Anleihen: Erst Enttäuschung nach Inflationsdaten, dann Hoffnung

Börse FrankfurtVor allem eine enttäuschende Kerninflation in den USA im September hat die Anleihekurse erneut auf Talfahrt geschickt. Die Renditen waren gestiegen.

So hatten zehnjährige US-Staatsanleihen in der Spitze mit 4,07 Prozent rentiert, die Pendants der Bundesrepublik mit 2,4 Prozent.

Aktuell steht die Bundrendite mit zehn Jahren Laufzeit bei 2,18 Prozent.

„Die Reaktion erscheint logisch, da größere Zinsschritte der Fed wahrscheinlicher werden“, kommentiert Hans-Joachim Lübbing von der Commerzbank das Geschehen nach Bekanntgabe der Inflationsdaten. Der Markt werde eindeutig durch US-Ereignisse dominiert.

„Die Marktteilnehmer rechnen inzwischen mit einem US-Leitzins von 5 Prozent“, erklärt Arthur Brunner von der ICF Bank.

Die Veröffentlichung des Protokolls der jüngsten Sitzung der US-Notenbank hatte zunächst noch die Erwartung geschürt, dass die Fed weniger forsch die Zinsen erhöhen würde.

 

 

Wage Hoffnungen nach Verkaufswellen

Tim Oechsner von Steubing berichtet, dass das Risikoverhalten von Tag zu Tag je nach Nachrichtenlage schwankt. Er beobachte jedoch vermehrt Tage mit höherer Risikoneigung.

„Die Stimmung bleibt extrem volatil, aber an den Anleihenmärkten scheint die wage Hoffnung größer zu werden, dass die in diesem Jahr gestarteten Ausverkaufswellen ihren Boden gefunden haben könnten.“ Das sei aber noch ein zartes Pflänzchen. Noch stiegen die Renditen. „Wir werden sehen, inwieweit vor allem die Zinserhöhungen schon eingepreist sind.“

Aktuell wird laut Oechnser an den Swap-Märkten eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte der Fed zu 100 Prozent in den Kursen berücksichtigt.

Zu Wochenbeginn hatte ein Beinahe-Crash britischer Pensionsfonds nach Einschätzung von Brunner für Verunsicherung gesorgt.

„Die Bank of England war gezwungen, die Märkte trotz der hohen Inflation zu stützen und Anleihen zu kaufen“, kommentiert Brunner. Bis einschließlich Ende dieser Woche werde dies fortgesetzt.

Mit dem Kurseinbruch britischer Staatsanleihen Ende September, nachdem die neue Regierung neue Kreditaufnahmen angekündigt hatte, um die Steuern senken zu können, mussten Fondsmanager Sicherheiten stellen. Diese waren nötig für ihre Investitionen in Hebelprodukte, in so genannte Liability-Driven Investings (LDI).

Um das Kapital für diese Sicherheiten zu generieren, verkauften die Pensionsfonds Staatsanleihen und befeuerten die Kursverluste damit weiter.

„Diese Ereignisse haben für massive Unruhe am Anleihemarkt gesorgt“, berichtet Brunner von den Marktreaktionen. „Am Donnerstagnachmittag setzte allerdings eine massive Gegenbewegung ein.“

Inzwischen sei die Lage etwas ruhiger.

 

Käufe von kurzlaufenden Unternehmensanleihen

Aktuell werden laut Brunner Staatsanleihen mit mehr Sicherheit gesucht: „Wir sehen Käufe von US-Staatsanleihen und Schweizer Staatsanleihen im großen Stil.“

Außerdem sind bei der ICF Bank kurzfristige Unternehmensanleihen mit Fälligkeiten auf ein oder zwei Jahre gefragt: Einmal mehr wird Grenke (XS1910851242) gekauft.

„Hier sind die Renditen inzwischen recht attraktiv“, erklärt Brunner. Auch BASF-Papiere mit Laufzeit 2025 und 0,875 Prozent Kupon (XS1823502650) gehören zu den Favoriten.

Außerdem greifen Anleger*innen bei Hornbach zu. Die Anleihe (DE000A255DH9) mit Laufzeit 2026 hat einen Kupon von 3,25 Prozent.

Bei der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank sind ebenfalls Unternehmensanleihen, aber vor allem Schuldtitel von Großunternehmen, gefragt: Darunter die Telekom mit einer Anleihe bis 2025 und 1,375 Prozent Kupon (XS1828032786).

Auch VW-Papiere, für die bis 2026 2,25 Prozent Kupon vereinbart sind, gehören zu den gekauften Papieren gefolgt von einer thyssenkrupp-Anleihe mit 2,875 Prozent Verzinsung pro Jahr bis 2024. „Hier haben wir viel Umsatz und Käufe“, berichtet Beate Mägerle.

Von hohen, nachrichtengetriebenen Umsätzen berichtet Oechsner bei Anleihen der Metalcorp Group S.A., einem Dienstleister für die Beschaffung, die Produktion, den Abbau und die Vermarktung von Metallen und Mineralien. Die Anleihe mit 8,5 Prozent und Laufzeit 2026 (DE000A3KRAP3) war von 86 auf 30 Prozent gefallen.

„Jetzt sehen wir bei 32 Prozent hohe Umsätze auf der Kauf- wie auf der Verkaufseite.“ Metalcorp kann eine Anleihe mit Fälligkeit Oktober 2022 nicht zurückzahlen und strebt eine Verlängerung der Laufzeit um ein Jahr an. Dafür solle der Kupon von 7 auf 8,5 Prozent erhöht werden.

Metalcorp lädt die Gläubiger nun zu einer Abstimmung darüber ein. „Eine Zustimmung von 50 Prozent der ausstehenden Schuldverschreibungen ist nötig für die Umsetzung“, erklärt Oechsner das Procedere.

 

 

Immobilien-Entwickler bleiben unter Druck

Wie am Aktienmarkt sind Immobilien auch am Anleihemarkt auf der Verkaufsseite. Mit der Aussicht auf weiter steigende Zinsen wird hier verkauft, erklärt Brunner. Er vermerkt vor allem Abgaben bei Preus-Papieren (DE000A254NA6), die auf 50 Prozent gefallen sind. „Im September hatten sie noch bei 70 gestanden, im Juni bei 80.“

Auch bei Beate Mägerles Kunden sind Immobilien-Titel auf den Verkaufslisten. Allen voran werden DIC Asset (DE000A2NBZG9) abgegeben. „Auch hier haben wir viel Geschäft.“

Außerdem ist Grenke auf den Verkaufslisten. Auf Wochensicht fällt die Anleihe mit Laufzeit 2023 und 0,625 Prozent Kupon von 87,40 auf 84,85 Prozent.

Der Ausstieg von Investor Lars Windhorst bei Hertha BSC belastet die Anleihe nach Einschätzung von Brunner. Das Schuldpapier (SE0011337054) , das bei 2023 läuft und mit 6,5 Prozent Kupon ausgestattet ist, ist zeitweise von 100 auf 95 gefallen. Inzwischen erholt es sich auf 96,50.

Am Mittwoch hatte Windhorst den Verkauf seiner Anteile am Fußballbundesligisten angeboten. Nach Medienberichten haben Investoren, die bereits an europäischen Clubs beteiligt sind, Interesse an einem Einstieg bei Hertha, darunter Patriots-Besitzer Robert Kraft und ein Konsortium, das kürzlich bei Chelsea eingestiegen ist.

Neuemissionen sind hingegen rar. „Es werden wenige Papiere mit überwiegend kurzen Laufzeiten von 1,5 bis 5 Jahren begeben“, beschriebt Oechsner.

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