Wende in der Geldpolitik durch Inflation

– Volkswirt Martin Hüfner über den „Schock der Märkte“ durch die Zentralbanken

– „Kapitalmarktzinsen vor Anstieg, Aktien erhalten neuen Dämpfer“

Martin Hüfner, volkswirtschaftlicher Berater des führenden österreichischen Discount-Brokers direktanlage.at, ist der Meinung, dass die Ankündigung der Notenbanken, die Zinsen schon jetzt zu erhöhen, die Märkte auf dem falschen Fuß erwischt habe. Er rechnet mit einem weiteren Ansteigen der Kapitalmarktzinsen.

Die Zentralbanken der USA und Europas hätten die Märkte in den letzten Wochen mit zwei Ankündigungen „geschockt“, so Hüfner: „Die eine war, dass sie die Zinsen erhöhen wollen. Die andere war, dass sie – vor allem die Amerikaner – nun endlich der Dollarschwäche entgegentreten wollen, notfalls auch mit Interventionen – wie es der US-Finanzminister sagte. Beides hat das Ziel, die aufkeimende Inflation zu bekämpfen. Die beiden Botschaften haben die Märkte auf dem falschen Fuß erwischt.“

Um das Ausmaß des Umschwungs zu verstehen, müsse man sich die bisherigen Erwartungen in Erinnerung rufen. Bisher seien die Märkte davon aus gegangen, dass die amerikanischen Zinsen nach der starken, teilweise dramatischen Senkung im ersten Halbjahr zunächst einmal einige Zeit unverändert bleiben würden. Erst vielleicht in einem Jahr, wenn sich auch die Konjunktur wieder erholt, könnten sie vorsichtig angehoben werden. „Nach demselben Denkmuster müssten die Europäische aber auch die Schweizer Notenbank erst einmal die Zinssenkung in den USA nachvollziehen, wenn auch nicht in demselben Maße. Eine erneute Anhebung wäre frühestens Ende nächsten Jahres zu erwarten“, so Hüfner.

„Das fundamentale Umfeld hat sich verändert“

Dies stimme aber nicht mehr, da sich das fundamentale Umfeld verändert habe. Laut Hüfner habe die Inflation alle zyklischen Muster der Vergangenheit über den Haufen geworfen. Sie ist in den letzten Monaten deutlich nach oben ausgebrochen. Die Inflation liegt im Euroland auf dem höchsten Stand seit Sommer 1992.

Der direktanlage.at-Berater: „Es ist sehr schwer zu sagen, wie weit die Notenbanken mit ihrer Restriktion gehen müssen, um die Inflationsgefahren in den Griff zu bekommen. Bini Smaghi aus dem Direktorium der EZB sagte etwa, dass eine Erhöhung der Zinsen um 25 Basispunkte ausreiche, um die Inflation im nächsten Jahr auf 2 Prozent zu drücken. Das glaubt ihm niemand. Es ist nur eine Beruhigungspille für die Märkte.“

Eine solche Wende in der Geldpolitik habe erhebliche Konsequenzen und werde zu Konfrontationen führen. Hüfner: „Die Konjunktur wird unter dieser Entscheidung leiden. Auch in der Bank- und Immobilienkrise ist keine Unterstützung von der Notenbank mehr zu erwarten. Die Zentralbanken sind der Meinung, dass die systemischen Risiken überwunden sind. Jetzt geht es darum, dass die Kreditinstitute ihre Häuser selbst in Ordnung bringen.“

„Konfrontation zwischen der EZB und der Fed kaum vermeidbar“

Für den Volkswirt wird es vor allem beim Dollar besonders spannend: „Hier ist eine Konfrontation zwischen der EZB und der Fed kaum vermeidbar. Derzeit sieht es so aus, als sei die EZB bei der Inflationsbekämpfung entschlossener als die Fed. Wenn es die Amerikaner aber ernst damit meinen, dass sie die Dollarschwäche bekämpfen wollen, dann müssen sie die Zinsen schneller und stärker als die EZB anheben. Ich bin unsicher, wie das am Ende ausgeht.“

Was rät Hüfner den Anlegern? „Die langfristigen Kapitalmarktzinsen werden weiter ansteigen“, sagt er voraus. „Renditen von 4,6 Prozent in Euroland, 3,3 Prozent in der Schweiz oder 4,2 Prozent in den USA sind verglichen mit der gegenwärtigen Inflation zu niedrig. Die Aktienmärkte hatten mit dem Abflauen der Bankenkrise gerade etwas Luft bekommen. Jetzt erhalten sie einen neuen Dämpfer. Aktien werden erst wieder grünes Licht erhalten, wenn ein Ende der Zinsanhebung absehbar ist.

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