Warum Frauen besser anlegen als Männer – und was wir voneinander lernen können

Männer sind Jäger – früher waren sie auf der Pirsch nach Mammuts, später haben sie Goldnuggets gesucht und heute jagen sie die bestmögliche Rendite für ihr Vermögen. In Sachen Geldanlage wird ihnen oft nachgesagt, dass sie offensiver investieren als Frauen, dass sie risikofreudiger seien und häufiger auf Aktien setzen würden.

Dennoch lese und höre ich immer wieder, dass Frauen die besseren Anleger seien – was ist da dran und wie passt das zusammen?

Das Wichtigste in Kürze:
  • Frauen und Männer unterscheiden sich in ihrem Anlageverhalten.
  • Frauen investieren seltener, aber erfolgreicher.
  • Männer investieren risikofreudiger und damit renditestärker.
  • Frauen unterschätzen ihre Finanzkompetenz, Männer überschätzen sie regelmäßig.
  • Beide Geschlechter können voneinander lernen.

Spannende Einsichten bietet hier zunächst eine Studie, die unsere digitale Tochter quirion 2022 zusammen mit der Comdirect durchgeführt hat. Danach schreiben sich Männer und Frauen ganz unterschiedliche Kompetenzen in Sachen Geldanlage zu. Während 27 % der Männer sagen, sie würden nicht auf einen Robo-Advisor setzen, weil sie das Geld selbst besser anlegen würden, gaben 20 % der Frauen an, nicht genug Kenntnisse zu haben, um auf einen Robo setzen zu wollen. Die einen meinen, sie können es besser, die anderen glauben, sie kennen sich nicht genug aus.

Gegensätzlicher könnte die Selbstwahrnehmung kaum ausfallen.

Darüber hinaus habe ich neulich einen Artikel in der FAZ gelesen, der die Frage „Frau oder Mann: Wer legt besser an?“ untersucht.

Darin wird eine Studie der Ökonomen Brad Barber und Terrance Odean zitiert – sie haben über acht Jahre hinweg 35.000 Depots eines großen Discountbrokers in Sachen Aktienanlagen analysiert.

Und sie kommen zu einem eindeutigen Ergebnis:
Frauen legen besser an. Wie viel dieses besser konkret ausmacht, das schauen wir uns gleich an.

Vorab würde ich gern die Frage beantworten, warum Frauen die besseren Anleger sind.

 

1) Frauen sind weniger überoptimistisch als Männer

Männer agieren an den Kapitalmärkten überoptimistischer als Frauen, sie überschätzen sich und ihr Können, sie glauben öfter als Frauen, den Markt schlagen zu können. Dadurch handeln sie häufiger und riskanter. So zeigen Barber und Odean, dass 77 % der untersuchten Depots von Männern regelmäßig „gedreht werden“, bei den Depots der Frauen sind es nur 53 %. Frauen neigen seltener dazu, ihre Anlagekompetenz zu überschätzen.

Sie bleiben analytischer und treffen Entscheidungen auf Basis von Fakten, nicht aus einem Impuls heraus.

Das führt zu stabileren Portfolios und besseren Langfristerträgen.

 

2) Frauen agieren weniger – und fahren damit besser

Frauen unterliegen seltener dem evolutionspsychologisch bei Männern stärker ausgeprägten „Action Bias“. Sie handeln seltener und halten an einer einmal für gut befundenen Strategie fest– das erlebe ich auch bei unseren eigenen Kundinnen immer wieder.

Diese Disziplin schützt sie vor kurzfristigem Hin und Her, das oft nur unnötig Rendite kostet. Beim Investieren gilt: Weniger (Handeln) ist mehr (Anlageerfolg).

 

 

3) Frauen sind bei Marktschwankungen emotional stabiler

Zudem bewahren Frauen in Krisen eher die Ruhe und verfallen nicht in unnötigen Aktionismus. Auch das kann ich bei unseren Kundinnen immer wieder beobachten. Frauen verkaufen – wenn sie einmal gut aufgestellt sind und um die Notwendigkeit des langfristigen Durchhaltens wissen – seltener aus Angst, wohingegen Männer eher das Gefühl haben, etwas tun zu müssen.

Diese weibliche Gelassenheit zahlt sich aus: Wer Krisen durchsteht, profitiert von langfristigen Erholungen.

 

4) Frauen haben eine höhere Verlustaversion und streuen dadurch breiter

Frauen empfinden Verluste stärker negativ als Männer und haben eine höhere Verlustaversion. Das führt dazu, dass sie auf etwas konservativere, aber dadurch auch stabilere Strategien setzen. Das zeigt beispielsweise auch das Data Warehouse unserer Tochter quirion – dort allokieren Frauen mehr Anleiheanteile in ihren Portfolios als Männer. Frauen streben nicht nach dem schnellen Gewinn, sondern nach Stabilität und Sicherheit. Männer hingegen überschätzen oft die Chance und unterschätzen das Risiko („Optimism Bias“).

Das Problem: Obwohl Frauen die besseren Anleger sind, investieren sie seltener – nicht aus mangelndem Wissen (auch wenn sie das manchmal als Grund angeben, siehe quirion-Studie), sondern aus fehlendem Vertrauen in sich selbst. Dieses Phänomen bezeichnet man auch als Confidence Gap. Die Ursachen dafür reichen von geringer finanzieller Sozialisation über zu wenig weibliche Vorbilder bis hin zu stereotypen Rollenbildern.

Sie führen dazu, dass 2022 in einer Befragung, die die Marktforschung puls für uns erhoben hat, 54 % der Frauen angaben, gar kein Geld angelegt zu haben – mehr als jede zweite Frau.

Diese weibliche Zurückhaltung ist paradox, denn Frauen, die investieren, schneiden oft besser ab als die Männer. Das belegen auch Barber und Odean. So reduzieren Männer ihre Nettorendite durch übermäßiges Handeln jährlich um sage und schreibe 2,65 %, die Frauen nur um 1,72 % – wobei das „nur“ hier mit Vorsicht zu genießen ist, denn auch diese Renditeeinbuße ist unnötig und summiert sich über die Zeit, wie die folgende Grafik zeigt.

Unterm Strich bedeutet das, dass die Frauen deutlich erfolgreicher unterwegs sind und die Männer etwa 1 % Nettorendite pro Jahr mehr einbüßen als die Frauen. Witzigerweise fallen die Zahlen bei Singlemännern noch einmal höher aus – sie liegen mit ihren Renditen sage und schreibe 1,44 % unter denen der Singlefrauen.

Klingt nach wenig? Macht im Laufe der Zeit aber extrem viel aus. Allein in zehn Jahren ist das ein Unterschied im Anlageerfolg von mindestens 14,4 %, de facto sogar noch deutlich mehr, wenn man den negativen Zinseszinseffekt berücksichtigt. Diese Zahlen zeigen also, dass Frauen die besseren Anleger sind. Sie handeln überlegter, gelassener und treffen realistischere Einschätzungen. Paradoxerweise sind sich viele Frauen dieser Stärken nicht bewusst – oder sie trauen sich nicht, sie zu nutzen.

Dabei sind gerade Frauen aufgrund verschiedener struktureller Nachteile beim Vermögensaufbau darauf angewiesen, sich mehr zu trauen, stärker auf die Renditechancen der weltweiten Kapitalmärkte zu setzen: Denn erstens werden Frauen älter als Männer, und ein längeres Leben bedeutet, dass man mehr Geld braucht. Zweitens erleben viele Frauen – auch im Jahr 2025 noch – einen Karriereknick, weil sie mehr Care-Arbeit übernehmen, öfter in Teilzeit arbeiten, länger Elternzeit nehmen etc. Und drittens verdienen Frauen immer noch weniger als Männer, was auch zu einer geringeren Rente führt.

Was lernen wir nun aus all dem?

In der modernen Geldanlage kommt nicht unbedingt der schnellste oder kühnste Jäger zum Erfolg, sondern oft diejenige, die überlegt handelt, Risiken realistisch einschätzt und auf Ausdauer setzt. Frauen beweisen in Studien wie in der Praxis genau diese Stärken: Sie investieren ruhiger, langfristiger und mit mehr Disziplin – und erzielen so oft bessere Ergebnisse. Männer bringen dafür mehr Selbstvertrauen, Entscheidungsfreude und Umsetzungswillen mit – Eigenschaften, die gerade Frauen noch stärker kultivieren könnten.

Was wir also brauchen, ist kein Wettlauf der Geschlechter, sondern ein Austausch der Stärken. Frauen dürfen ruhig mehr jagen – und Männer auch mal innehalten.

Denn am Ende zählt nicht, wer schneller losrennt, sondern wer klüger anlegt.

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