Anleihen: Renditen nahe Mehrjahreshochs – alles ab 3 Prozent Rendite gefragt
Die Zinserwartungen wurden auch diese Woche weiter nach oben angepasst.
„Das ist vor allem mit Notenbankkommentaren, hartnäckig hohen Inflationsraten und nachlassenden Konjunktursorgen sowohl in den USA als auch in der Eurozone zu erklären“, stellt Ralf Umlauf von der Helaba fest.
So hat EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel in einem Bloomberg-Interview gerade davor gewarnt, die Hartnäckigkeit der Inflation zu unterschätzen – und damit auch die von Seiten der EZB notwendigen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung.
„Wir müssen daher möglicherweise energischer handeln.”
Und Bundesbankpräsident Joachim Nagel sieht bei den Zinserhöhungen im Kampf gegen die hohe Inflation unverändert Luft nach oben.
In den USA ist die Lage ähnlich. Die Fed-Präsidenten in Cleveland und St. Louis betonten, dass bei der nächsten Zinssitzung eine Erhöhung um nochmals 0,50 Prozentpunkte erwogen wird.
Damit würde die Fed das Tempo wieder erhöhen, Anfang Februar waren es nur 0,25 Prozentpunkte.
Höchster Stand seit Finanzkrise
„Wir haben diese Woche einen massiven Anstieg der Renditen gesehen“, berichtet Arthur Brunner von der ICF Bank. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren am Freitagmorgen mit 2,54 nach 2,35 Prozent vor einer Woche.
Damit nähert sich die Rendite den am letzten Handelstag 2022 erreichten 2,56 Prozent – der höchste Stand seit 2011.
Zweijährige Bundesanleihen haben mit 2,94 Prozent sogar den höchsten Stand seit der Finanzkrise erreicht.
US-Treasuries mit Laufzeit von zehn Jahren werfen aktuell wieder 3,89 Prozent ab nach 3,67 Prozent vor einer Woche
Zinshöhepunkt Mitte des Jahres?
„Ein dauerhafter Renditerückgang dürfte erst dann einsetzen, wenn die Notenbanken mehr Vertrauen haben, dass ihr Zinsniveau die Inflation nachhaltig auf das angestrebte Ziel senkt“, erklärt Analyst Hauke Siemßen.
Konkret prognostiziert die Bank nun eine Rendite von 2,6 Prozent für zehnjährige Bundesanleihen zur Jahresmitte und zum Jahresende 2 Prozent.
Bei den US-Treasuries erwartet sie 4 Prozent Ende des ersten Quartals, bis zum Jahresende dann aber wieder 3,5 Prozent.
Am liebsten kurze Laufzeiten
Anleger setzen weiter eher auf kurze und mittlere Laufzeiten und verkaufen lange, wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank feststellt. „Tendenziell werden Staatsanleihen abgegeben und Unternehmensanleihen gekauft, wegen des Renditevorsprungs.“
Auf den Abgabelisten stünden zum Beispiel Frankreich-Anleihen mit Kupon von 0,10 Prozent und Fälligkeit 2036 (FR0013524014), aber auch Spanien-Papiere.
Neue Staatsanleihen mit den jetzt höheren Kupons werden aber gerne genommen, wie Brunner berichtet. „Die Nachfrage nach Neuemissionen von Italien und der Slowakei war sehr gut.“
Laut Tim Oechsner von der Steubing AG setzen Anleger auf Papiere des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM (EU000A1Z99Q7, EU000A1U9944) sowie der European Financial Stability Facility EFSF (EU000A1G0DH5), alle mit Renditen um 3 Prozent.
„Energiesektor kommt gut an“
Viel um gehe diese Woche außerdem in Anleihen von Obotritia Capital (DE000A1616U7), bei nachgebenden Kursen. „Das Unternehmen hat die Zinszahlung für die Hybridanleihe mit unbegrenzter Laufzeit aufgeschoben.“
Schon vor der Meldung wurde das Papier ohne Stückzinsen gehandelt. Oechsner von der Steubing AG meldet gute Nachfrage nach Anleihen von RWE (XS2523390271) und der RCI Banque (FR001400F0U6).
ICF-Händler Brunner registriert viel Zuspruch für den 2027 fälligen Fresenius Medical Care-Bond mit 3,875 Prozent Kupon (XS2530444624). Zugelegt im Geschäft mit KMU-Bonds habe das Papier des Solarparkfinanzierers hep global mit 7,5 Prozent bis 2026 (DE000A3H3JV5).
Kursgewinne verzeichneten zudem Anleihen von SGL International (SE0015810759). „Es gibt ein Umtauschangebot des neuen SGL-Eigners zu einem Kurs von 102,70 Prozent.“