Wackelt der Euro?

  • Volkswirt Martin Hüfner prophezeit schwierige Phase für Euroland
  • “Euro wird aber nicht auseinanderbrechen”

Martin Hüfner, volkswirtschaftlicher Berater der österreichischen Wertpapieranlagebank direktanlage.at, sieht durch die Probleme Griechenlands und anderer Länder mit hohen öffentlichen Defiziten eine Schwächung des Euros. “Euroland steht vor einer schwierigen Phase”, so der Experte. Auseinandernrechen werde der Euro jedoch nicht.

Die Attraktivität und Handlungsfähigkeit Europas habe zuletzt abgenommen, meint Hüfner: “Das ‘i-Tüpfelchen’ kam mit dem In-Krafttreten des Lissabon-Vertrages am 1. Dezember. Statt einen neuen Präsidenten zu wählen, der Europa ein Gesicht und der Gemeinschaft eine Stimme auf internationaler Ebene geben würde, entschieden sich die Regierungen für einen Kompromiss. Europa ist nicht auf dem Weg zu einer kräftigen und selbst-bewussten Gemeinschaft.”

Europäische Zentralbank selbstbewusst wie eh und je

Daraus aber zu folgern, dass die Europäische Zentralbank ihren geldpolitischen Auftrag nicht konsequent verfolgen würde oder dass gar der Euro am Ende sein könnte, gehe jedoch zu weit. Die Europäische Zentralbank sei durch die Krise in keiner Weise angeschlagen, erklärt der Volkswirt: “Sie ist im Gegenteil selbstbewusst wie eh und je. Unter den großen Notenbanken der Welt ist sie bisher die erste, die den Mut hat, mit dem Exit aus der lockeren Geldpolitik ernst zu machen.”

Es gebe derzeit keinerlei Anzeichen für eine Spekulation gegen einzelne Mitglieder der Eurozone oder auf ein Auseinanderfallen des Euro. “Der Euro hat sich trotz der aktuellen Schwäche seit Jahresbeginn gegenüber dem Dollar um 6 Prozent aufgewertet”, betont Hüfner. Und wenn alle Stricke reißen und ein Land in seiner Not aus dem Euro ausscheiden würde? “Das wäre kurzfristig natürlich ein GAU. Langfristig würde es den Euro aber nicht kaputt machen, sondern könnte ihn im Gegenteil sogar stärken”, sagt Hüfner.

Für Anleger: Kurzfristige Zinsen in Europa steigen langsam an

Er zeichnet in dem Fall folgendes Szenario: “Die Währung des ausscheidenden Landes würde stark abwerten. Die Importpreise und dann auch die Inflation würden nach oben schnellen. Die Zinsen gingen hoch. Die Staatsverschuldung stiege an. Das Wachstum würde sich verlangsamen, die Arbeitslosigkeit zunehmen. Spätestens nach sechs Monaten würde das Land wieder darüber nachdenken, in die Gemeinschaft des Euro zurückzukehren. Und die, die im Euro verblieben sind, würden alles tun, damit ihnen ein solches Schicksal erspart bliebe.”

Was bedeutet das Alles für den Anleger: “Der Euro kann auf den Devisenmärkten zunächst noch etwas schwächer werden”, so der direktanlage.at-Berater. “Er wird aber nicht auseinanderbrechen. Längerfristig wird er auch wieder aufwerten. Der geldpolitische Kurs wird fortgesetzt. Richten Sie sich darauf ein, dass die kurzfristigen Zinsen in Europa im Laufe des kommenden Jahres langsam, aber früher als in anderen Regionen ansteigen. Aktien- und Bondsmärkte werden darauf – nach anfänglicher Unsicherheit – positiv reagieren. Denn die Geldpolitik macht deutlich, dass sie die Liquidität trotz aller Probleme konsequenter eingesammelt und Inflation frühzeitiger bekämpft.”

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