Trump und der DAX: Wie schwer trifft die Zoll-Krise deutsche Aktien?
Donald Trump verfolgt auch in seiner zweiten Amtszeit konsequent seine protektionistische Zollpolitik. Schon während der ersten von 2017 bis 2021 setzte der damalige US-Präsident auf Importzölle als geopolitisches und wirtschaftliches Druckmittel.
Im Jahr 2025 nun, mit seiner Rückkehr ins Weiße Haus, verschärfen sich die Handelskonflikte erneut – diesmal trifft es Europa und insbesondere die deutsche Exportwirtschaft deutlich stärker als in der Vergangenheit.
Der DAX geriet stark unter Druck: Bereits wenige Wochen nach Trumps Ankündigung neuer Strafzölle auf europäische Produkte verlor der deutsche Leitindex binnen weniger Tage 17% an Wert – allein an einem Handelstag sackte er intraday um 10% ab.
Auf Wochensicht summierte sich der Verlust auf über 8% – das war der heftigste Rückgang seit dem Ukraine-Krieg 2022 und vergleichbar mit den Auswirkungen der Covid-Pandemie 2020.
Trumps Zollpolitik und aktuelle Lage
Gegenüber China ist die Gangart noch schärfer: Hier werden bis zu 125% Strafzölle auf Importe erhoben – ein massiver Ausbau des Handelskonflikts zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt.
Diese Maßnahmen waren von Anfang an Teil einer Strategie, die auf maximale Verhandlungsmacht abzielt.
Im Zentrum steht Trumps Ziel, die US-Wirtschaft unabhängiger vom Ausland zu machen, Handelsdefizite abzubauen und die eigene Industrie zu fördern.
Für deutsche Unternehmen – vor allem in den exportstarken Branchen wie Automobil, Maschinenbau und Chemie – ist diese Zollpolitik ein schwerer Schlag.
Doch aktuell herrscht taktisches Kalkül: Trump hat die angekündigten Zölle für fast alle Handelspartner außer China für 90 Tage ausgesetzt.
Diese temporäre Aussetzung ist nicht als Entgegenkommen zu verstehen, sondern als Druckmittel, um die betroffenen Länder an den Verhandlungstisch zu zwingen.
Die EU hatte im Gegenzug bereits Verhandlungsbereitschaft signalisiert und ein Angebot unterbreitet, sämtliche Zölle auf Industriegüter beiderseits abzuschaffen – ein Vorschlag, der den Eskalationspfad hätte entschärfen können.
Trump aber zeigte sich unbeeindruckt. Seine zentrale Forderung: Die EU solle ihre Energieimporte aus den USA deutlich erhöhen, um das Handelsdefizit auszugleichen.
Aus Sicht der USA seien die Handelsbeziehungen mit Europa seit Jahren „unfair“, weil europäische Märkte – etwa für US-Agrarprodukte und Autos – aus Trumps Sicht zu wenig geöffnet seien.
Das transatlantische Verhältnis bleibt daher stark belastet.
Die 90-tägige Frist sorgt zwar für eine kurzfristige Entspannung an den Finanzmärkten, ist aber zugleich ein Damoklesschwert: Sollten die Verhandlungen scheitern, könnte der Handelskonflikt rasch wieder eskalieren.
Gerade für Deutschland, das stark vom Export abhängt, bleibt die Unsicherheit groß.
Die Märkte sind in Wartestellung – die Nervosität über mögliche nächste Schritte ist allgegenwärtig.
Deutschlands Exportabhängigkeit
Die deutsche Wirtschaft lebt vom Export.
Fast die Hälfte der deutschen Industrieproduktion wird ins Ausland verkauft – ein Wert, der unter den großen Industrienationen außergewöhnlich hoch ist.
Besonders wichtig ist dabei der US-Markt: Über 10% aller deutschen Ausfuhren gehen in die Vereinigten Staaten, was einem Handelsvolumen von rund 161 Mrd. Euro entspricht.
Jeder zehnte Euro, den deutsche Exporteure einnehmen, stammt aus dem Geschäft mit den USA.
Diese enge Bindung macht Deutschland besonders verwundbar für protektionistische Maßnahmen.
Zölle oder andere Handelsblockaden treffen direkt das Herzstück der deutschen Industrie – mit Auswirkungen auf Umsatz, Beschäftigung und Investitionen.
Entsprechend reagierte auch der Internationale Währungsfonds (IWF) auf die Zollrisiken: Er senkte seine Wachstumsprognose für Deutschland auf 0% – das schwächste Ergebnis unter den G7-Staaten.
Noch Anfang des Jahres hatte man mit einem Miniwachstum gerechnet.
Die Unsicherheit über die Zukunft des Außenhandels bremst Investitionen und belastet das Vertrauen der Unternehmen.
Langfristig drohen sogar strukturelle Schäden: Sollten die Zölle dauerhaft bestehen bleiben, könnte das deutsche Unternehmen dazu zwingen, Produktion oder Investitionen in andere Regionen zu verlagern.
Das hätte nicht nur Auswirkungen auf den Export, sondern auch auf Beschäftigung und Innovationskraft am Standort Deutschland.
Eine Rückkehr nach Deutschland zu einem späteren Zeitpunkt ist fast ausgeschlossen.
Politische Abhängigkeit
Donald Trump verknüpft wirtschaftliche Fragen gezielt mit sicherheitspolitischen Anliegen – eine Strategie, die Europa zusätzlich unter Druck setzt.
So droht er nicht nur mit Strafzöllen, sondern stellt auch die Verlässlichkeit der NATO infrage, wenn europäische Staaten – allen voran Deutschland – ihre Verteidigungsausgaben nicht wie gefordert erhöhen.
Diese Verknüpfung von Handels- und Sicherheitspolitik ist ein gefährliches Spiel.
Sie trifft Deutschland doppelt: Einerseits ist die deutsche Wirtschaft stark von den USA als Absatzmarkt abhängig, andererseits beruht Deutschlands Sicherheit wesentlich auf den Bündnisgarantien der NATO, also auch auf denen der USA.
Trump nutzt beide Abhängigkeiten als Druckmittel, um seine Ziele durchzusetzen.
Für Deutschland bedeutet das: Das Land steht zwischen den Fronten – wirtschaftlich eng mit den USA verflochten, politisch und militärisch auf die transatlantische Allianz angewiesen.
Diese Doppelbelastung verstärkt die Unsicherheit auf allen Ebenen: in der Wirtschaft, an den Finanzmärkten und in der Außenpolitik.
Langfristig führt diese Situation dazu, dass Europa – und insbesondere Deutschland – über strategische Alternativen nachdenken muss: etwa den Ausbau einer eigenständigeren Sicherheits- und Handelspolitik.
Doch kurzfristig bleibt die Abhängigkeit von den USA bestehen – und Trump weiß das für sich zu nutzen.
Mögliche Folgen für den DAX und deutsche Unternehmen
Die Reaktionen der Märkte auf Trumps Zollpolitik waren deutlich spürbar. Besonders exportorientierte Unternehmen geraten unter Druck – allen voran aus den Branchen Automobil, Maschinenbau und Chemie.
Dazu kommt die Nervosität an den Finanzmärkten, die für starke Schwankungen sorgt.
Die wichtigsten Auswirkungen im Überblick:
1. Exportbranchen im Visier
- Automobilindustrie: Strafzölle auf Autos aus der EU treffen deutsche Hersteller empfindlich. Besonders betroffen: Volkswagen, BMW, Mercedes-Benz. Diese Marken exportieren jährlich Fahrzeuge im Milliardenwert in die USA.
- Maschinenbau und Chemie: Zölle verteuern Produkte dieser Branchen, was zu Absatzverlusten führen kann. Getroffen werden vor allem Siemens, BASF, Covestro – Konzerne, die stark auf den US-Markt angewiesen sind.
2. Finanz- und Technologiesektor unter Druck
- Banken: Anleger fürchten eine Konjunkturabkühlung, die sich negativ auf den Finanzsektor auswirkt. Betroffen sind insbesondere Deutsche Bank, Commerzbank, deren Geschäft eng mit der Industrie verknüpft ist.
- Technologie: Globale Lieferketten werden durch die Zölle belastet. Unternehmen wie Infineon und SAP spüren die Auswirkungen, da sie auf internationale Vorprodukte angewiesen sind und eng mit US-Kunden verbunden sind.
3. Märkte schwanken heftig
- Volatilität: Kurse reagieren stark auf jede Wendung im Handelskonflikt – Hoffnungen auf Verhandlungen wechseln sich mit neuen Eskalationsängsten ab.
- Vertrauen verloren: Besonders zyklische Werte wie Daimler Truck, Continental und Heidelberg Materials sind anfällig, da sie stark von globalen Konjunkturzyklen abhängen.
4. Langfristige Risiken für den Standort Deutschland
- Investitionszurückhaltung: Unternehmen wie BASF oder Volkswagen, die Großinvestitionen planen, könnten Projekte auf Eis legen, bis Klarheit über die Handelspolitik herrscht.
- Strukturelle Schäden: Bleibt der Handelsstreit bestehen, könnten Hersteller wie BMW oder Siemens Teile ihrer Produktion ins Ausland verlagern, um Zölle zu umgehen – zum Nachteil des deutschen Standorts.
Insgesamt zeigt sich: Die Märkte reagieren nicht nur auf Fakten, sondern auch auf Stimmungen und Erwartungen.
Genau das macht die aktuelle Lage für Unternehmen wie für Anleger so herausfordernd.
Wer könnte profitieren?
- Rheinmetall: Der Rüstungskonzern zählt zu den möglichen Gewinnern. Trumps wiederholte Kritik an der NATO und die Forderung nach höheren Verteidigungsausgaben in Europa könnten die Nachfrage nach militärischer Ausrüstung und Technologien steigern – davon profitiert Rheinmetall direkt.
- Energiewerte wie RWE oder E.ON: Auch wenn die Zölle selbst diese Unternehmen kaum betreffen, könnten sie profitieren, falls Europa seine Energieversorgung diversifiziert, um geopolitische Abhängigkeiten – auch von den USA – zu verringern.
- Binnenorientierte Firmen: Unternehmen mit starkem Fokus auf den europäischen Markt oder den Binnenkonsum sind weniger anfällig für Handelskonflikte. Dazu zählen Deutsche Telekom, Vonovia oder HELLA (im MDAX) – Firmen, deren Geschäftsmodell wenig vom Export abhängig ist.
- Rohstoff- und Infrastrukturzulieferer: Unternehmen wie Strabag oder Vossloh könnten von verstärkten Infrastrukturinvestitionen innerhalb Europas profitieren, wenn als Reaktion auf die Handelskonflikte eigene Projekte forciert werden.
Gerade in Krisenzeiten verschieben sich Anlegerströme: weg von stark exportabhängigen Werten hin zu defensiven Branchen oder Unternehmen, die von geopolitischen Veränderungen direkt profitieren.
Chancen und Risiken für Anleger
Die aktuelle Handelspolitik der USA sorgt für hohe Unsicherheit und Volatilität an den Märkten. Exportabhängige deutsche Unternehmen bleiben unter Druck, solange das Risiko eines längerfristigen Handelskonflikts besteht.
Doch neben Risiken ergeben sich auch gezielte Chancen für Anleger:
- Diversifikation bleibt entscheidend: Wer sein Portfolio breit aufstellt – über verschiedene Regionen, Branchen und Anlageklassen –, kann Zollrisiken besser abfedern.
- Binnenorientierte Werte bevorzugen: Unternehmen mit starkem Fokus auf Europa oder den Heimatmarkt, wie Deutsche Telekom oder Vonovia, sind robuster gegenüber globalen Handelskonflikten.
- Schwellenländer stärker gewichten: Länder wie Indien oder Brasilien könnten von einer Verschiebung der globalen Handelsströme profitieren und neue Märkte erschließen.
- Rohstoffe und Edelmetalle als Absicherung: Gold und andere Rohstoffe bleiben in unsicheren Zeiten ein sicherer Hafen und können als Beimischung Stabilität ins Depot bringen.
Fazit und Ausblick
Gleichzeitig zeigen sich die politischen Abhängigkeiten Europas von den USA deutlicher denn je.
Trumps Strategie – Handel und Sicherheitspolitik zu verknüpfen – setzt Europa unter erheblichen Druck.
Für Anleger bleibt das Umfeld schwierig, aber nicht ohne Chancen: Wer flexibel bleibt, breit streut und auf stabile Geschäftsmodelle setzt, kann auch von einer möglichen Neuordnung der Märkte profitieren.
Der Ausgang der Handelskonflikte ist offen, doch klar ist: Die transatlantischen Beziehungen sowie die deutsche Wirtschaft selbst stehen vor einer großen Belastungsprobe, die sowohl politische als auch gesellschaftliche Auswirkungen haben wird.
DAX Chart
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