BRICS: Neubewertung unter Trump?

Die BRICS-Staaten streben seit langem danach, ihren globalen Einfluss unilateral und außerhalb von Institutionen wie dem IWF oder der Weltbank auszubauen. Chinas Außenpolitik kann auch unter dem Gesichtspunkt des Aufbaus von Koalitionen – insbesondere mit Ländern des Globalen Südens – betrachtet werden, um die Vereinten Nationen besser auf die eigenen Interessen auszurichten.

All dies ist nicht wirklich neu (so wurde beispielsweise 2015 die Gründung der New Development Bank (NDB) initiiert, um unabhängiger von westlich dominierten Institutionen und Kontrollmechanismen zu werden).

Aber Trumps nonchalante und gleichgültige Haltung gegenüber langjährigen Partnerschaften und Verbündeten der USA könnte neue Möglichkeiten eröffnen.

 

BRICS in der Zerreißprobe – alte Rivalitäten, neue Mitglieder

Es gibt jedoch einen großen Vorbehalt.

Die BRICS-Staaten sind kein Monolith und haben in vielen Fällen sogar konkurrierende Interessen.

Die offensichtlichste Feindseligkeit besteht zwischen China und Indien, aber auch unter der Oberfläche brodeln andere Spannungen.

Während Indiens Handel mit Russland in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen ist (um das Fünffache) und Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen laufen, ist Indien auch daran interessiert, enge Beziehungen zum Westen aufrechtzuerhalten.

Es hat Handelsabkommen mit der EFTA und zuletzt mit Großbritannien geschlossen. Das Land ist auch unzufrieden mit der engen „Freundschaft“ zwischen Russland und China.

Südafrika ist ebenfalls vorsichtig angesichts der bedeutenden Präsenz Chinas im Land durch Investitionen und Geschäftsinteressen.

Unter Trump sind die Beziehungen zwischen den USA und Südafrika jedoch in eine Eiszeit eingetreten, die Südafrika näher an China heranrücken lassen könnte – nicht unbedingt freiwillig.

Die Haltung Brasiliens ist oft ambivalent, obwohl sich die Beziehungen des Landes zu Russland und China unter Lula generell verbessert haben.

Schließlich bringt die Erweiterung der BRICS-Staaten im Jahr 2024 um Länder wie Saudi-Arabien und Iran – unter anderem – neue wirtschaftliche und geopolitische Rivalitäten in ein bereits komplexes Geflecht.

Trotz alledem bietet das derzeitige volatile Umfeld auch Chancen.

So könnte Brasilien beispielsweise als Nutznießer der Handelskonflikte hervorgehen, wenn China – und andere – mit Vergeltungsmaßnahmen gegen die US-Zölle reagieren und dabei einige der wichtigsten Wählergruppen Trumps ins Visier nehmen, beispielsweise Sojabohnen- und Rindfleischproduzenten.

Durch die Einführung von Zöllen auf US-Exporte dieser Produkte könnte Brasilien in die Bresche springen, um die Lücke zu schließen und das Vertrauen der Investoren zu stärken.

 

Deglobalisierung schreitet voran – China auf dem Vormarsch

Die Kürzung der US-Hilfen weltweit könnte China die Möglichkeit bieten, Länder stärker in seinen Einflussbereich zu ziehen – wie zuletzt in Kambodscha zu beobachten war.

In der Gesamtbetrachtung wird es jedoch schwierig sein, die USA kurz- und mittelfristig zu ersetzen.

Die Zolloffensive dürfte nicht von Dauer sein, auch wenn es mehr als wahrscheinlich ist, dass wir in eine Phase der beschleunigten Deglobalisierung eintreten.

Der Handel in anderen Währungen als dem US-Dollar hat zwar zugenommen, macht aber nach wie vor nur einen Bruchteil des gesamten Handels aus.

Die Skepsis des Westens gegenüber China – und innerhalb der BRICS-Staaten, wie oben erwähnt – bedeutet, dass eine Alternative zum US-Dollar in naher Zukunft unwahrscheinlich ist.

Der Dollar hat einen Vertrauensverlust erlitten, was sich in den zerbrochenen Korrelationen zwischen VIX und Treasuries sowie VIX/US-Dollar-Index zeigt.

Wir glauben jedoch nicht, dass sein Status als sicherer Hafen irreparabel beschädigt ist.

Es kommt darauf an, was von nun an geschieht.

Das Abkommen zwischen den USA und Großbritannien – wenn auch inhaltlich wenig substanziell – ist ein erstes positives Zeichen.

Trump hat auch schnell einen Rückzieher gemacht, nachdem er angedeutet hatte, Powell als Fed-Chef ablösen zu wollen.

Auch die aufgeschobenen Zölle gegen EU-Einfuhren und entsprechende Verhandlungen deuten darauf hin, dass der US-Regierung durchaus an tragfähigen und pragmatischen Lösungen gelegen sein dürfte.

 

Nicht alle BRICS glänzen: Fokus auf Indien und China

Wir sehen daher Chancen in ausgewählten BRICS-Ländern, jedoch nicht in der Gruppe als Ganzes.

Der Rückzug der USA schafft taktische, interessensgetriebene Möglichkeiten für mehr Zusammenarbeit, aber es gibt kaum Übereinstimmungen bei den Grundwerten oder strategischen Interessen.

Der vielleicht stärkste Zusammenhalt innerhalb der BRICS-Gruppe ist das Misstrauen gegenüber den USA und der westlichen Vorherrschaft – eine Situation etwa nach dem Motto „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“.

In Indien sehen wir starke langfristige Wachstumschancen, die durch die Verbesserung der Produktionskapazitäten, die demografische Entwicklung und eine wachsende Mittelschicht getrieben werden.

Das Konsumumfeld im Land ist eine Priorität der Regierung.

China ist ein eher taktisches Spiel mit großem Aufwärtspotenzial, aber Anleger müssen die Volatilität des Übergangs von einem export- und investitionsgetriebenen zu einem konsumgetriebenen Geschäftsmodell verkraften können.

Die Fantasie in Techwerten und zuletzt wieder ein positives IPO-Umfeld sorgen aber für ein verbessertes Sentiment an den chinesischen Aktienmärkten, das auch ausländische Anleger wieder vermehrt anlocken dürfte.

 

Marktkommentar von Marcus Weyerer, CFA, Director of ETF Investment Strategy EMEA bei Franklin Templeton

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