Im Vergleich: aktives versus passives Fondsmanagement

Quirin Privatbank: Wann haben Sie zuletzt ein Märchen angeschaut, gehört oder gelesen? Ich wette, das ist noch nicht so lange her, wie Sie jetzt vielleicht denken.

Denn des Öfteren laufen uns Geschichten über den Weg, beispielsweise wenn wir die Zeitung aufschlagen, die sich bei genauerer Betrachtung als nicht ganz zutreffend oder im schlechtesten Falle als Märchen entpuppen.

Insbesondere in turbulenten Börsenphasen lesen wir deshalb auch regelmäßig das Märchen von einem Retter in der Not.

Dieses Märchen ist entstanden, weil sich im Ringkampf der besten Geldanlagen regelmäßig zwei Kontrahenten gegenüberstehen.

Sie haben ein paar Gemeinsamkeiten – und doch trennen sie Welten. Sie buhlen gleichermaßen um die Gunst der Anlegenden.

Und einer der beiden erzählt dabei gerne das Märchen vom Retter in der Not.

 

 

Zwei Anlage-Philosophien: aktives versus passives Fondsmanagement

Um das Märchen zu verstehen, muss man folgendes wissen: Menschen, die langfristig ihr Geld vermehren wollen, sollten es in Aktien investieren. So partizipieren Anlegende am steten Wachstum von Unternehmen, deshalb werden Aktien auch Produktivkapital genannt, denn das Geld arbeitet, es ist produktiv.

Im besten Falle geschieht diese Investition nicht über Einzeltitel, sondern über ein breit gestreutes Aktien-Portfolio. So weit, so gut.

In Aktien zu investieren ist auf verschiedenen Wegen möglich, beispielsweise über das aktive oder über das (zu Unrecht so bezeichnete) passive Fondsmanagement.

Die Idee des aktiven Fondsmanagements besteht darin, durch geschicktes Agieren, beispielsweise durch das Auswählen besonders erfolgversprechender Einzeltitel oder durch das Abpassen besonders günstiger Ein- und Ausstiegskurse, die Rendite des Marktes zu übertreffen, also den Markt zu schlagen.

Im Gegensatz dazu beruht das passive Investieren nicht auf Trägheit oder Unwissenheit, wie der Begriff es im schlechtesten Falle mutmaßen lässt, sondern auf dem empirischen Wissen, dass niemand dauerhaft den Markt schlagen kann, weshalb es besser ist, direkt auf den gesamten Markt zu setzen.

Das passive Management verzichtet also auf kurz- und mittelfristige Prognosen, zum Beispiel wann sich welche Aktie wie konkret entwickeln wird. Ich bezeichne es daher lieber und treffender als prognosefreies Investieren.

Und nun zu dem Märchen, welches in turbulenten Börsenphasen gern erzählt wird: Nur aktives Fondsmanagement sei in der Lage, den Markt zu schlagen und für Anlegerinnen und Anleger eine Überrendite zu erzielen. Passives Investieren sei – wenn überhaupt – allerhöchstens in ruhigen Börsenphasen akzeptabel.

Spätestens wenn es an den Börsen ungemütlich wird, müsse ein Profi her – ein richtiger, ein aktiver Manager. Nur er könne das angelegte Geld sicher durch die stürmischen Fahrwasser der Kapitalmärkte lotsen. Er sei der Retter in der Not.

 

Börsengurus und Crashpropheten

Wie schon erwähnt wird dieses Märchen immer dann von Börsengurus, Crashpropheten und selbsternannten Experten hervorgeholt, wenn es an den Märkten über längere Zeit etwas unruhiger zugeht. Dann ist es regelmäßiger Bestandteil der medialen Berichterstattung.

Doch auch die Befürworter des passiven Investierens melden sich dort zu Wort. Diese wiederum sagen, dass ein maximal gestreutes internationales Aktiendepot der beste Krisenschutz ist und langfristig das beste Rendite-Risiko-Verhältnis bietet.

Infolgedessen bleiben die Anlegerinnen und Anleger oft ratlos zurück, da beide Seiten scheinbar gute Argumente vorbringen.

Was tun, fragen sie sich, wer von beiden hat recht, wo ist das Geld besser aufgehoben? Allerhöchste Zeit, etwas Licht ins Dunkel des Märchenwaldes zu bringen.

Das dachte sich auch Prof. Hartmut Walz, Verhaltensökonom mit Schwerpunkt Finanzen, und schrieb den Artikel „Fondsmanager sind chancenlos“, der am vergangenen Sonntag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erschienen ist.[1] Er lehrt an der Hochschule Ludwigshafen am Rhein u. a. zu den Themen Finanzkompetenz und Finanzdienstleistungen.

Zudem setzt er sich dafür ein, dass Deutschland zu einem besseren und faireren Ort für Anlegerinnen und Anleger wird. Das verbindet uns, das ist unsere gemeinsame Mission.

Über solche Mitstreiter und Weggefährten freue ich mich immer ganz besonders, vor allem weil Prof. Walz bei diesem Ringkampf – genau wie ich – ganz klar auf einer Seite steht, nämlich auf der Seite des prognosefreien Investierens.

 

 

Fünf Gründe, warum das aktive Management nicht überlegen ist

 

1. Im Durchschnitt alle Durchschnitt

Um das Märchen von der Überlegenheit des aktiven über das passive Management, insbesondere in Krisen, zu entkräften, führt Prof. Walz mehrere Argumente an, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.

So schreibt er, dass wir im Durchschnitt alle Durchschnitt sind, das heißt, sowohl das aktive wie auch das passive Management erwirtschaftet im Schnitt die Marktrendite – nicht mehr, nicht weniger.

Auf diese logisch zwingende Feststellung hat bereits William Sharpe, einer der Begründer der modernen Portfoliotheorie, vor Jahren hingewiesen.

 

2. Überrendite nur durch Zufälle

Zudem sagt Walz, dass die im aktiven Management versprochene Überrendite, wenn überhaupt, nur durch Zufälle erzielt werden kann. Nämlich einerseits durch Stock-Picking, sprich die geschickte Einzeltitelauswahl, oder andererseits durch Market-Timing, also das gezielte Ein- und Aussteigen in die Märkte zu besonders guten Kursen.

Beides gelingt nur den allerwenigsten Fondsmanagern dauerhaft – wem genau, ist zudem im Voraus unmöglich zu sagen. Auswertungen zeigen immer wieder, dass diese Erfolge so gut wie nie nachhaltig sind. Beim Market-Timing besteht zudem das Risiko, die besten Börsentage zu verpassen – und das kostet dann richtig Rendite.

Was es finanziell ausmacht, wenn man durch Market-Timing beispielsweise den besten oder nur wenige der besten Börsentage verpasst, zeigt Ihnen die nachfolgende Grafik:

 

 

3. Experten häufig überschätzt

Außerdem werden laut Walz Expertinnen und Experten häufig überschätzt. Anlegende haben hohe Erwartungen an die Profis der Geldanlage, die aber oft enttäuscht werden – die Folge ist eine Erwartungslücke.

Diese soll dann oft möglichst schnell geheilt werden, indem man dem nächsten Experten vertraut – ein Teufelskreis.

 

 

4. Hindsight-Bias und Survivorship-Bias

Sowohl der Blick in den Rückspiegel (Hindsight-Bias) als auch die Orientierung an den Siegern (Survivorship-Bias) sind schlechte Ratgeber und suggerieren zu Unrecht die Überlegenheit des aktiven Managements, führt Walz aus.

So erhalten Sieger und Verlierer unterschiedlich viel Aufmerksamkeit, was wiederum die Gesamtwahrnehmung verfälscht. Die wenigen guten Fonds, die den Markt geschlagen haben, werden sehr viel stärker beachtet, die vielen Fonds, die schlecht performt haben, werden oft heimlich still und leise geschlossen und verschwinden aus den Statistiken.

Dass es reiner Zufall ist, ob ein Fonds mehrere Jahre hintereinander gut performt, und dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass er das tut, zeigt die folgende Grafik. Von den Top-100-Fonds eines Jahres sind im darauffolgenden Jahr nur durchschnittlich acht Fonds wieder unter den Top 100.

 

 

5. Am Ende zählen die Kosten

Zu guter Letzt bringt Walz den entscheidenden Aspekt: Wenn aktives und passives Management im Durchschnitt beide die Marktrendite erzielen, dann kommt es für den Anlageerfolg einzig und allein auf die Kosten an. Und hier hat das passive Investieren eindeutig die Nase vorn.

Passives Investieren findet mithilfe von ETFs statt – und die sind unschlagbar günstig. Von herkömmlichen Banken werden sie kaum verkauft, weil sie zu wenig Marge bringen. Wir setzen sie hingegen sehr gerne ein, da sie die Kostenbelastung unserer Kundinnen und Kunden minimieren und die Renditechancen damit maximieren.

Dass sich das auf lange Sicht lohnt, zeigt die nachfolgende Berechnung. So unterscheidet sich der Anlageerfolg einer passiven Anlage bei uns im Haus (inklusive aller Kosten) von der im aktiven Management bei einem Vermögen von 200.000 Euro, einer Laufzeit von 10 Jahren und einer Rendite von jährlich 7 Prozent um sage und schreibe rund 27.000 Euro.

Und dabei waren wir in dieser Beispielrechnung bei den angesetzten Kosten für den aktiven Fonds noch sehr restriktiv – im Markt sind diese zum Teil deutlich teurer.

Auch Sharpe brachte diesen wichtigen Aspekt schon auf den Punkt: „Das einzige Kriterium zur Prognose der Wertentwicklung eines Fonds ist die Höhe seiner Kosten.“

 

 

Passives schlägt aktives Management

Den Ausführungen von Hartmut Walz ist somit nicht viel hinzuzufügen. Es zeigt sich immer wieder, dass das aktive Management dem passiven, prognosefreien Investieren nicht überlegen ist – weder in ruhigen Börsenphasen noch in turbulenten.

Stattdessen ist es schlichtweg teurer – und zwar deutlich. Und deshalb, liebe Leserinnen und Leser, kann ich Sie nur ermutigen, wenn Sie das nächste Mal das Märchen vom Retter in der Not hören, rufen Sie sich gerne meine Zeilen in Erinnerung.

Es gibt keinen Grund, auf aktives Management zu setzen, es sei denn, Sie wollen die Taschen des aktiven Managements füllen statt Ihre eigenen.

Investieren Sie stattdessen breit gestreut und bleiben Sie Ihrer einmal bewusst gewählten Anlagestrategie treu. Disziplin und Durchhaltevermögen sind neben einer weltweit diversifizierten Anlage die besten Erfolgsgaranten.

 

Autor: Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank und Gründer von quirion

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