Der japanische Aktienmarkt: ineffizient, unterschätzt und deshalb chancenreich
Lazard: Obwohl der japanische Aktienmarkt der zweitgrößte unter den Industriemärkten weltweit ist, weist er dennoch Ineffizienzen wie ein Schwellenmarkt auf.
„Für Investmentmanager wie uns, die den japanischen Markt genau kennen und seit langem vor Ort präsent sind, ergeben sich daraus vielfältige Möglichkeiten zur Alpha-Generierung“, erklärt June-Yon Kim, Lead Portfolio Manager für japanische Aktien bei Lazard Asset Management.
Groß, aber ineffizient
Gleichzeitig weise er jedoch Ineffizienzen auf, wie sie sonst nur in den Aktienmärkten von Schwellenländern zu finden seien.
„Wenn ein Markt sehr ineffizient ist, viele Unternehmen also fehlbewertet sind, ergeben sich daraus für Marktkenner natürlich Anlagegelegenheiten. Die Chancen für einen Investmentmanager, einen entsprechenden Vergleichsindex zu übertreffen, sind am japanischen Aktienmarkt viel höher als in anderen Teilen der Welt“, sagt Kim.
Ein Grund für die Ineffizienz des japanischen Aktienmarkts ist nach Ansicht Kims, dass Japan zwar die Heimat mehrerer Weltmarktführer in verschiedenen Branchen und damit international aufgestellt sei, gleichzeitig aber in vielerlei Hinsicht ein sehr lokaler Markt sei.
„Für internationale Investoren gehen im Gespräch mit japanischen Unternehmen viele Nuancen schon allein aufgrund sprachlicher und kultureller Barrieren verloren. Auch heute noch ist es deshalb von Vorteil, als Investor vor Ort zu sein und Gespräche direkt in der Landessprache führen zu können“, erläutert Kim.
Ineffizienzen entstünden auch durch die geringe Abdeckung des japanischen Aktienmarkts durch Analysten.
„Es gibt zwar eine beträchtliche Menge an guter Berichterstattung über die Mega-Caps in Japan. Aber diese Abdeckung sinkt erheblich, je kleiner die Werte werden und dies, obwohl am japanischen Aktienmarkt mehrheitlich Unternehmen mit mittlerer Marktkapitalisierung vertreten sind“, führt Kim aus.
Infolgedessen sei der japanische Aktienmarkt auf der Sell- wie der Buy-Side weniger gut abgedeckt.
Historische Gründe für geringe internationale Investitionen
Das fehlende Interesse internationaler Investoren hat aus Sicht Kims auch historische Gründe: „1989 war der japanische Aktienmarkt der größte Markt der Welt und machte etwa 45 Prozent des MSCI World Index aus. Acht der zehn größten Unternehmen weltweit waren japanische Banken, weshalb Japan lange Zeit ein bekannter und überbewerteter Markt war“, erklärt Kim.
Nach dem Platzen der Blase sei eine Abwertung gefolgt, die weit über das hinausgegangen sei, was durch das relative Gewinnwachstum der japanischen Unternehmen gerechtfertigt gewesen wäre.
„Deshalb werden japanische Aktien heute mit einem erheblichen Bewertungsabschlag gegenüber ihren Pendants aus anderen entwickelten Märkten gehandelt, und internationale Investoren sind bei japanischen Aktien trotz des zuletzt wieder erwachten Interesses noch immer stark untergewichtet“, erklärt Kim.
Eine neue Sicht auf Japan ist nötig
Beim Gewinnwachstum je Aktie (Earning per share, EPS) beispielsweise habe Japan in den letzten zehn Jahren nicht nur Europa und Asien ex Japan, sondern auch die USA übertroffen.
Eine weitere Erfolgsstory gebe es im Bereich Corporate Governance.
Bereits unter Premierminister Shinzo Abe seien Strukturreformen angestoßen worden, um die Kapitaleffizienz börsennotierter japanischer Unternehmen zu verbessern und den Aktionärsfokus zu stärken.
Diese Reformen hätten zuletzt durch Initiativen der Tokioter Börse (TSE) weitere Impulse erhalten.
„Mittlerweile tragen diese Reformbemühungen Früchte. Die Daten zeigen, dass japanische Unternehmen sich in den letzten Jahren bei der Unternehmensführung tatsächlich verbessert haben und sich dies bereits positiv in der Unternehmensleistung bemerkbar macht“, sagt Kim.
Als Folge der jahrzehntelangen Deflation hätten japanische Unternehmen zudem ihre Verschuldung wesentlich verringert, da Schulden in einem deflationären Umfeld reale Kosten verursachen würden.
Rund 45 Prozent der Unternehmen im MSCI Japan Index, die nicht dem Finanzsektor angehören, würden heute eine Netto-Cash-Position aufweisen.
Zudem sei die Nettoverschuldung des Nichtfinanzsektors im Verhältnis zum Eigenkapital heute niedriger als im Rest der Welt und nur noch halb so hoch wie die historischen Höchststände.
Diese Erfolge würden von globalen Investoren allerdings nicht wahrgenommen, weil sie sich bislang nicht in spektakulären Renditen niedergeschlagen hätten, wie das bei ähnlichen Entwicklungen in den USA die Regel sei.
„In Japan sehen wir, dass die Gewinne steigen, aber die Multiplikatoren weiter schrumpfen. Das ist völlig anders als in den USA, wo Multiplikatoren mit den Gewinnen in die Höhe klettern. Aus diesem Grund übersehen viele Investoren die fundamentale Verbesserung“, so Kim.
Rückkehr der Inflation
Nach dem Ende der deflationären Phase finde nun bei japanischen Unternehmen und Privathaushalten ein Umdenken statt.
Unternehmen würden wieder verstärkt investieren und seien zudem bereit, aus strategischen Gründen gewisse Risiken einzugehen, was sich unter anderem in einer steigenden Zahl von Unternehmenszusammenschlüssen und -übernahmen niederschlage.
Eine ähnliche Veränderung sieht Kim auch bei den Privathaushalten.
Die von Jahrzehnten der Deflation geprägte Denkweise vieler Japaner – möglichst geringe Verschuldung, möglichst wenig Konsum, Zurückhaltung bei Investitionen – kehre sich allmählich um.
Die Konsumausgaben würden steigen und Investments in den eignen Aktienmarkt hätten sich vervielfacht, unterstützt durch staatliche Förderung.
Fazit
Kim resümiert: „Die Größe des Markts, seine Ineffizienz, die Unterbewertung, die attraktiven Unternehmen und die veränderte Haltung der Konsumenten – zusammen ergeben diese Faktoren ein attraktives Umfeld für Anleger. Wer unterbewertete Aktien sucht, wird in Japan fündig.“
Nikkei Index Chart
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