Sell in May and go away?

Ginmon“Sell in May and go away …” ist ein altbekanntes Sprichwort an der Börse, welches teils noch immer als Faustregel am Markt angesehen wird. Dahinter steckt der Glaube, dass die Sommermonate ab Mai vergleichsweise schlechte Renditen aufweisen würden. Als Grund wird häufig das warme Wetter genannt, wodurch weniger Börsianer am Marktgeschehen teilnehmen.

Aufgrund niedrigerer Handelsvolumina sei deshalb mit einer riskanteren Marktperiode zu rechnen. Dieser These nach sollen Anleger also im Mai ihre Aktien verkaufen und Ende September wieder in den Markt einsteigen – die logische Ergänzung des Sprichworts lautet nämlich “… but remember to come back in September”.

Anlageentscheidungen sollten jedoch nicht auf Sprichwörtern, sondern auf Fakten basieren. Wie verlässlich ist dieses Sprichwort? Betrachtet man die durchschnittlichen Renditen des S&P 500 auf Monatsbasis der vergangenen zehn Jahre, so kann man den Sinn hinter der Strategie recht schnell erkennen: Sowohl der Mai als auch der August schneiden im betrachteten Zeitraum durchschnittlich mit -0,45 % sowie -1,71 % negativ ab.

Die Monate der Sommerperiode scheinen sich auf den ersten Blick tatsächlich etwas schwächer als der Rest des Jahres zu entwickeln. In den vergangenen zehn Jahren lag die durchschnittliche kumulierte Rendite der Monate Mai bis September bei 2,71 % und der Monate Oktober bis April bei 9,34 %.

 

Quelle: Ginmon, S&P Global; Stand 15.04.2021

In den vergangenen zehn Jahren gab es im monatlichen Durchschnitt neben dem Mai und dem August nur einen Monat, welcher negativ abgeschlossen hat: der März. Die Erklärung lässt sich recht einfach finden, denn die heftigen Kurseinbrüche während der Corona-Krise im März 2020 haben den Schnitt der gesamten zehn Jahre drastisch nach unten gezogen.

Würde man das Jahr 2020 außer Acht lassen, so würde auch der Monat März mit einer positiven Rendite schließen. Für die vorliegende Zeitreihe ist also belegt, dass die Sommermonate tatsächlich schwächer abschneiden als der Rest des Jahres.

Man sieht aber auch, dass “schwächer abschneiden” nicht gleich “negative Renditen” bedeuten muss.

 

 

Wie gut hat “Sell in May” in der Vergangenheit funktioniert?

Das Sprichwort “Sell in May” lässt sich grundsätzlich als eine sogenannte Market-Timing-Strategie einordnen. Vereinfacht gesprochen hofft man bei einem solchen Ansatz auf einen möglichst guten Einstiegs- sowie Ausstiegszeitpunkt am Markt, um so positive Entwicklungen mitzunehmen und schwache Phasen zu vermeiden.

Solche Strategien sind insofern sehr riskant, da man, sollte man sich irren, positive Entwicklungen verpassen und somit hinter dem Markt zurückbleiben könnte. Umgekehrt kann sich diese Methode aber auch besonders lohnen.

Ein Beispiel für den Erfolg von “Sell in May” ist das Jahr 2011. Nach Anfangs positiver Marktentwicklung zu Beginn des Jahres stürzte der S&P 500 ab Mai sehr stark und fiel von einem Plus von ca. 7 % auf ca. -10 % bis September. Erst ab Oktober konnte sich der Markt wieder erholen und schloss das Jahr in etwa auf dem Niveau vom Jahresanfang.

Ein Aussetzen der Sommermonate, also ein Verfolgen der “Sell-in-May”-Strategie, hätte in diesem Fall dafür gesorgt, dass man die positive Entwicklung des Jahresbeginns nach der Sommerpause fortführen konnte und somit eine Rendite von 21,23 % erwirtschaften konnte.

 

Quelle: Ginmon, S&P Global; Stand 15.04.2021

 

Betrachtet man alle 1-Jahres Zeiträume von 2010 bis 2020, so zeichnet sich ein anderes Bild ab: “Sell in May” hat sich lediglich in den Jahren 2010 und 2011 gelohnt. In allen anderen Jahren konnten auch die Sommermonate positive Renditen vorweisen und hätten somit Verluste für Verfolger der Strategie bedeutet.

Besonders in den Jahren 2018 und 2020 konnten die Monate Mai bis September kumuliert 9,4 % (2018) bzw. 16,45 % (2020) zulegen. Diese enormen Anstiege zu verpassen ist sehr schmerzhaft.

Die durchschnittliche Entwicklung des S&P 500 auf monatlicher Basis der vergangenen zehn Jahre zeigt eindeutig auf, dass sich ein Verfolgen der Strategie langfristig nicht lohnt.

Hätte ein Anleger seit 2010 in jedem Jahr die “Sell in May”-Strategie verfolgt, so hätte er durchschnittlich eine jährliche Rendite von 9,57 % erwirtschaften können. Wäre er ganz einfach permanent investiert geblieben, hätte er hingegen ein Plus von 12,64 % aufweisen können.

 

Quelle: Ginmon, S&P Global; Stand 15.04.2021

 

Sollte ich nun im Mai verkaufen oder nicht?

Die Antwort auf diese Frage ist recht einfach. Das Sprichwort “Sell in May and go away” mag ein altbekanntes an der Börse sein, hat sich aber in den vergangenen Jahren als Trugschluss erwiesen. Es sollte daher keinerlei Einfluss auf Anlageentscheidungen haben.

In einzelnen Fällen kann man mit dieser Strategie zwar durchaus profitieren, langfristig lohnt es sich jedoch nicht. Neben der Möglichkeit, dass man durch eine Fehlentscheidung positive Entwicklungen am Markt verpasst, können auch steuerliche Nachteile für Anleger auftreten.

Nicht zuletzt ist der häufige Kauf und Verkauf von Wertpapieren mit Transaktionskosten verbunden, welche den Erfolg einer solchen Strategie weiter schmälern. Oder um mit Kostolany ein weiteres Börsensprichwort zu bemühen: “Hin und Her macht Taschen leer.”

Bezogen auf den Mai könnte ein passenderes Motto als “Sell in May and go away” also vielleicht lauten: “Stay invested throughout the year, lean back and drink a beer”.

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