Sollte das Testament mehrere Seiten umfassen, nummerieren Sie stets: Seite 1 von 5, Seite 2 von 5 und so weiter.

So verhindern Sie spätere Manipulationen zum Beispiel durch Entfernen von Seiten – gerade wenn Sie wie viele Erblasser zur Sicherheit auf jeder Seite einzeln unterzeichnen oder Nachträge und Erläuterungen beifügen.

Auch bei der Datums- und Ortsangabe sollte man möglichst pingelig sein und etwa keine Abkürzungen verwenden, weil Fälscher das zu ungewollten Änderungen einladen kann.

Absolut fälschungssicher ist letztlich nur das notarielle Testament.

Fehler Nr. 4: Selbst aus dem Internet zusammengeschriebenes Testament. Man sieht es in der Praxis immer wieder und erkennt sie auf Anhieb: Durch Blocksätze aus dem Internet abgefasste Testamente.

Nicht selten ergeben hierbei die im einzelnen gefassten Verfügungen wenig Sinn oder können sich im schlimmsten Fall sogar widersprechen.

Der eindeutige Rat muss lauten: Experten aufsuchen.

Dies spart viel Streit, den sicherlich kein Erblasser sich für seine Hinterbliebenen wünschen würde.

 

Korrekte Rechtsbegriffe benutzen

Fehler Nr. 5: Rechtsbegriffe falsch verstanden. Wer ein Testament verfasst, sollte sich vorher darüber informieren, welche Bedeutung bestimmte Rechtsbegriffe haben, die man im letzten Willen verwendet. Sonst droht Chaos.

Als klassisches Beispiel wird in einem mehrdeutigen Testament an einer Stelle von Vermächtnis und an anderer von Erbe gesprochen, sodass hinterher Streit darüber entstehen kann, ob an eine gewisse Person nur ein einzelner Gegenstand oder das gesamte Vermögen einschließlich aller Verpflichtungen aus der Erbschaft übertragen werden sollte.

Achten sollte man auf wirklich klare Formulierungen, wer Erbe werden soll.

Sonst kann es unter anderem Streit darüber geben, wer für die Verbindlichkeiten wie Bankschulden, die Bestattung und andere Kosten aufkommen soll.

Insgesamt gilt: Achten Sie auf die Verwendung korrekter Rechtsbegriffe.

Gerade bei der Übertragung komplexer Vermögen oder Unternehmensbeteiligungen ist der Umfang der einzelnen Gegenstände genau zu bestimmen und abzugrenzen.

Fehler Nr. 6: Unklare Formulierungen verwenden. Ebenfalls häufiger anzutreffen, als man zunächst denkt, sind wachsweiche Formulierungen wie: „Wer sich am meisten vor meinem Tod um mich gekümmert hat, wird mein Erbe.“

Oder: „Ein großer Teil unseres Vermögens soll einer gemeinnützigen Organisation zugutekommen.“

Was ist mit „kümmern“ genau gemeint? Pflegeleistungen, finanzielle Unterstützung oder gar körperliche Zuwendung?

Ebenso kann „ein großer Teil“ aus verschiedenen Perspektiven etwas ganz Unterschiedliches meinen.

Achten Sie auf eindeutige Formulierungen und lassen Sie zumindest einen Dritten gegenlesen.

Nur, weil man selbst weiß, was man gemeint hat, heißt das nicht automatisch, dass auch alle anderen es genauso verstehen müssen.

 

Besondere Situation in Patchwork-Familien

Fehler Nr. 7: Berliner Testament führt in Patchworkfamilien zu Chaos. Häufig besteht das Bedürfnis, Ehegatten nach dem Versterben weiter im Haus leben zu lassen oder generell versorgt zu wissen.

Man hat den Lebensabend miteinander verbracht – also soll für den anderen hinreichend gesorgt sein.

Doch in Patchworkfamilien führt diese Sichtweise oft zu umfangreichen Erbstreitereien.

Kinder aus früheren Ehen möchten eventuell nicht bis zum Versterben des neuen Ehegatten warten, bis sie am elterlichen Nachlass in irgendeiner Weise partizipieren dürfen.

Gerade bei erheblichen Altersunterschieden zu neuen Ehegatten führt dies häufig zu Pflichtteilsauseinandersetzungen.

Deshalb die Empfehlung: Fair bleiben und unterschiedliche Interessen berücksichtigen.

Das kann etwa durch Zuteilung bestimmter Vermächtnisse wie zum Beispiel Möbel, Schmuck oder Geld gelingen.

 

Gastautor Dr. Marc-Oliver Lux ist Geschäftsführer bei der Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München.

Themen im Artikel

Infos über DIA

    DIA:

    Das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) versteht sich als geistige Plattform eines umfassenden Diskurses über Altersvorsorge und Generationengerechtigkeit. Es fördert unabhängig und neutral den Meinungsbildungsprozess zu Vorsorgethemen in der Öffentlichkeit. Die seit 1997 bestehende Den...

    Disclaimer & Risikohinweis

    DIA News

    Weitere Trading News