Portfolio Optimierung: Vorbereitung auf den Crash – wie positioniert man sich als Privatanleger am Besten?
Der Buffett Indicator steht bei 224%. Das Shiller-KGV notiert auf einem Niveau, das seit der Dotcom-Blase nicht mehr erreicht wurde. Sieben Technologiekonzerne dominieren rund 35% des wichtigsten Aktienindex der Welt. Und trotzdem — oder gerade deshalb — herrscht an den Märkten eine seltsame Nervosität, die sich nicht in Panik entlädt, sondern in angespanntem Abwarten.
Die Frage, die sich Privatanleger stellen sollten, lautet nicht, ob ein Crash kommt.
Niemand weiß das.
Die entscheidende Frage ist eine andere: Ist mein Portfolio so aufgestellt, dass ich auch eine sehr heftige Korrektur überstehen kann, ohne in Panik zu verkaufen?
Die Anatomie einer Überhitzung
Bei rund 224% liegt dieses Verhältnis aktuell.
Das bedeutet: Der Börsenwert aller amerikanischen Aktien beträgt mehr als das Doppelte dessen, was die US-Wirtschaft in einem Jahr erwirtschaftet.
Noch aufschlussreicher ist die Abweichung vom langfristigen Trend; der aktuelle Wert liegt 56,5% über der historischen Trendlinie.
Eine solche Diskrepanz schließt sich erfahrungsgemäß auf eine von zwei Arten: entweder durch Jahre stagnierender Kurse, in denen die Wirtschaft zum Markt aufschließt — oder durch eine schnelle, schmerzhafte Korrektur.
Shiller-KGV bei 40: Nur die Dotcom-Blase war teurer
Das von Nobelpreisträger Robert Shiller entwickelte zyklisch adjustierte Kurs-Gewinn-Verhältnis bestätigt das Bild. Es glättet kurzfristige Gewinnschwankungen, indem es den inflationsbereinigten Durchschnittsgewinn der vergangenen zehn Jahre heranzieht.
Der historische Median dieser Kennzahl liegt bei 16.
Aktuell notiert sie bei rund 40.
In der gesamten Börsengeschichte seit 1881 wurde dieses Niveau nur einmal übertroffen — während der Technologieblase um die Jahrtausendwende.
Wer damals auf dem Höhepunkt kaufte, brauchte mehr als ein Jahrzehnt, um seine Verluste wieder aufzuholen.
Das soll keine Prognose sein.
Aber es ist eine Warnung, die man nicht ignorieren sollte.
Die gefährliche Dominanz von sieben Aktien
Wer heute einen ETF auf den S&P 500 kauft, investiert zu mehr als einem Drittel in diese sieben Titel.
Diversifikation sieht anders aus.
Das Problem liegt nicht darin, dass diese Unternehmen schlecht wären.
Im Gegenteil: Sie haben ihre Bewertungen größtenteils durch spektakuläres Wachstum verdient. Das Problem liegt in der Mechanik. Wenn ein Drittel des Index schwächelt, zieht es den gesamten Markt nach unten.
Die vermeintlich breite Streuung eines Indexfonds entpuppt sich dann als Klumpenrisiko.
S&P Index Chart
Der Fear & Greed Index zeigt Angst — bei Rekordkursen
Hier wird es interessant. Der von CNN entwickelte Stimmungsindikator, der sieben Marktvariablen zu einer einzigen Zahl verdichtet, steht derzeit im Bereich „Fear“. Nicht extreme Angst, aber deutliche Nervosität. Das ist bemerkenswert, denn normalerweise geht ein solcher Wert mit fallenden Kursen einher.
Was wir stattdessen sehen: Rekordstände bei gleichzeitiger Verunsicherung. Anleger kaufen weiter, aber sie tun es mit einem unguten Gefühl im Magen.
Die Behavioral-Finance-Forschung kennt dieses Phänomen gut; es ist die „Fear of Missing Out“, die Menschen dazu bringt, gegen ihre bessere Intuition zu handeln.
Man weiß, dass die Party irgendwann endet — aber solange die Musik spielt, will niemand als Erster gehen.
Was diese Zahlen bedeuten — und was nicht
Keiner dieser Indikatoren ist ein Timing-Instrument. Der Buffett Indicator war auch 2021 hoch, und wer damals verkaufte, verpasste weitere zwei Jahre steigender Kurse. Das Shiller-KGV stand schon 2017 über 30 — und der Markt verdoppelte sich danach noch einmal. Bewertungskennzahlen sagen etwas über langfristige Renditeerwartungen aus, nicht über die nächsten Monate.
Doch genau darin liegt ihr Wert.
Sie erinnern daran, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Dass hohe Ausgangsbewertungen mit niedrigeren künftigen Renditen korrelieren.
Und dass Portfolios, die in guten Zeiten aufgebaut wurden, in schlechten Zeiten getestet werden.
Die Kunst der strategischen Gelassenheit
Was also tun?
Die Antwort liegt nicht im hektischen Umschichten, sondern in der nüchternen Überprüfung der eigenen Aufstellung.
Drei Fragen sollte sich jeder Anleger stellen:
Erstens: Stimmt meine Asset Allocation noch?
Die Aufteilung zwischen Aktien, Anleihen, Rohstoffen und Liquidität ist die wichtigste Stellschraube. Wer vor fünf Jahren 60% Aktien hielt, hat heute durch die Kursgewinne womöglich 80%. Das ist keine bewusste Entscheidung — es ist Drift.
Und Drift in Richtung Risiko, ausgerechnet wenn die Bewertungen hoch sind.
Zweitens: Bin ich wirklich diversifiziert?
Ein S&P-500-ETF allein ist es nicht mehr. Wer das Klumpenrisiko der Magnificent Seven reduzieren will, sollte über Beimischungen nachdenken: gleichgewichtete Indizes, internationale Märkte, Value-Strategien, Small Caps.
Nicht weil diese garantiert besser laufen — sondern weil sie anders laufen.
Drittens: Habe ich einen Plan für den Ernstfall?
Nicht einen vagen Vorsatz, sondern eine konkrete Regel. Etwa: „Wenn meine Aktienquote um mehr als fünf Prozentpunkte von der Zielallokation abweicht, schichte ich um.“
Solche Regeln erzwingen antizyklisches Handeln — verkaufen, wenn alle kaufen wollen; kaufen, wenn alle verkaufen.
Drei Muster-Allokationen für unterschiedliche Risikoprofile
| Profil | Aktien/ETFs | Anleihen | Rohstoffe | Cash |
|---|---|---|---|---|
| Konservativ | 30–40% | 40–50% | 5–10% | 10–15% |
| Ausgewogen | 50–60% | 30–40% | 5% | 5–10% |
| Wachstumsorientiert | 70–80% | 15–25% | 0–5% | 5% |
Diese Zahlen sind Orientierungswerte, keine Vorschriften. Entscheidend ist, dass die Allokation zur eigenen Risikotoleranz passt — und zwar nicht zur Risikotoleranz in guten Zeiten, sondern zu jener in schlechten.
Wer bei einem Rückgang von 30% panisch verkauft, hat zu viel Risiko im Portfolio.
So einfach ist das.
Das Bargeld-Paradox
In Zeiten hoher Bewertungen gewinnt eine oft vernachlässigte Anlageklasse an Attraktivität: Liquidität.
Bargeld erwirtschaftet keine Rendite, das stimmt.
Aber es hat zwei Eigenschaften, die in Krisenzeiten unbezahlbar sind. Es verliert nicht an Wert, wenn alles andere fällt. Und es ermöglicht, günstig nachzukaufen, wenn andere verkaufen müssen.
Selbst wachstumsorientierte Anleger sollten in der aktuellen Phase erwägen, ihre Aktienquote am unteren Ende der Spanne zu halten und die Cashreserve aufzustocken.
Nicht aus Angst — aus Opportunismus.
Denn Crashs sind nicht nur Risiken; für den, der vorbereitet ist, sind sie auch Chancen.
Das Rebalancing als Rettungsanker
Die beste Strategie nützt nichts ohne Disziplin. Rebalancing — das regelmäßige Zurückführen des Portfolios auf die Zielgewichtung — ist der Mechanismus, der diese Disziplin erzwingt.
Es funktioniert automatisch antizyklisch: Nach starken Kursgewinnen werden Aktien verkauft, nach Einbrüchen zugekauft.
Die Regel kann zeitbasiert sein (einmal jährlich) oder schwellenbasiert (bei Abweichungen über 5%).
Wichtiger als die genaue Methode ist, dass sie festgelegt und befolgt wird — bevor die Emotionen übernehmen.
Fazit: Vorbereitung statt Prognose
Niemand weiß, ob der nächste große Einbruch morgen oder in drei Monaten oder in drei Jahren kommt. Oder gar nicht in der Form, wie wir ihn erwarten.
Was wir wissen: Die Bewertungen sind historisch hoch, die Konzentration ist extrem, und die Stimmung ist fragil.
Das sind keine Verkaufssignale — aber es sind Warnsignale.
Die richtige Reaktion ist nicht Panik, sondern Pragmatismus. Überprüfen Sie Ihre Allokation. Reduzieren Sie Klumpenrisiken. Halten Sie Pulver trocken für Gelegenheiten.
Und vor allem: Legen Sie Regeln fest, solange Sie klar denken können. Denn wenn der Sturm kommt, ist es für strategische Überlegungen zu spät.
Die Märkte belohnen auf lange Sicht nicht diejenigen, die den Crash vorhersagen — sondern diejenigen, die ihn überstehen.

Buchtipp: Der einfache Weg zur erfolgreichen Kapitalanlage
Tipp:
Für Anleger, die sich tiefer und ausführlicher mit langfristigen und disziplinierten Anlagestrategien beschäftigen möchten, empfiehlt sich das gerade frisch erschienene Buch „Der einfache Weg zur erfolgreichen Kapitalanlage“ von David Ernsting, Herausgeber von Broker-Test.de.
Es bietet einen auch für Anfänger und Fortgeschrittene leicht verständlichen Leitfaden für den Aufbau eines robusten und erfolgreichen Portfolios, das auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und nicht auf kurzfristigen Marktprognosen basiert.
Dazu gibt es viele Illustrationen und Rechenbeispiele sowie Checklisten, um das eigene Wissen zu überprüfen.
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