Aufstieg des Renminbi: Geopolitische Spannungen befeuern Chinas Wachstumsparadox

Chinas Wirtschaft zeigt einen verblüffenden Wiederspruch: Während traditionelle Wachstumsmotoren wie Eisenbahn und Immobilien schwächeln, bleibt die Marktperformance stabil. Dies ist Ausdruck eines umfassenderen Wandels, da globale Investoren angesichts zunehmender geopolitischer Spannungen eine Diversifizierung vom US-Dollar anstreben und damit den wachsenden Einfluss des Renminbi im internationalen Handel stärken.

Die Korrelation zwischen Wirtschaftswachstum und Aktienmarktperformance ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Manchmal geht starkes Wachstum mit schwachen Marktrenditen einher und umgekehrt.

Im Jahr 2025 ist China ein interessantes Beispiel dafür. Die Wirtschaft befindet sich nicht in einer Krise, aber das Wirtschaftswachstum ist schwach – bis August war das Frachtaufkommen im Schienenverkehr rückläufig und die Immobilienverkäufe lagen bei -7,0%. Trotzdem waren die Renditen sehr hoch: Der MSCI China legte in US-Dollar um 43,1% zu.

Für letzteres gibt es mehrere Gründe, darunter der anhaltende Erfolg der chinesischen Technologie-Konzerne bei der Gewinnung von Kapitalgebern. Zudem hat sich China zum Hauptnutznießer globaler Investoren und Regierungen entwickelt, die ihr Engagement im US-Dollar abbauen möchten.

 

Bestand an RMB-deominierten Krediten hat sich verdoppelt

Auf der Handelsseite haben geopolitische Spannungen mit den USA und der verstärkte Einsatz von Finanzsanktionen viele Volkswirtschaften dazu veranlasst, den Einsatz des Renminbi (RMB) zu erhöhen. Der Anteil des chinesischen Handels, der in der eigenen Währung abgewickelt wird, hat sich seit 2019 mehr als verdoppelt.

Über die Hälfte der grenzüberschreitenden Zahlungseingänge wird inzwischen in RMB getätigt, gegenüber weniger als 1% im Jahr 2010. Partnerländer der Belt-and-Road-Initiative in Afrika und Asien nutzen den RMB zunehmend für Handels- und Investitionsfinanzierungen. Gleichzeitig bieten die von der People’s Bank of China eingerichteten Swap-Linien für über dreißig Zentralbanken weltweit inzwischen ein Liquiditätssicherheitsnetz, das vom Umfang her mit dem des IWF vergleichbar ist.

Die Kreditaufnahme entwickelt sich ähnlich. Seit den westlichen Sanktionen gegen Russland im Jahr 2022 haben chinesische Banken den Großteil ihrer Auslandsdarlehen von Dollar auf RMB umgestellt, wodurch sich der Bestand an RMB-denominierten Krediten verdreifacht hat. Die Emission von Staatsanleihen folgte diesem Trend: Ungarn, Russland und andere haben RMB-denominierte „Panda“-Anleihen im chinesischen Onshore-Markt begeben, während die Ausgabe von „Dim Sum“-RMB-Anleihen in Hongkong frühere Höchststände überschritten hat.

Dadurch entsteht für Investoren ein zunehmend tieferer Pool an Offshore-RMB-Vermögenswerten, die durch rekordniedrige Finanzierungskosten und den Wunsch, sich vom US-Dollar zu diversifizieren, attraktiv werden.

 

Hongkonger Börse legt im dritten Quartal um 150 Prozent zu

Hongkong steht im Zentrum dieses Wandels. Rund drei Viertel des Offshore-Handels in RMB werden dort abgewickelt. Die Hongkonger Börse hat sich mit mehr als 200 Unternehmen in der Pipeline wieder an die Spitze der globalen Aktien-IPO-Rankings gesetzt.

Kapitalflüsse vom Festland über das Stock Connect-Programm sorgen für Rekordhandelsvolumina, wobei der Gesamtwert der über die Hongkonger Börse gehandelten Aktien im dritten Quartal 2025 um 150% gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist.

Das Ergebnis ist, dass die Diversifizierung weg vom Dollar nicht zu einer globalen finanziellen Fragmentierung führt, sondern vielmehr mehr Aktivitäten in den Einflussbereich Chinas lenkt – verankert durch den RMB und vermittelt durch Hongkong.

Dementsprechend bleiben wir in unserem Portfolio defensiv gegenüber der chinesischen Wirtschaft positioniert, halten aber Engagements in chinesischen Technologieunternehmen und in der Hongkonger Kapitalmarktbranche.

 

Marktkommentar von James Syme, Senior Fund Manager der Global Emerging Markets Opportunities Strategy bei J O Hambro.

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