Buffetts letzter Coup: Berkshire Hathaway vor 10-Milliarden-Akquisition der Occidental-Petrochemie

Warren Buffett steht offenbar kurz vor einer der bedeutendsten Transaktionen seiner letzten Amtsjahre als CEO von Berkshire Hathaway. Nach Informationen der Financial Times befindet sich das Investmentkonglomerat in fortgeschrittenen Verhandlungen über den Erwerb von OxyChem, der Petrochemie-Sparte von Occidental Petroleum.

Mit einem geschätzten Kaufpreis von rund 10 Milliarden US-Dollar wäre es die größte Akquisition Berkshires seit der Übernahme des Versicherers Alleghany im Jahr 2022, die mit 11,6 Milliarden US-Dollar zu Buche schlug.

Der Deal fügt sich in ein bemerkenswertes Spannungsfeld: Während Buffett in den vergangenen Quartalen konsequent Aktien verkauft und Berkshires Cash-Berg auf historische 340 bis 350 Milliarden US-Dollar anwachsen ließ, deutet die OxyChem-Transaktion darauf hin, dass der legendäre Investor nun doch wieder eine strategische Verwendung für einen Teil dieser Liquidität gefunden hat.

Mit seinem für Ende 2025 geplanten Rücktritt als CEO könnte dies zugleich eines der letzten großen Investments sein, die Buffett persönlich verantwortet.

Transaktion in der Endphase: Barfinanzierung und zeitnaher Abschluss erwartet

Laut mit dem Vorgang vertrauten Personen stehen die Verhandlungen unmittelbar vor dem Abschluss – ein Deal könne binnen Tagen verkündet werden. Entscheidend für die Struktur der Transaktion: Berkshire plane, OxyChem vollständig in bar zu erwerben, ohne auf Aktientausch oder andere Finanzierungsinstrumente zurückzugreifen.

Diese Vorgehensweise unterstreicht zum einen die außergewöhnliche Finanzkraft des Konglomerats, zum anderen die strategische Absicht, die Sparte direkt und ohne verwässernde Effekte für bestehende Aktionäre zu integrieren.

Für Occidental Petroleum stellt der Verkauf einen weiteren Schritt in der bereits seit längerem verfolgten Portfoliobereinigung dar. Das Unternehmen kämpft mit einer Schuldenlast von etwa 24 Milliarden US-Dollar und hat wiederholt betont, sich auf sein Kerngeschäft in der Öl- und Gasförderung konzentrieren zu wollen.

Der Verkauf von OxyChem würde Occidental substanziellen Spielraum für den Schuldenabbau verschaffen und die Bilanz nachhaltig entlasten.

 

Occidental Petroleum Corporation Chart

 

 

OxyChem: 5 Milliarden USD Umsatz bei gedämpften Gewinnaussichten

Die zur Disposition stehende Petrochemie-Einheit OxyChem erwirtschaftete zuletzt einen Jahresumsatz von etwa 5 Milliarden US-Dollar. Das Geschäftsfeld umfasst die Produktion von Basischemikalien wie Vinylchlorid-Monomer, Chlor und Natronlauge – Produkte, die vor allem in der Bauindustrie, der Wasseraufbereitung und der Kunststoffherstellung Verwendung finden. Allerdings haben sich die Marktbedingungen in der Petrochemie deutlich verschlechtert: Für das laufende Jahr 2025 rechnen Analysten mit einem Vorsteuergewinn von OxyChem in einer Bandbreite zwischen 800 und 900 Millionen US-Dollar. Dies liegt merklich unter den Ergebnissen früherer Jahre, als die Sparte noch deutlich profitabler operierte.

Die gedämpften Gewinnerwartungen werfen Fragen zur Bewertung auf. Einige Marktteilnehmer äußern Skepsis, ob ein Kaufpreis von 10 Milliarden US-Dollar bei den aktuellen Ertragsperspektiven angemessen ist.

Andere hingegen verweisen auf die zyklische Natur des Chemiegeschäfts und sehen in der Transaktion eine typische Buffett-Strategie: langfristig orientiert, antizyklisch und mit Vertrauen in eine mittelfristige Erholung der Branche.

 

Strategische Einordnung: Berkshires Kehrtwende nach monatelangen Nettoverkäufen

Die geplante Akquisition markiert einen bemerkenswerten Kontrast zu Berkshires jüngster Investmentstrategie. In mehreren aufeinanderfolgenden Quartalen verkaufte das Konglomerat deutlich mehr Aktien als es zukaufte – ein Verhalten, das von Marktstrategen als Ausdruck von Vorsicht und mangelnden attraktiven Gelegenheiten interpretiert wurde. Besonders aufschlussreich: Berkshire reduzierte im vierten Quartal 2024 seine Positionen in Bank of America und Citigroup erheblich. Larry McDonald, ein bekannter Marktstratege, wertete dies als Warnsignal für den Bankensektor. Paul Dietrich von Wedbush interpretierte Buffetts anhaltende Verkäufe als Indikator für eine skeptische Markteinschätzung.

Umso bemerkenswerter erscheint vor diesem Hintergrund die Bereitschaft, 10 Milliarden US-Dollar für OxyChem aufzuwenden.

Die Transaktion lässt sich als gezieltes Engagement in einem operativen Industriegeschäft lesen – eine klassische Buffett-Präferenz für berechenbare Cash-Flows aus realwirtschaftlicher Tätigkeit anstelle volatiler Aktieninvestments in überbewerteten Märkten.

 

340 Milliarden US-Dollar Cash: Einsatz oder Hortung?

Kennzahl Wert Einordnung
Berkshires Cash-Bestand 340–350 Mrd. USD Historischer Höchststand
OxyChem-Kaufpreis ~10 Mrd. USD Größter Deal seit Alleghany (2022)
Cash-Einsatz ~3% des Gesamtbestands Moderat im Verhältnis zur Liquidität

 

Berkshires gigantischer Liquiditätsbestand von bis zu 350 Milliarden US-Dollar ist zum Gegenstand intensiver Debatten geworden. Kritiker werfen Buffett vor, zu passiv zu agieren und Rendite auf dem Tisch liegen zu lassen. Befürworter hingegen sehen in der Cash-Position strategische Geduld und Vorbereitung auf potenzielle Marktturbulenzen oder außergewöhnliche Kaufgelegenheiten.

Die OxyChem-Transaktion würde lediglich rund drei Prozent dieser Liquidität binden – ein Zeichen dafür, dass Berkshire auch nach dem Deal weiterhin über erhebliche finanzielle Feuerkraft verfügt.

 

Berkshire Hathaway Chart

 

Führungswechsel im Hintergrund: Greg Abels Ära beginnt

Die zeitliche Dimension des Deals erhält zusätzliche Bedeutung durch den für Ende 2025 angekündigten Rücktritt Warren Buffetts als CEO. Sein designierter Nachfolger Greg Abel wird dann das operative Ruder bei Berkshire Hathaway übernehmen. Der OxyChem-Deal könnte somit als eines der letzten großen persönlichen Investments Buffetts in die Geschichte eingehen – ein symbolischer Abschluss einer Ära, in der Berkshire zu einem der wertvollsten Unternehmen der Welt aufstieg.

Zugleich dürfte die Transaktion Abel Gelegenheit geben, die Integration eines substanziellen Industriegeschäfts zu verantworten und seine Fähigkeiten als künftiger CEO unter Beweis zu stellen.

Für Berkshire-Aktionäre stellt sich die Frage, ob die Investmentphilosophie unter Abel Kontinuität wahren oder neue Akzente setzen wird.

 

Marktreaktionen und kritische Stimmen

Die Reaktionen auf den potenziellen Deal fallen gespalten aus. Einige Analysten kritisieren, Occidental könnte OxyChem zu einem ungünstigen Zeitpunkt und unter Wert veräußern.

Die Petrochemie durchlaufe zwar einen zyklischen Abschwung, doch die strategische Bedeutung integrierter Wertschöpfungsketten werde möglicherweise unterschätzt.

Andere wiederum begrüßen die Transaktion als pragmatische Lösung sowohl für Occidental – das dringend Schulden abbauen muss – als auch für Berkshire, das endlich wieder eine substanzielle Investitionsmöglichkeit identifiziert hat.

Bemerkenswert ist auch, dass Berkshire parallel zum OxyChem-Deal im vierten Quartal 2024 eine neue Position in Constellation Brands aufbaute – ein Zeichen dafür, dass Buffett und sein Team durchaus aktiv nach Investmentchancen suchen, jedoch hochselektiv vorgehen.

 

 

Occidental Petroleum Allzeit Chart

Occidental Petroleum Allzeit Chart

Fazit: Strategische Wende oder taktischer Zukauf?

Der geplante Erwerb von OxyChem durch Berkshire Hathaway lässt sich als kalkulierter Schritt in einem anspruchsvollen Marktumfeld interpretieren. Während Buffett in den vergangenen Quartalen überwiegend Aktien verkaufte und Cash anhäufte, deutet der Deal darauf hin, dass er bei operativen Industriegeschäften mit stabilen, wenn auch zyklisch gedämpften Cash-Flows wieder Opportunitäten erkennt. Die Transaktion fügt sich in Berkshires historisches Muster: antizyklisch investieren, langfristig denken und auf berechenbare Ertragsströme setzen.

Für Occidental Petroleum bietet der Verkauf einen dringend benötigten Befreiungsschlag zur Entschuldung.

Für Berkshire könnte OxyChem mittelfristig eine solide Ertragsquelle werden – vorausgesetzt, die Petrochemie findet zu profitableren Margen zurück.

Ob der Deal tatsächlich in den kommenden Tagen finalisiert wird und welche genauen Konditionen vereinbart werden, bleibt abzuwarten.

Sicher ist nur: die Finanzmärkte werden die Transaktion als weiteren Gradmesser für Buffetts Einschätzung der aktuellen Bewertungslage betrachten – und entsprechend genau beobachten.

 

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