Singapur greift nach der Goldmarkt-Vormachtstellung: im Juni kommt der Ein-Kilogramm-Gold-Futures-Kontrakt
Singapur greift nach der Goldmarkt-Vormachtstellung – neue Konkurrenz für London und New York: Der globale Goldhandel steht vor einer bedeutsamen Neuordnung. Während London als physisches Handelszentrum und New York als Futures-Hub seit Jahrzehnten die Märkte dominieren, schickt sich mit der Abaxx Exchange in Singapur ein neuer Akteur an, diese etablierte Ordnung herauszufordern.
Am 12. Juni 2025 wird die Börse ihren ersten physisch hinterlegten Ein-Kilogramm-Gold-Futures-Kontrakt einführen – eine Innovation, die speziell auf die Bedürfnisse des asiatischen Marktes zugeschnitten ist.
Asiens Goldmarkt verdient eigene Infrastruktur
Die strategische Positionierung Singapurs als neuer Goldhandelsplatz folgt einer klaren Marktlogik.
„Asia is a kilobar market – that’s not being matched in London and New York. The Asian market deserves its own marketplace and we think Singapore is natural for that“, erklärt David Greely, Chefvolkswirt der Abaxx Exchange.
Diese Aussage trifft den Kern einer lange übersehenen Marktlücke: Während in Europa und Nordamerika Unzen-basierte Goldkontrakte dominieren, bevorzugen asiatische Märkte traditionell Kilobarren.
Der neue Singapurer Kontrakt wird in US-Dollar denominiert und ermöglicht die physische Lieferung von 99,99 Prozent reinen Kilobarren.
Besonders bemerkenswert ist die geplante zentrale Abwicklung über das neue Clearing-System, das Kontrahentenrisiken minimieren soll.
Mittelfristig strebt Abaxx sogar einen 24/7-Handel an – eine Revolution, die Marktlücken am Wochenende schließen würde.
Geopolitische Spannungen als Katalysator
Singapore könnte eine „truly viable alternative“ zu den bekannten Goldstädten New York und London werden, da das Land eine stabile Regierung und ein investorenfreundliches Steuerumfeld bietet.
Diese Entwicklung wird durch die geografische Nähe zu bedeutenden Goldproduzenten verstärkt.
Singapur liegt in unmittelbarer Nähe zu etwa 25 Prozent der weltweiten Goldförderung, darunter China, Australien, Indonesien, die Philippinen und Papua-Neuguinea.
Diese Konstellation schafft natürliche Vorteile für einen regionalen Handelsplatz.
Gold: technologische Innovation trifft etablierte Märkte
Die Abaxx Exchange positioniert sich als technologisch fortschrittliche Alternative zu den etablierten Handelsplätzen. Josh Crumb, CEO von Abaxx Technologies, kritisiert die bestehende Goldmarkt-Infrastruktur als „dysfunctional“ und argumentiert, dass die Infrastruktur nicht mit der modernen Art des Goldhandels Schritt gehalten habe.
Das Unternehmen hat bereits über 100 Millionen US-Dollar von Investoren eingesammelt, darunter prominente Namen wie BlackRock und CBOE Global Markets. Diese Finanzierungsrunde unterstreicht das Vertrauen institutioneller Anleger in das Konzept einer asiatischen Gold-Börse.
Parallel zur Futures-Einführung wird Abaxx Spot als separate Einheit etabliert, die elektronische Abrechnung und physische Lieferung über einen sicheren, transparenten Goldpool ermöglichen soll.
Diese Integration von Futures- und Kassageschäft an einem Standort könnte die Preiskonvergenz verbessern und die Markteffizienzen steigern.
Deutsche Goldanleger im Wandel
Während sich in Asien neue Handelsstrukturen etablieren, zeigt der deutsche Goldmarkt interessante Entwicklungen. Das börsengehandelte Goldprodukt Xetra-Gold, Europas größtes physisch hinterlegtes Gold-Wertpapier, verzeichnete 2024 deutliche Bestandsrückgänge bei gleichzeitig steigendem verwaltetem Vermögen.
Der Goldbestand von Xetra-Gold sank von 198,7 Tonnen Ende 2023 auf 166,5 Tonnen Ende 2024 – ein Rückgang von 32,2 Tonnen oder 16,2 Prozent. Während der Goldbestand zurückgegangen ist, hat sich der Goldpreis in diesem Zeitraum weiter erhöht und lag zum Jahresende bei 80,61 € pro Gramm. Das verwaltete Vermögen stieg dadurch um rund 13 Prozent auf 13,5 Milliarden Euro.
Diese scheinbar paradoxe Entwicklung spiegelt das Verhalten deutscher Anleger wider: Viele nutzten die Rekordpreise für Gewinnmitnahmen, während die verbliebenen Bestände durch die Preissteigerungen an Wert gewannen.
„Vor allem in den letzten Monaten hat unter anderem der hohe Goldpreis zu Verkäufen angeregt“, erklärt Steffen Orben, Geschäftsführer der Deutsche Börse Commodities GmbH.
Zentralbanken als treibende Kraft
Während private Anleger teilweise Gewinne realisierten, blieben Zentralbanken wichtige Goldkäufer. Zentralbanken, eine bedeutende Quelle der Goldnachfrage, kauften im Jahr 2024 zum dritten Mal in Folge mehr als 1.000 Tonnen des Edelmetalls.
Die Nationalbank Polens war mit 90 Tonnen der größte institutionelle Käufer des Jahres.
Diese anhaltende Nachfrage institutioneller Käufer, kombiniert mit der Etablierung neuer Handelsinfrastrukturen in Asien, deutet auf eine strukturelle Veränderung des globalen Goldmarktes hin.
Die traditionelle Dominanz westlicher Handelsplätze könnte zugunsten einer multipolaren Marktstruktur schwinden.
Strategische Chancen für Anleger
Besonders interessant erscheint die Möglichkeit, Gold außerhalb der traditionell westlich dominierten Infrastruktur zu handeln. In einer Zeit zunehmender geopolitischer Spannungen könnte dies als zusätzliche Diversifikationsoption fungieren. Die physische Hinterlegung in Singapur bietet dabei eine Alternative zu Lagerstätten in London oder New York.
Langfristig orientierte Investoren sollten diese Entwicklungen genau verfolgen. Die Abaxx Exchange könnte sich als Katalysator für eine breitere Neuausrichtung der globalen Rohstoffmärkte erweisen, bei der Asien eine zentrale Rolle übernimmt.
Ausblick: Multipolare Goldwelt
Die Einführung des Singapurer Gold-Futures markiert möglicherweise den Beginn einer neuen Ära im globalen Goldhandel. Während London und New York ihre Positionen behaupten werden, entsteht mit Singapur ein drittes bedeutsames Zentrum, das speziell auf die Bedürfnisse des asiatischen Marktes ausgerichtet ist.
Für Anleger bedeutet diese Entwicklung erweiterte Möglichkeiten der geografischen und infrastrukturellen Diversifikation. Die Kombination aus technologischer Innovation, regulatorischer Klarheit und strategischer Positionierung könnte Singapur tatsächlich zu einem ernsthaften Konkurrenten für die etablierten Goldhandelsplätze machen.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob der Singapurer Ansatz die erhoffte Liquidität und Akzeptanz bei institutionellen Anlegern findet. Gelingt dies, könnte sich die globale Goldmarktlandschaft nachhaltig verändern – mit weitreichenden Folgen für Preisbildung, Risikomanagement und Anlagestrategien weltweit.
Gold Chart
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