Spanische Wirtschaft: Starkes Wachstum trotz politischer Unsicherheiten und Herausforderungen

Das spanische Bruttoinlandsprodukt stieg 2024 um gut 3% und damit erneut deutlich stärker als in der Eurozone mit 0,8%.

Dies ist teilweise noch ein Nachholeffekt nach dem massiven Einbruch während der Corona-Pandemie 2020. Spanien war hiervon besonders betroffen, auch weil der wichtige Tourismus damals nahezu zum Erliegen kam.

Zudem muss berücksichtigt werden, dass der Wohlstand Spaniens weiterhin niedriger ist als im europäischen Durchschnitt.

 

Märkte und Trends 2025: Spanien

 

Verwendet man den sogenannten tatsächlichen Individualverbrauch pro Kopf, liegt Spanien etwa 10% unter dem Durchschnitt der EU und beispielsweise Deutschland nahezu 20% darüber.

Dieses Konsummaß umfasst auch staatliche Leistungen wie Gesundheit oder Bildung, die direkt zugerechnet werden können.

Der tatsächliche Konsum wird damit genauer erfasst.

Der aktuell gute Lauf der spanischen Wirtschaft resultiert zudem aus strukturellen Vorteilen wie verhältnismäßig niedrigen Energiekosten für die Industrie.

Auch helfen weiterhin die großzügigen Transfers aus Brüssel im Nachgang der Corona-Pandemie.

Erstaunlicherweise hat die politische Instabilität das Wirtschaftswachstum bislang nicht wesentlich gebremst.

Die Minderheitsregierung der sozialistischen PSOE-Partei und der linken Sumar ist zerstritten.

2024 sind ein Fünftel aller Gesetzesvorhaben gescheitert.

Der Haushalt für 2025 steht immer noch nicht. Damit ist es schwierig, notwendige Mittel zu mobilisieren, z.B. für die Region Valencia nach der Flutkatastrophe.

Für eine absolute Mehrheit muss Ministerpräsident Sánchez sieben kleine Parteien gewinnen, ein schwieriges Unterfangen.

Zusätzlich häufen sich im Umfeld der PSOE-Partei Korruptionsvorwürfe.

Das Wirtschaftswachstum dürfte sich 2025 zwar abschwächen, mit schätzungsweise 2,2% aber einen ganzen Prozentpunkt höher ausfallen als in der Eurozone.

 

Märkte und Trends 2025: Spanien

 

Die Tourismusausgaben erreichten 2024 mit rund 127 Mrd. Euro einen neuen Höchststand, ein Ausgabenplus von fast 17%.

Dies entspricht einem Anteil am nominalen Bruttoinlandsprodukt von 8½%.

Die Zahl der ins Land kommenden Urlauber hat mit fast 95 Millionen das Vorkrisenniveau von 2019 überschritten.

Der spanische Tourismus wird weiterhin zum Wachstum des Landes beitragen.

Allerdings dürfte die Dynamik aufgrund des bereits hohen Niveaus abnehmen.

In einzelnen Destinationen kam es zuletzt zu Protesten gegen die Folgen des Tourismus.

Als Gegenmaßnahme plant die Regierung, Kurzzeitvermietungen sowie den Kauf von Immobilien durch nicht-ansässige Drittstaatsangehörige durch höhere Steuern zu belasten.

 

Private Konsumenten geben mehr Geld aus

Die privaten Konsumausgaben expandierten 2024 mit knapp 3% kaum weniger als das Bruttoinlandsprodukt.

Die positive Entwicklung dürfte sich in diesem Jahr fortsetzen.

Das Konsumklima hat sich zuletzt weiter erholt. Impulse kommen vom Arbeitsmarkt: Die Beschäftigung steigt und die Arbeitslosigkeit geht zurück.

Im vergangenen Jahr wurden weitere 500.000 Jobs geschaffen, im Vergleich zu Ende 2019 vor Corona ist die Beschäftigtenzahl um fast 2 Millionen gestiegen.

Trotz dieser Erfolge lag die Arbeitslosenquote in harmonisierter Rechnung auch im November 2024 mit 11,2% noch deutlich über der in der Eurozone (6,3%) und vor allem die Jugendarbeitslosigkeit bei den unter 25-Jährigen ist mit zuletzt 26,5% weiterhin sehr hoch.

Neben den gestiegenen Tarifabschlüssen hat die gesunkene Inflation den Konsum gestärkt. Die Inflationsratelag allerdings 2024 mit 2,9% noch über dem Durchschnitt der Eurozone von 2,4%.

Bei den Energiepreisen erwarten wir gegenüber dem letzten Jahr keine weitere Entlastung.

Die Arbeitsproduktivität ist jedoch in Spanien zuletzt stärker gestiegen, so dass höhere Lohnkosten nicht zu nennenswerten Preisanhebungen führen müssen.

Die Inflationsrate dürfte 2025 auf schätzungsweise 2,4% sinken.

Positiv auf den Konsum sollte sich auch der fortgesetzte deutliche Anstieg der Wohnimmobilienpreise auswirken.

Die privaten Konsumausgaben dürften 2025 wie das Bruttoinlandsprodukt um gut 2% zulegen.

 

Märkte und Trends 2025: Spanien

 

Die spanische Wirtschaftsdynamik basierte in den vergangenen beiden Jahren stark auf den staatlichen Konsumausgaben.

Sie haben 2024 zum zweiten Mal in Folge um rund 5% zugenommen.

Da sie für ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts stehen, resultiert allein hieraus für 2024 ein Wachstumsbeitrag von rund einem Prozentpunkt.

Durch das hohe Ausgangsniveau zu Jahresbeginn dürfte selbst bei moderaten Zuwächsen 2025 wieder eine überdurchschnittliche Expansion des Staatskonsums von 3% realistisch sein.

 

Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück

Spanien profitiert ähnlich wie Italien sehr stark vom europäischen Wiederaufbauplan.

Das Land hat hieraus einen Anspruch auf 163 Mrd. Euro, davon 80 Mrd. Euro Transfers.

Trotzdem weisen die Investitionen in Spanien nur ein mäßiges Tempo auf.

Die Ausrüstungsinvestitionen sind 2024 mit unter 1% nur leicht gestiegen.

Die höheren Kapitalmarktzinsen und die Krise im globalen Verarbeitenden Gewerbe dürften hierzu beigetragen haben.

Die Bauinvestitionen legten dagegen im vergangenen Jahr um rund 2½% zu.

Der Nichtwohnungsbau war erneut dynamischer als der Wohnungsbau.

 

Märkte und Trends 2025: Spanien

 

Trotz der an den Kapitalmärkten erwarteten weiteren Lockerung der europäischen Geldpolitik sind die Kapitalmarktzinsen zuletzt gestiegen.

Dies dürfte den Investitionen 2025 kaum helfen.

Aktuell liegt die Rendite 10-jähriger spanischer Staatsanleihen bei 3,1%.

Der Spread zu deutschen Anleihen gleicher Laufzeit ist mit 0,6 Prozentpunkten allerdings niedriger als für Italien (1,1 Prozentpunkte) und mittlerweile auch für Frankreich (0,8 Prozentpunkte).

Dies liegt auch daran, dass Spanien 2025 eine überschaubare Neuverschuldung von rund 3% erreichen dürfte.

Erste Erfolge kann das Land ebenso bei der Staatsverschuldung vorweisen, die von fast 120% des Bruttoinlandsprodukts im Corona-Jahr 2020 auf unter 105% gefallen ist.

Die Geschäftserwartungen sowohl in der Industrie als auch im Servicebereich sind im europäischen Vergleich positiv.

Trotzdem dürften sich die spanischen Unternehmen im Umfeld möglicher neuer US-Zölle mit Investitionen vorerst zurückhalten, so dass für 2025 erneut nur mit einem moderaten Anstieg der Ausrüstungen zu rechnen ist.

Eine ähnliche Entwicklung dürften die Bauinvestitionen nehmen.

Die Zahl der genehmigten und begonnenen Häuser ist wie die Bauproduktion leicht aufwärtsgerichtet.

 

Märkte und Trends 2025: Spanien

 

Die Exporte haben 2024 stärker zugenommen als die Importe, so dass der Außenhandel einen positiven Wachstumsbeitrag erbracht hat.

Von dieser Seite sind 2025 aber nur noch geringe Wachstumsimpulse zu erwarten, da der lebhaftere Konsum höhere Einfuhren nach sich zieht.

Das Wachstum 2025 basiert damit noch stärker auf dem privaten und öffentlichen Konsum.

 

Strukturelle Vorteile, aber auch Herausforderungen

Spaniens Wachstum profitiert von einer zunehmenden Bevölkerung.

Dadurch nimmt die Nachfrage nach Konsumgütern und indirekt nach Investitionen zu.

Auch die Zahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter dürfte im Gegensatz zu Deutschland weiter zunehmen.

Dies lindert die Knappheit an Fachkräften.

Voraussetzung ist aber eine Verbesserung des Bildungssystems, das Schwächen aufweist.

Die Jugendarbeitslosigkeit ist auch deswegen so hoch, weil die duale Ausbildung unterentwickelt ist.

Als positiver Standortfaktor gilt dagegen die gute Verkehrs- und Telekommunikationsinfrastruktur.

Die aktuell günstige Wirtschaftsentwicklung erklärt sich auch damit, dass das iberische Land weniger von strukturellen Herausforderungen belastet ist.

So war Spanien nicht in dem Ausmaß wie Deutschland von russischem Gas abhängig.

Ein rascher und drastischer Umbau der Energieversorgung wie hierzulande ist nicht notwendig.

Spanien ist zudem ein idealer Standort für Ökostrom.

Die Strom- und Gaspreise sind im europäischen Vergleich niedrig, auch weil die Voraussetzungen für erneuerbare Energien günstig sind.

Dies hilft Verbrauchern und Unternehmen. Energieintensive Branchen haben hierdurch weniger Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit.

Spanien ist nach Deutschland der zweitgrößte Automobilstandort in der EU.

Das Land entwickelt sich vor allem zu einem interessanten Standort für die Elektromobilität.

Batteriefabriken und Produktionslinien für Fahrzeuge mit der neuen Antriebstechnik werden errichtet.

Neben den geringen Stromkosten machen niedrige Löhne, staatliche Hilfen sowie das bereits bestehende automobile Cluster den Standort attraktiv.

 

Märkte und Trends 2025: Spanien

 

Zu einem immer größeren Problem ist in den letzten Jahren in vielen Landesteilen der Wassermangel geworden.

Zunehmend muss dadurch mit negativen Auswirkungen auf wichtige Wirtschaftszweige wie der Landwirtschaft oder dem Tourismus gerechnet werden.

Noch wird hiergegen zu wenig unternommen.

Die Investitionen in diesem Bereich sind zu niedrig.

Leitungen müssten erneuert sowie Bewässerungssysteme und die Abwasserbehandlung verbessert werden.

Trotz des guten Laufs der spanischen Wirtschaft bleiben strukturelle Herausforderungen: So ist die Staatsverschuldung weiterhin zu hoch, zumal die Ausgaben für die Verteidigung zunehmen müssten.

Sie liegen mit nur 1,3% des Bruttoinlandsprodukts deutlich unter dem bisherigen NATO-Ziel von 2%.

Auch für die angestrebte Klimaneutralität dürften weitere Kosten einzukalkulieren sein.

Spätestens nach dem Ende der Zahlungen aus den laufenden europäischen Programmen muss sich Spanien deswegen – wie auch andere Länder – die Frage der Priorisierung öffentlicher Ausgaben stellen.

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