Frankfurter Wertpapierbörse: Bloß weg mit allem, was nach Risiko aussieht: Das ist auch das Motto an den Anleihemärkten. Die Angst vor einer Coronavirus-Pandemie und die Erkenntnis, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen schon jetzt groß sind, belasten die Märkte auch am Freitag.
„Die Nerven liegen blank“, berichtet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank. „Alles fliegt raus“, bemerkt der Händler mit Blick auf Unternehmensanleihen.
„Es ist alles unter Druck“, meldet auch Rainer Petz von Oddo Seydler. „Am Aktienmarkt ist das die schwärzeste Woche nach der Griechenland-Krise 2011.“
Lufthansa-Anleihe auf Talfahrt
Anleihehändler kommen kaum noch nach angesichts der Verkaufsorder. Besonders heftig fallen die Verluste bei Adressen wie Lufthansa aus, nicht ganz so bei Hapag-Lloyd, wie Daniel feststellt.
Deutlich unter Druck geraten dem Händler zufolge auch Anleihen des Spirituosenherstellers Semper idem Underberg. Diese wurden vor kurzem noch zu über 106 Prozent gehandelt, jetzt sind es nur noch 100 Prozent. Auch die kürzlich erfolgreich auf 40 Millionen Euro aufgestockte, im Dezember 2019 aufgelegte Erwe Immobilien-Anleihe verliert und rutscht unter 100 Prozent, wie Petz feststellt.
Nur ThyssenKrupp-Papiere legten am Freitagmorgen zu, jedenfalls kurzzeitig. „Es kam gut an, dass der Konzern für seine Aufzugssparte mehr erzielt als erwartet“, stellt Daniel fest. „Jetzt sinkt der Kurs aber schon wieder.“ Der schwächelnde Stahl- und Industriekonzern hat am Donnerstag bekannt gegeben, seine Aufzugsparte für 17,5 Milliarden Euro an ein Konsortium aus mehreren Finanzinvestoren abzugeben.
Bundrendite rutscht immer tiefer
Gefragt sind hingegen die als sicher geltenden Bundesanleihen und US-Treasuries. Der Euro-Bund-Future steigt am Freitagmorgen auf 177,35 Punkte, die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen fällt auf minus 0,61 Prozent – den tiefsten Stand seit Oktober 2019.
Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen hat sogar ein Allzeittief von 1,16 Prozent erreicht. Die zuletzt stark gesuchten Staatsanleihen der südeuropäischen Länder Italien, Spanien oder Portugal erleiden hingegen Verluste. Sie gelten im aktuellen Umfeld wieder als zu riskant.
„Nur bei beträchtlichen Schäden Eingriff von EZB oder Fed“
„Das Coronavirus wird zunehmend zu einem Risiko für die Wirtschaft in Deutschland und im Euroraum“, erklärt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die Unternehmen dürften immer mehr unter fehlenden Zulieferungen aus China leiden sowie vielleicht bald unter Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionen. „Ein Schrumpfen der Wirtschaft im ersten Quartal wird wahrscheinlicher.“
Angesichts der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Folgen verlagere sich der Fokus am Markt zunehmend auf die Frage, inwieweit Finanz- und Geldpolitik hierauf reagieren werden, meint Cem Keltek, Anleiheanalyst der Commerzbank.
Dabei dürften Hoffnungen auf eine deutlich expansivere deutsche Finanzpolitik wegen der Schuldenbremse am Ende enttäuscht werden. „Zudem lassen Kommentare der EZB und der Fed darauf schließen, dass sie allenfalls bei beträchtlichen durch den Virus verursachten Schäden eingreifen werden.“
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