Gute Konjunkturdaten – optische Täuschung?
- Volkswirt Martin Hüfner warnt vor „zu viel“ Optimismus
- Positive Zahlen haben mehr mit Politik als mit Aufschwung zu tun
Martin Hüfner, volkswirtschaftlicher Berater des führenden österreichischen Discount-Brokers direktanlage.at, sieht in den jüngst veröffentlichten guten Konjunkturdaten eine „optische Täuschung“ und warnt vor zu viel Optimismus. Die Zahlen würden nur die aktuelle Situation widerspiegeln aber nichts über den weiteren Verlauf aussagen.
„Da wird eine Reihe von überraschend guten Nachrichten publiziert und schon geht es los, dass auch die Vorhersagen für die weitere Entwicklung deutlich angehoben werden“, kritisiert Hüfner. „Was wir im Augenblick sehen, ist noch kein Aufschwung.“ Diesmal sei alles ganz anders: Es sei der Staat, der ein zu starkes Absacken der Nachfrage verhindern will. „Wenn der Staat 100 Mio. Euro mehr ausgibt, dann entsteht in diesem Ausmaß mehr Nachfrage und damit auch mehr Sozialprodukt. Das hat nichts mit Aufschwung zu tun. Es ist einfach nur Politik“, sagt der Experte.
„Deficit spending“ als Strohfeuer?
Nach der Theorie müssten die zusätzlichen Ausgaben des Staates bei den Unternehmen dazu führen, dass sie neue Leute einstellen, ihnen Einkommen bezahlen und dass daraus dann zusätzlicher Konsum getätigt wird. „Wenn die Unternehmen die zusätzliche Nachfrage des Staates aber nicht als dauerhaft ansehen, werden sie allenfalls Überstunden fahren oder Leiharbeiter anheuern, aber nicht neue Jobs schaffen“, meint Hüfner.
Laut dem Volkswirt habe es schon manches „deficit spending“ gegeben, das sich als Strohfeuer entpuppte und am Ende erloschen sei. Er verweist auf das Beispiel USA: „Durch Steuersenkungen hat die Regierung dort die Nachfrage angeheizt – mit Erfolg. Das reale BIP stieg im zweiten Quartal. Im dritten Quartal war das Wachstum aber schon wieder zu Ende und die Wirtschaftsleistung ging zurück.“
Für Anleger: Vorsichtiger Optimismus
Hüfner will nicht Pessimismus verbreiten, aber auf Risiken hinweisen: „Es kann sein, dass die staatlichen Maßnahmen tatsächlich einen kumulativen Prozess nach oben auslösen, die Krise vorbei ist und der Staat dann wieder beginnen kann, sein Defizit zurückzuführen. Ich wäre jedoch nicht überrascht, wenn es bei dem Prozess einigermaßen holprig und mit Rückschlägen zuginge.“
Was bedeutet dies für den Anleger? Hüfner: „Freuen wir uns über die Euphorie, mit der die Märkte die Verbesserungen in den Unternehmen und in der Gesamtwirtschaft aufnehmen. Das ist ein gutes Zeichen, dass der Funke des Optimismus überspringt und es tatsächlich wieder nach oben geht“, so der direktanlage.at-Berater. „Seien wir andererseits aber vorsichtig: Es ist höchst unwahrscheinlich, dass das in diesem Maße so weitergeht. Die Märkte sind nicht nur technisch ‚überkauft‘. Sie werden auch bald die ersten Rückschläge in der Konjunktur antizipieren und verdauen müssen.“
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