Großbritannien 2025: Handelsabkommen, Wachstum und unsichere Währungsaussichten

Ein Deal mit Donald Trump, robustes BIP-Wachstum im ersten Quartal und eine Währung, die insgesamt aufgewertet hat – nach einem ernüchternden zweiten Halbjahr 2024 hellen sich die Aussichten für Großbritannien wieder auf.Allerdings ist doch einiges eher wacklig.Noch vor kurzem gab es einen leichten „Liz-Truss-Moment“, als die britischen Anleiherenditen anzogen und das Pfund nachgab. Mittlerweile hat sich die Situation beruhigt. Der Euro-Pfund-Kurs sank wieder auf 0,84. Gegenüber dem US-Dollar liegt die britische Währung sogar seit Jahresbeginn im Plus.

Großbritannien konnte mit Trump-Amerika das erste Handelsabkommen nach Verhängung der „reziproken“ Zölle abschließen.

Im Detail wirkt der Inhalt aber doch bescheiden:

  • Für die meisten britischen Produkte bleiben die US-Importzölle bei 10 %.
  • Stahl und Aluminium sind bis zu einer Menge zollfrei.
  • Bis zu 100.000 Autos können zu einem Zollsatz von „nur“ 10 % in die USA exportiert werden.
  • Umgekehrt können die USA mehr und leichter insbesondere Agrarprodukte nach Großbritannien ausführen.

Letztlich würden britische Produkte höher verzollt als vor Trump, wenn auch auf einem halbwegs erträglichen Niveau. Großbritannien stand ohnehin nie im Fokus des Trumpschen Handelskrieges.

Übrigens vertieft Großbritannien auch wieder die Zusammenarbeit mit der EU, obgleich dies vorerst kaum wirtschaftliche Folgen haben wird. Schließlich rüttelt die britische Regierung nicht am Austritt aus EU-Binnenmarkt und Zollunion.

Nachdem die britische Wirtschaft im zweiten Halbjahr 2024 mehr oder weniger stagnierte, sprang im ersten Quartal 2025 das Wachstum mit 0,7 % an.

Die hohe Dynamik erklärt sich vor allem aus dem Außenhandel. Der kräftige Anstieg der Exporte beruht wohl auch auf zollbedingten Vorzieheffekten und ist angesichts der internationalen Verwerfungen nicht fortzuschreiben.

Während der private Konsum leicht zulegte und die Staatsausgaben geringfügig sanken, überraschten die Unternehmensinvestitionen mit einem Plus von fast 6 %.

Die britischen BIP-Zahlen waren zuletzt geprägt durch kleinere Sondereffekte. Zudem fiel in den letzten Jahren das erste Quartal stets ungewöhnlich gut aus, was Probleme in der Saisonbereinigung nahelegt.

Die jüngste BIP-Zahl stellt daher einen Ausreißer dar, in der Folge wird das Wachstum vermutlich nur gering ausfallen. Insgesamt sollte sich die britische Konjunktur 2025 solide entwickeln.

Steigende Realeinkommen stützen den privaten Konsum, selbst wenn sich der Arbeitsmarkt ein wenig abschwächt. Zuletzt floss ein größerer Teil der Einkommenszuwächse in die Ersparnis. Die recht hohe Sparquote von über 11 % birgt jedoch einen gewissen Puffer bzw. sogar positives Überraschungspotenzial.

Im Fokus Großbritannien: Lichtblicke, aber keine strahlende Zukunft

Vom Wohnungsmarkt sollte kein großer positiver Vermögenseffekt kommen, da sich der Anstieg der Häuserpreise zuletzt verlangsamte. Die Unternehmen leiden unter den globalen Unsicherheiten. Die Stimmungsindikatoren verschlechterten sich überwiegend. Daher überraschte das starke Wachstum im ersten Quartal und weckt Zweifel daran.

Das Handelsabkommen mit den USA dürfte zumindest für etwas Verlässlichkeit sorgen. Allerdings ist der wichtige Pharmasektor hier noch ausgenommen.

Die höheren Sozialversicherungsbeiträge für Unternehmen ab April sollten belasten. Die Unternehmensinvestitionen dürften viel weniger zulegen, im Gesamtjahr bleibt das Plus jedoch kräftig. Hingegen zeigten sich die Bauinvestitionen schwach.

Der Export ist insbesondere von der Fortentwicklung des internationalen Handelskonflikts abhängig. Großbritannien ist dank des Deals mit den USA zwar weniger betroffen, das Land würde aber indirekt unter den Problemen anderer Volkswirtschaften Einbußen erleiden.

Eine Gegenbewegung bei den Exporten ist im zweiten Quartal wahrscheinlich.

Der britische Staat galt vor wenigen Monaten noch als Wachstumsmotor. Die neue Labour-Regierung stellte steigende Ausgaben und mehr Schulden in Aussicht. Geringere Steuereinnahmen, höhere Zinszahlungen und zusätzliche konjunkturelle Unsicherheiten verringern jedoch den fiskalischen Spielraum.

Ohnehin belasten Anhebungen indirekter Steuern bzw. der höhere Sozialversicherungsbeitrag. Die staatlichen Wachstumsimpulse fallen daher bescheiden aus.

Insgesamt dürfte das Bruttoinlandsprodukt 2025 mit 1 % solide wachsen, aber auch nicht stärker als das mittlerweile auf 1,1 % nach oben korrigierte BIP im Vorjahr. Dies wäre erneut besser als in der Eurozone, wenngleich nur marginal.

Sofern der Gegenwind von der Weltwirtschaft nachlässt, kann das Wachstum 2026 mit 1,5 % dynamischer ausfallen. Hilfreich sollte dann die geldpolitische Lockerung sein, die erst zeitverzögert ihre Wirkung entfaltet.

Die Inflation lag in Großbritannien im März bei 2,6 %. Dabei sind hier schon die neuen Steuern für private Schulen enthalten. In den folgenden Monaten wird die Teuerung wohl wieder über 3 % klettern, da u.a. die Energieversorger ihre Preise anheben.

Trotz der gesunkenen Rohölnotierungen wird die Entlastung von den Energiepreisen nachlassen. Die Kernteuerung lag mit 3,4 % höher, da insbesondere die Dienstleistungspreise noch deutlich steigen. Teilweise ist letzteres auch staatlichen Maßnahmen geschuldet.

Mittelfristig dürften sich die Dienstleistungen aber langsamer verteuern, da sich die in dem Sektor wichtige Lohndynamik verringern sollte.

Während die Gesamtinflation 2025 mit mindestens 3 % noch hoch ausfällt, dürfte sie im nächsten Jahr zurückgehen. Die 2 %-Zielmarke der Bank of England wird aber wohl so schnell nicht erreicht werden.

Die Bank of England (BoE) senkte im Mai ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 4,25 %. Während zwei Mitglieder für einen größeren Schritt votierten, stimmten zwei andere Notenbankvertreter sogar gegen eine Zinssenkung.

Dieses gespaltene Votum spricht eher für einen künftig vorsichtigen Kurs der BoE. Bislang reduzierte sie den Leitzins – anders als die EZB – nur einmal im Quartal. Dieses Tempo wird wohl beibehalten, denn auch sonst gab es wenig Signale für eine zügigere Lockerung.

Im Fokus Großbritannien: Lichtblicke, aber keine strahlende Zukunft

 

Im Fokus Großbritannien: Lichtblicke, aber keine strahlende ZukunftDa das Zinsniveau jedoch noch erhöht ist, wird die BoE trotz der eigentlich noch zu hohen Inflation weiter den Leitzins verringern. In ihrer Inflationsprojektion auf Basis der am Markt erwarteten Zinsen wird das Inflationsziel gegen Ende des Prognosezeitraums marginal unterschritten. Dies spricht für Lockerungen gemäß dieser Markterwartungen. Bis Ende 2025 wird die BoE den Leitzins vermutlich auf 3,75 % senken. Weitere Schritte könnten 2026 folgen.
Das Britische Pfund ist kein sicherer Anlagehafen. Dies erkennt man daran, dass in manchen nervösen Marktphasen die britischen Staatsanleiherenditen steigen und zugleich die Währung abwertet. Wobei ein solches Marktverhalten jüngst erstaunlicherweise sogar beim US-Dollar zu beobachten war.

Das klassische Beispiel war, als im Herbst 2022 die Steuerpläne der damaligen Premierministerin Liz Truss am Markt abgestraft wurden: sowohl Pfund als auch Anleihekurse sanken deutlich. Gewöhnlich machen steigende Renditen eine Währung attraktiver. In den letzten Monaten wirkte sich jedoch zeitweise selbst eine in den USA ausgelöste Schwäche am Rentenmarkt auch in Großbritannien negativ aus, das Pfund gab ebenso nach.

Diese Effekte galten am Devisenmarkt jedoch nur temporär. Denn der Pfund-Dollar-Kurs ist seit Jahresbeginn trotzdem gestiegen und notiert über 1,33. Die allgemeine Dollar-Schwäche zeigte sich gegenüber dem Pfund allerdings nicht so ausgeprägt wie gegenüber anderen Währungen. Gegenüber dem Euro hat das Pfund seit Jahresbeginn abgewertet. Nach der jüngsten Erholung der britischen Währung ist das Minus jedoch nur noch gering.

Die im Vergleich zur BoE forscheren Zinssenkungen der EZB hätten das Pfund gegenüber dem Euro eigentlich sogar stärken können. Die Unsicherheiten hingegen bleiben trotz einer Entspannung erst einmal eine Belastung für die britische Währung.

Wenn im zweiten Halbjahr die EZB ihren Zinssenkungskurs beendet, während die britische Notenbank diesen noch fortsetzt, erhält der Euro-Pfund-Kurs von dieser Seite weiteren Auftrieb.

Im Fokus Großbritannien: Lichtblicke, aber keine strahlende Zukunft

 

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