Was ist von den italienischen Parlamentswahlen zu erwarten?

  • Die italienischen Parlamentswahlen finden am 4. März statt
  • Umfragen zufolge wird keine Partei in der Lage sein, die Regierungsmehrheit zu sichern
  • Silvio Berlusconis Mitte-Rechts-Koalition dürfte die meisten Stimmen erhalten
  • Der FTSE MIB bleibt stabil, der EURUSD gerät vor den Wahlen unter Druck

XTB: Am 4. März werden die Italiener zu den Wahllokalen gehen, um an den Parlamentswahlen teilzunehmen. Da der Euroskeptizismus in der drittgrößten Wirtschaft Europas zunimmt, könnte der mögliche Sieg des Anti-Establishments und populistischer Parteien eine Gefahr für die Europäische Union darstellen.

In dieser Analyse werfen wir einen genaueren Blick auf die Wahlprognosen und deren mögliche Auswirkungen auf den ITA40 und den EURUSD.

Wie sind wir dorthin gekommen?
Im Jahr 2016 schlug der ehemalige italienische Premierminister Matteo Renzi eine Reihe von Verfassungsreformen vor, über die später von der italienischen Bevölkerung in einer Volksabstimmung abgestimmt wurde.

Renzi erklärte, dass er, falls er das Referendum verlieren würde, von seinem Posten zurücktritt. Als dies der Fall war, wurde er von einem Mitglied seiner Partei, Paolo Gentiloni, ersetzt. Zu den von Renzi vorgeschlagenen Reformen zählte das neue Wahlsystem, das die Unterschiede zwischen den Wahlsystemen für das Ober- und Unterhaus des italienischen Parlaments ausgleichen sollte.

Gentilonis Regierung arbeitete im Laufe des Jahres 2017 an der Ausarbeitung eines neuen Wahlgesetzes, welches schließlich im Oktober 2017 verabschiedet wurde. Am 28. Dezember 2017 wurde das italienische Parlament von Präsident Mattarella aufgelöst. Die nächsten Parlamentswahlen finden am 4. März statt.

Rosatellum: Das neue Wahlsystem
Die bevorstehenden Parlamentswahlen werden die erste Wahl unter dem neuen Wahlsystem Rosatellum sein. Es gibt nur wenige Unterschiede gegenüber dem vorherigen System, allerdings sind diese umso bedeutender.

Vor allem ist das neue Wahlsystem eine Mischung aus zwei anderen Wahlsystemen. Mehr als ein Drittel der Sitze im Abgeordnetenhaus und im Senat wird in den einzelnen Mitgliedsbezirken über das Mehrheitswahlsystem vergeben. Bei dieser Wahlmethode gewinnt der Kandidat, der die meisten Stimmen erhält.

Dies wird für 232 Sitze im Abgeordnetenhaus und 116 Sitze im Senat der Fall sein. Die verbleibenden Sitze werden durch eine regionale Verhältniswahl gewährt und etwa 2% aller Mitglieder in beiden Kammern werden von den im Ausland lebenden Italienern gewählt.

Der wahrscheinlich wichtigste Unterschied gegenüber dem früheren System besteht jedoch darin, dass das Rosatellum bereits angekündigte Mainstream-Koalitionen favorisiert (jene, die an den gleichen Wahllisten teilnehmen werden), da den populistischen Parteien erfahrene Kandidaten fehlen, die in den lokalen Wahlkreisen erfolgreich sein könnten.

Die Einstiegsschwelle für die Koalition wurde auf 10% festgelegt, während sie für einzelne Parteien 3% beträgt. Des Weiteren erhält unter dem Rosatellum-Gesetz eine Partei oder Koalition mit 40% der Stimmen nicht automatisch die Mehrheit, so wie es im früheren Wahlsystem der Fall war.

Wer macht mit?
Bei den kommenden Wahlen geht es vor allem um folgende sechs Hauptparteien:

MoVimento 5 Stelle
Die MoVimento 5 Stelle (M5S, Fünf-Sterne-Bewegung) ist eine Anti-Establishment-Gruppe unter der Leitung von Luigi Di Maio. Zu den Vorschlägen gehören die Einführung eines monatlichen Mindesteinkommens von 780 Euro und die Neuverhandlung des Europäischen Fiskalpakts.

Darüber hinaus hat die Partei von Di Maio angekündigt, dass sie, sobald sie die Wahlen gewonnen hat, über 400 Gesetze aufheben wird, was zum Beispiel Italienern einen früheren Ruhestand ermöglichen würde. Abgesehen davon soll die Fünf-Sterne-Bewegung die Beziehungen des Landes zu Russland verbessern.

Forza Italia
Forza Italia (FI) ist eine Mitte-Rechts-Partei unter der Führung des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Berlusconi selbst darf jedoch aufgrund der Steuerbetrugsurteile bei den Wahlen nicht selbst antreten. Die Gruppe will eine parallele Währung für den inländischen Gebrauch einführen, während der Euro für die internationalen Transaktionen beibehalten werden soll.

Darüber hinaus will sie eine einheitliche Einkommensteuer für Unternehmen und Privatpersonen einführen sowie die Steuern auf Immobilien, Erbschaft und Kapitalertrag abschaffen. Die Partei erklärt auch, dass sie die Ankunft neuer Einwanderer blockieren werde.

Lega Nord
Lega Nord (LN) ist eine von Matteo Salvini geführte radikale rechte Partei. Sie sieht vor, den Europäischen Fiskalpakt abzuschaffen und einen Pauschalsteuersatz von 15% einzuführen.

Darüber hinaus wollen die Vertreter der Partei Einwanderungsfragen durch das Zurückschicken von 100.000 illegalen Einwanderern jedes Jahr stoppen. Auch eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland soll angestrebt werden.

Fratelli d’Italia
Fratelli d’Italia (FdI) ist eine rechtsradikale Partei mit neo-faschistischen Wurzeln unter der Leitung von Giorgia Meloni. Sie ist das südliche Äquivalent der Northern Light Party und ihre Vorschläge sind mehr oder weniger die gleichen.

Die Demokratische Partei
Die Demokratische Partei (PD) ist eine Mitte-Links-Partei angeführt von Matteo Renzi, dem ehemaligen Ministerpräsidenten, der sein Amt niedergelegt hat. Zu den Vorschlägen gehört die Anhebung des Mindestlohns, die Abschaffung des Europäischen Fiskalpakts sowie die Erhöhung des Haushaltsdefizits auf 3% des BIP-Wertes des Landes. Die Partei wird als pro-europäisch angesehen.

Liberi e Uguali
Liberi e Uguali (LeU) ist eine linke Partei, die von Pietro Grasso geführt wird. Eine Partei, die Politiker vereinigt, die Matteo Renzis Gruppe verlassen haben. Sie schlägt vor, die Reformen bezüglich Arbeit und Renten aufzuheben und die öffentlichen Ausgaben anzuheben.

Mangel an erfahrenen Kandidaten
Wenn man sich die jüngsten Umfragen anschaut ist zu erkennen, dass der Abstand zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und der Demokratischen Partei in letzter Zeit zugenommen hat. Auch wenn die M5S die Führung in der Hand zu haben scheint, könnte es bei den lokalen Wahlkreisen zu Problemen kommen, da es keine erfahrenen Kandidaten gibt.

Dies ist ein entscheidender Faktor, um beim Mehrheitswahlrecht Erfolg zu haben. Man sollte auch bedenken, dass etwa 30-40% der Wähler noch unentschieden sind, daher kann das Endergebnis deutlich von den aktuellen Umfragen abweichen.

Wer verbündet sich mit wem?
Wie wir bereits erwähnt haben favorisiert das neue Wahlsystem Koalitionen gegenüber einzelnen Parteien. Daher werden wir bei den kommenden Wahlen Gruppen zusammenkommen sehen, um sicherzustellen, dass die Schwelle überschritten wird.

Es gibt jedoch zwei große Parteien, die sich weigern mit anderen Parteien eine Koalition zu bilden und werden daher unabhängig voneinander versuchen ihre eigenen Ziele zu erreichen. Diese Parteien sind die Fünf-Sterne-Bewegung und die Liberi e Uguali (LeU).

Die anderen Parteien gruppieren sich in zwei Hauptkräfte. Die Mitte-Links-Koalition wurde von der Demokratischen Partei und einigen kleineren Parteien wie “More Europe” oder “Together” gebildet. Auf der anderen Seite haben wir Mitte-Rechts-Gruppierungen wie Forza Italia, Fratelli d’Italia und Lega Nord.

Den jüngsten Umfragen zufolge wird die Mitte-Rechts-Koalition unter der Führung von Silvio Berlusconis Forza Italia bei den kommenden Wahlen voraussichtlich die meisten Stimmen erhalten. Aber selbst wenn das von den Umfragen angekündigte Ergebnis wahr wird, wird keine Koalition unabhängig regieren können.

Kommentatoren sagen, dass zur Vermeidung von Neuwahlen Mitte-Links-Parteien und Mitte-Rechts-Parteien eine breite Koalition bilden können. Angesichts der Unterschiede in den Zielen jeder dieser Koalitionen, die darauf abzielen die Funktionalität der Regierung zu erreichen, ist dieser Weg als höchst fragwürdig anzusehen.

Wie könnte das Ergebnis die Aktienmärkte beeinflussen?
Ein möglicher Sieg der Parteien des rechten Flügels könnte der italienischen Wirtschaft schaden, da sie einige der Reformen, die die Aussichten für die öffentlichen Finanzen verbessert haben, rückgängig machen wollen.

Auf der anderen Seite kann das Ergebnis zu einem “hängenden Parlament” führen (wenn keine absolute Mehrheit erreicht wird), das eine politische Sackgasse verursacht und daher die Fähigkeit zur Einführung neuer Reformen einschränkt. Interessanterweise, als Renzi das Referendum verlor, war eine negative Reaktion kurzlebig und die Märkte stiegen schnell wieder an.

Damals war die Situation jedoch anders: Der ITA40 konsolidierte knapp über seinen Tiefstständen und eine Verringerung der Unsicherheit diente als Auslöser für eine Rallye.

ITA40 Chart 02.03.2018

Der ITA40 eröffnete nach dem Volksentscheid von Renzi deutlich tiefer, schloss allerdings relativ schnell das Gap und war in der Lage den Aufwärtstrend wieder aufzunehmen. Quelle: xStation 5

Dieses Mal gibt es Potenzial für eine Kopf-Schulter-Formation sowie Abwärtsdruck an den globalen Märkten. Beachten Sie, dass der ITA40 trotz politischer Unsicherheit immer noch deutlich besser abschneidet als der DE30. Ein Durchbruch der Unterstützungszone bei 22.000 könnte allerdings weitreichende Auswirkungen haben.

DAX VS ITA40 Chart 03.02.2018
Der ITA40 sieht im Vergleich zum DE30 relativ fragil aus. Quelle: xStation 5

Der EURUSD durchbrach nach dem Druck der Double-Top-Formation die Unterstützung an der 1,22-Marke. Der bullische Trend könnte auf dem Spiel stehen, wenn der US-Dollar weiter aufwertet.

Wir sehen eine Kombination von Unterstützungen zwischen 1,2080 und 1,2100: Lokale Höchststände von Anfang Januar, eine untere Grenze des Aufwärtstrendkanals und ein 150er Moving Average.

EUR/USD Chart 02.03.2018
Der EURUSD gerät durch eine Double-Top-Formation unter Druck und findet im Bereich der 1,21 wichtige Unterstützungen Quelle: xStation 5

 

Wann können wir erwarten, dass das Ergebnis veröffentlicht wird?
Die Abstimmung findet am Sonntag, den 4. März statt. Die Wahllokale werden von 7:00 Uhr bis 23:00 Uhr geöffnet sein. Vor diesem Hintergrund können wir erwarten, dass erste Umfragen innerhalb einer Stunde nach der Schließung der Wahllokale veröffentlicht werden. Das offizielle Ergebnis wird jedoch voraussichtlich erst am Montag um 14:00 Uhr bekanntgegeben.

 

Tipp der Redaktion: Italien vor der Wahl – strukturelle Probleme hemmen Wirtschaft

 

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