MDAX und SDAX im Vergleich zum DAX: Unterbewertetes Potenzial im Euroraum?

Size-Rotation ante Portas? Euro-Aktien erleben derzeit eine Renaissance. Während die US-Leitindizes zum Jahreswechsel in den Korrekturmodus umgeschaltet haben, erklimmen viele Börsenbarometer aus dem Euroraum bis zuletzt neue Höchststände. Die jüngsten massiven Ausgabenpakete für Rüstung (Deutschland, EU) und Infrastruktur (Deutschland) haben die Fantasie der Anleger zusätzlich beflügelt.

Mit einer klugen Wirtschaftspolitik ist hier vieles möglich.

Dies erfordert allerdings, dass die notwendigen Strukturreformen beherzt in Angriff genommen werden.

An den hiesigen Aktienmärkten wurden bereits viele Vorschusslorbeeren verteilt.

Im Fokus Aktien: Größe ist nicht alles, oder?

 

Insbesondere die hochkapitalisierten Werte führen in der seit Herbst 2022 laufenden Hausse die Performancerangliste an.

Inzwischen ist aber auch der im internationalen Vergleich lange Zeit unterbewertete DAX teuer.

Was liegt also näher, als einen Blick in die zweite und dritte Reihe zu den Midund Small-Caps zu werfen?

Der DAX und seine Geschwister – welche Sektoren dominieren?

Der DAX ist das bekannteste deutsche Börsenbarometer. Seit der Indexumgestaltung im September 2021 umfasst er die nach Marktkapitalisierung 40 größten Unternehmen. Im Gegenzug wurde der MDAX (Mid-Cap-DAX) von 60 auf die 50 nächstgrößeren Werte reduziert. Im SDAX (Small-Cap-DAX) werden 70 kleinere Werte zusammengefasst.

 

Tipp: Beobachten Sie alle Insidertrades in der DAX-Familie!

 

Im Fokus Aktien: Größe ist nicht alles, oder?

 

Die drei Indizes unterscheiden sich somit hinsichtlich der Größe der enthaltenen Unternehmen. Wie aber sieht es hinsichtlich der Sektorzusammensetzungaus? Gemeinsam haben alle drei, dass die Industrie der dominierende Sektor ist.

Im MDAX ist das Gewicht mit 33 % am höchsten.

Da im Mid-Cap-Index Grundstoffe mit rund 14 % und zyklischer Konsum mit rund 11 % gewichtet sind, ist der Index sehr zyklisch aufgestellt.

Dagegen ist der Technologiesektor im Vergleich zu den Largeund Small-Cap-Pendants unterrepräsentiert.

Der SDAX verfügt von allen drei Barometern mit knapp 23 % über den höchsten Technologieanteil.

Die Performanceunterschiedein der seit Herbst 2022 laufenden Hausse sind jedoch nicht allein auf die unterschiedliche Gewichtung der einzelnen Sektoren zurückzuführen.

Auch innerhalb eines Sektors kann die Performance – aufgegliedert nach DAX, MDAX und SDAX – stark streuen.

Dabei lagen in manchen Fällen die hochkapitalisierten Werte aus dem DAX klar vorne (Industrie, Technologie).

Im Fokus Aktien: Größe ist nicht alles, oder?

 

In anderen Bereichen machten mittlere (Finanzen, nichtzyklischer Konsum) oder kleinere Titel (Grundstoffe) das Rennen.

Größe ist somit nicht alles!

Unterschiedliche Konjunktur- und Wachstumssensitivität

Wie verhalten sich die jeweiligen Größenklassen inkonjunkturellen Aufund Abschwüngen? Die unterschiedlichen Phasen des Konjunkturzyklus haben wir am Diffusionsindex des ifo Geschäftsklimas festgemacht. Sowohl die Expansionsals auch die Kontraktionsphase haben wir nach zunehmender und abnehmender Dynamik unterteilt.

Insgesamt ergeben sich somit vier Phasen.

Im Fokus Aktien: Größe ist nicht alles, oder?

 

Für DAX, MDAX und SDAX wurde die Performance seit 1988 während unterschiedlichen Phasen berechnet und annualisiert, d.h. auf eine Jahresperformance umgerechnet. Auf den ersten Blick sind die Unterschiede zwar nicht gravierend. Langfristig machen sich Ertragsdifferenzen in der Größenordnung von drei bis vier Prozent aber durchaus bemerkbar.

In Phasen zunehmender Expansion liefen mittlere und kleine Werte etwas besser, in Phasen zunehmender Kontraktion etwas schlechter als der DAX.

Dass die Unterschiede nicht größer ausfallen, mag auch daran liegen, dass alle drei Indizes ein hohes Gewicht an Industrietiteln haben und die Industriekonjunktur in früheren Zyklen weltweit relativ synchron verlaufen ist.

Diesmal fällt Deutschland aber negativ auf. Schlagworte vom „kranken Mann Europas“ oder „Wachstumsschlusslicht“ machen die Runde.

Im Fokus Aktien: Größe ist nicht alles, oder?

 

In einem solchen Umfeld ist es von Vorteil, wenn ein möglichst geringer Anteil der Unternehmenserträge an der heimischen Wirtschaft hängt. Die DAX-Unternehmen erzielten im letzten Jahr, gewichtet nach Marktkapitalisierung, im Durchschnitt rund drei Viertel ihres Umsatzes außerhalb Deutschlands. Daher schlug die einheimische Konjunkturschwäche weniger durch und der DAX konnte überproportional zulegen.

Der MDAX kommt auf einen Auslandsumsatzanteil von rund 60 %.

Am stärksten hängen die SDAX-Unternehmen an der deutschen Wirtschaft.

 

SDAX Chart

 

Sie erzielen gut die Hälfte ihres Umsatzes im Inland.

Sollte es gelingen, mit den Ausgabenpaketen für Rüstung und Infrastruktur die heimische Wirtschaft anzukurbeln, wäre eine Outperformance der Smallund Mid-Caps durchaus plausibel.

Welche Rolle international unterschiedlich ausgeprägte Wachstumspfade für den deutschen Aktienmarkt spielen, wird deutlich, wenn man die relative Entwicklung zwischen MDAX und DAX bzw. zwischen SDAX und DAX mit dem relativen Wirtschaftswachstum Deutschlands gegenüber den großen Industrieländern (G7) vergleicht.

Im Fokus Aktien: Größe ist nicht alles, oder?

 

Schwächelte die deutsche Wirtschaft relativ zu den G7 Volkswirtschaften, liefen Smallund Mid-Caps schlechter als der DAX. Zeigte die hiesige Wirtschaft dagegen relative Stärke, waren MDAX und mit Abstrichen SDAX die Profiteure.

Dabei zeigte sich, dass langfristige Trends offenbar einen größeren Einfluss haben als kurzfristige zyklische Schwankungen.

Für die jüngste deutliche relative Schwäche des MDAX dürfte neben der schlechten Verfassung der deutschen Wirtschaft aber auch die Indexumgestaltung vom September 2021 eine Rolle gespielt haben, als der MDAX zehn Mitglieder an den DAX verlor.

 

MDAX und SDAX mit Bewertungsappeal

Bislang haben wir das Augenmerk auf die Performanceunterschiede der einzelnen Indizes und deren mögliche Ursachen gelegt. Für eine Investitionsentscheidung kommt es aber auch auf die Bewertung an. Wir haben das Konzept unseres Bewertungsindikators, der aus den Komponenten Kurs-Gewinn-Verhältnis, Kurs-Cashflow-Verhältnis, Kurs-Buchwert-Verhältnis und dem Kehrwert der Dividendenrendite besteht, auf MDAX und SDAX übertragen.

Dies erlaubt es, die Indizes – bei aller Unterschiedlichkeit – miteinander zu vergleichen.

Wie bereits in unseren letzten Aktienbeiträgen erwähnt, ist der DAX durch den dynamischen Kursanstieg der letzten Monate inzwischen aus seinem fairen Bereich nach oben ausgebrochen.

Auch wenn die Überbewertung nicht so stark ausgeprägt ist wie bei den US-Indizes, sind auch deutsche Blue-Chips inzwischen teuer.

Dagegen bewegen sich der MDAX und der SDAX gerade einmal am unteren Rand des fairen Bewertungsbandes.

Im Fokus Aktien: Größe ist nicht alles, oder?

 

MDAX Chart

Beide Indizes sind damit ausgesprochen moderat bewertet. Wer also grundsätzlich an den Fortbestand der Hausse glaubt, Standardwerte allerdings mittlerweile für zu teuer hält, findet in der zweiten und dritten Reihe noch interessante Gelegenheiten. Rein aus Bewertungsgesichtspunkten ist mittelfristig mit einer Outperformance von MDAX und SDAX zurechnen.

Dies bedeutet aber nicht, dass sich diese Indizes komplett vom DAX abkoppeln können.

Sollte der DAX eine Korrekturphase durchlaufen – etwa, wenn es nach der jüngsten Ankündigung von Autozöllen durch die US-Administration zu einer Eskalation des Handelsstreits mit den USA käme – würden auch die mittleren und kleineren Unternehmen von dessen Schwerkraft nach unten gezogen.

Outperformance von Midund Small-Caps hieße in diesem Fall, sie würden lediglich weniger stark fallen.

Unabhängig von kurzfristigen zyklischen Überlegungen erscheint allerdings zumindest eine Beimischung sinnvoll.

Dies gilt umso mehr, wenn man daran glaubt, dass die Wirtschaftsund Finanzpolitik in den kommenden Jahren zu einer Genesung des „kranken Mannes Deutschland“ beitragen wird.

 

DAX Chart

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