Was hat die EZB-Politik seit 2012 gebracht?

  • "Whatever it takes" – vor fünf Jahren brachten diese Worte Mario Draghis die Wende in der Eurokrise
  • EZB hat die Eurozone vor dem Kollaps bewahrt und stabilisiert
  • Niedrige Inflation bleibt ungelöstes Problem


Fidelity: "Im Rahmen ihres Mandats ist die EZB bereit, alles zu tun, was nötig ist („whatever it takes"), um den Euro zu retten. Und glauben Sie mir, es wird genug sein.“

Vor genau fünf Jahren führte dieser Satz Mario Draghis, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), zur Wende in der Eurokrise. Damals liefen in mehreren Staaten des Euroraums die Kosten der Staatsverschuldung aus dem Ruder – Griechenland, Irland und Spanien mussten Rettungspakete beantragen. Mit seiner Botschaft an die Märkte brachte Mario Draghi die Entschlossenheit der EZB zum Gegensteuern zum Ausdruck. Doch wie erfolgreich waren ihre Maßnahmen?

 

1. Ziel erreicht, zumindest bei Staatsanleihen
Die EZB hat es geschafft, ein tragbares Zinsniveau in den Peripheriestaaten wiederherzustellen: Seit Juli 2012 sind die Renditen von Staatsanleihen aus der Euro-Peripherie stark zurückgegangen.

Italien beispielsweise muss inzwischen nur noch einen Zins von 2,2 Prozent p.a. auf Anleihen mit zehn Jahren Laufzeit zahlen. Im November 2011 waren es noch 7,24 Prozent – der höchste Stand seit Mitte der 1990er-Jahre.

 

2. Der entscheidende Faktor – die Anleihekäufe der EZB
Im Anschluss an die Äußerungen von Mario Draghi senkte die EZB ihren Leitzins auf null und erhob Strafzinsen von 0,4 Prozent auf Guthaben, die die Banken bei der EZB halten.

 

Das Ziel: einen Anreiz zur verstärkten Kreditvergabe an die Wirtschaft zu setzen. Daneben stellte sie dem Bankensystem im Euroraum im Rahmen eines langfristigen Refinanzierungsprogramms eine Billion Euro an zusätzlicher Liquidität bereit. Außerdem hat die EZB im Zuge ihres Anleihekaufprogramms seit März 2015 Staats- und Unternehmensanleihen aus dem Euroraum im Volumen von mehr als zwei Billionen Euro am Markt angekauft.

Dadurch ist die Bilanzsumme der EZB auf mehr als vier Billionen Euro angewachsen – das entspricht 35 Prozent der Wirtschaftsleistung im Euroraum. Die Anleihekäufe sind damit das entscheidende geldpolitische Instrument der EZB und werden es voraussichtlich bleiben.

 

3. Die Märkte verlassen sich auf die EZB
Die Spannungen am Staatsanleihenmarkt machten sich 2012 auch bei Unternehmensanleihen bemerkbar. Der Grund: Insbesondere Banken hielten damals umfangreiche Bestände an öffentlichen Anleihen aus der Euro-Peripherie in ihren Bilanzen. Die EZB reagierte darauf, indem sie dem Finanzsektor dringend benötigte Mittel im Rahmen langfristiger Programme bereitstellte.

 

Dadurch waren die Banken im Euroraum in der Lage, sich von der EZB mehr als 1,1 Billionen Euro zu äußerst niedrigen Kosten zu leihen. Damit trug die EZB maßgeblich zum Rückgang der Zinsaufschläge bei. Doch auch die europäischen Unternehmen haben ihren Teil geleistet. Sie sind bei Bilanzrisiken deutlich vorsichtiger geworden und meiden es, weitere Schulden aufzunehmen.

4. Die Wirtschaft im Euroraum wächst endlich wieder
Die positive Entwicklung an den Finanzmärkten überträgt sich mittlerweile auch auf die Realwirtschaft. Die Märkte für Staats- und Unternehmensanleihen haben sich stabilisiert, die Kursschwankungen halten sich in Grenzen und das Bankensystem verfügt über reichlich Liquidität.

 

Vor diesem Hintergrund hat sich die Kreditvergabe an Unternehmen und Konsumenten wieder beschleunigt, was das Wirtschaftswachstum im Euroraum beflügelt. Diese zyklische Erholung hat eine Weile auf sich warten lassen, doch inzwischen ist sie in vollem Gange.

 

5. Einige Aufgaben sind noch zu erledigen
Die Wirtschaft im Euroraum ist heute in besserer Verfassung als im Jahr 2012. Dennoch hat die EZB noch einige Aufgaben zu erledigen. So liegt etwa die Inflation trotz der sehr großzügigen Geldpolitik, der günstigen Kreditkonditionen und der Abwertung des Euro immer noch unter dem Zielwert der EZB. Dazu trägt die vielerorts hohe Arbeitslosigkeit bei, die einem beschleunigten Lohnanstieg und damit einer Verteuerung der Produkte entgegensteht.

Autor: Andrea Iannelli

 

 

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