DAX nach Rekordhoch im einer Phase der Unsicherheit – wie geht es im Zollstreit zwischen den USA und der EU weiter?

Die Freude an den Finanzmärkten über die Zollpause währte nur kurz. Immerhin beförderte dies den deutschen Leitindex DAX zu einem Allzeithoch von über 24.100 Punkten. Eine nüchterne Standortbestimmung steht jedoch noch aus. Einerseits heißt pausieren nicht, dass sich das Thema erledigt hat. Andererseits rückt die hohe US-Staatsverschuldung zunehmend in den Fokus.

In Verbindung mit dem schon zuvor erfolgten Reputationsschaden, den der US-Dollar erlitten hat, ist das allmählich aufkommende Unbehagen der Anleger nachvollziehbar.

Dieses äußert sich an den Kapitalmärkten in der abgelaufenen Handelswoche in einem neuen Rekord der Kryptowährung Bitcoin, Gewinne für Gold sowie Verlusten bei US-Aktien und US-Dollar.

 

USA: Reconciliation Bill

Ein von US-Präsident Trump vorangetriebenes Haushaltsgesetz (Reconciliation Bill) hat im Repräsentantenhaus mit einer knappen Mehrheit eine erste Hürde genommen. Der Gesetzentwurf sieht eine Steuerreform und Ausgabenkürzungen vor allem im sozialen Bereich vor. Es wird auch deshalb kontrovers unter Republikanern diskutiert, weil befürchtet wird, dass es das US-Haushaltsdefizit, welches 2025 laut Congressional Budget Office bei 6,2 % des BIP liegen dürfte, weiter in die Höhe treibt.

Der ohnehin schon völlig aus den Fugen geratene US-Haushalt würde – wenn sich Repräsentantenhaus und Senat einigen – um Billionen Dollar erhöht werden.

Das passiert zu einem Zeitpunkt, wo die ausländische Nachfrage nach US-Staatsanleihen als sicherer Anlagehafen bereits einigen Belastungstests ausgesetzt war.

Deshalb gerieten sowohl der US-Rentenmarkt als auch der US-Dollar unter Abgabedruck, während Anleger sich nach Anlagealternativen umschauen, die ihnen mehr Sicherheit versprechen.

Dazu zählt die Digitalwährung Bitcoin, die mit knapp 112.000 Dollar ein neues Allzeithoch erreicht hat, sowie der Klassiker Gold, dessen Jahresperformance derzeit bei knapp 26 % liegt.

Das gilt allerdings nur in Dollarrechnung, da auch der US-Dollar in der Breite abwertet.

 

Helaba Wochenausblick

 

In der Berichtswoche dürften sich die Diskussionen, inwieweit die Zollunsicherheiten die US-Wirtschaft beeinträchtigen, fortsetzen. In den US-Auftragseingängen für langlebige Güter im April könnte sich schon ein erster Hinweis für die künftige Investitionsbereitschaft finden. Daneben ist auch der PCE-Index, der für die Fed-Politik maßgebliche Inflationsindikator, von Interesse.

Gibt es erste Auswirkungen auf die Teuerungsrate?

Falls nicht, so könnte es der Diskussion um Leitzinssenkungen der Fed neuen Auftrieb verleihen. Aus deutscher Sicht stehen ebenso die Verbraucherpreise im Fokus. Die deutsche Inflationsrate betrug im April nur noch 2,1 %. Geholfen haben die sinkenden Energiepreise (-5,4 %), während Nahrungsmittel um 3,3 % überdurchschnittlich zulegten. Die gesamten Dienstleistungen ohne Wohnungsmieten stiegen sogar um 4,7 %. Auch im Mai dürfte die deutsche Inflationsrate mit schätzungsweise 2,2 % im Rahmen bleiben.

Niedriger Ölpreis

Die noch schwache Konjunktur und ein niedriger Brent-Ölpreis von aktuell rund 65 US-Dollar helfen. Mit der erwarteten allmählichen Besserung der Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte werden allerdings diese Faktoren eher belasten. Der Ölpreis dürfte dann wieder zulegen und die lebhaftere Konjunktur wird die Nachfrage erhöhen.

Die Tarifsteigerungen lassen für die Gesamtwirtschaft bislang noch kaum Entspannung erkennen. Höhere Lohnkosten werden insbesondere bei Dienstleistungen mit hohem Arbeitskostenanteil und teilweise niedrigerem Wettbewerbsdruck leichter überwälzt als bei international handelbaren Gütern.

 

Europäische Gegenzölle

Sollte zudem die Zollauseinandersetzung mit den USA zu nennenswerten europäischen Gegenzöllen führen, würde dies zusätzliche Preissteigerungen bedeuten.

Unsere Prognose einer deutschen Inflationsrate von jahresdurchschnittlich gut 2 % für 2025 bleibt allerdings bestehen.

Helaba Wochenausblick

Analyse der Broker-Test.de Redaktion

Der deutsche Leitindex DAX hat am 20. Mai 2025 erstmals die psychologisch wichtige Marke von 24.000 Punkten durchbrochen und damit ein neues Allzeithoch markiert. Diese bemerkenswerte Entwicklung steht jedoch im Schatten anhaltender Handelsspannungen zwischen den USA und der Europäischen Union, die Analysten zunehmend als Belastungsfaktor für die weitere Kursentwicklung bewerten.

 

DAX mit außergewöhnlicher Erholung nach dramatischem Einbruch

Die aktuelle Rekordfahrt des DAX gewinnt vor dem Hintergrund der dramatischen Ereignisse vom April besondere Bedeutung. Der sogenannte „Panic Monday“ Anfang April, ausgelöst durch die Ankündigung neuer Zölle von US-Präsident Donald Trump, hatte den deutschen Leitindex auf 18.489 Punkte abstürzen lassen. Seither verzeichnet das Barometer eine spektakuläre Erholung von über 30 Prozent.

Mit einem Plus von rund 20,7 Prozent seit Jahresbeginn übertrifft der DAX die Erwartungen vieler Marktbeobachter deutlich. Diese Performance reflektiert nicht nur die Widerstandsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, sondern auch die Hoffnungen der Anleger auf eine Entspannung der internationalen Handelskonflikte.

 

Überkaufte Märkte signalisieren Vorsicht

Trotz der beeindruckenden Zahlen mahnen Analysten zur Vorsicht. Der steile Kursanstieg hat den DAX nach Einschätzung vieler Experten in einen überkauften Zustand versetzt, in dem bereits viele positive Entwicklungen in den Kursen antizipiert sind. Diese Konstellation erhöht die Wahrscheinlichkeit von Gewinnmitnahmen und kurzfristigen Korrekturen.

Die außergewöhnliche Rally wird von Marktbeobachtern als bemerkenswert, aber auch als anfällig für Rückschläge bewertet. Insbesondere die Geschwindigkeit des Anstiegs nährt Befürchtungen, dass der Markt über seine fundamentalen Rechtfertigungen hinausgeschossen sein könnte.

Zollstreit zwischen USA und EU – 50% Zölle ab 1. Juni?

Der ungelöste Handelskonflikt zwischen den USA und der EU bleibt das zentrale Unsicherheitsmoment für die weitere Marktentwicklung. Im Handelsstreit zwischen den USA und der EU droht US-Präsident Donald Trump ab dem 1. Juni mit Zöllen in Höhe von 50%. Die Verhandlungen mit der Europäische Union hätten sich bisher schwierig gestaltet, erklärte Trump in seinem Onlinedienst Truth Social. Und weiter:

 

„Daher empfehle ich einen direkten Zollsatz von 50% für die EU ab dem 1. Juni 2025.“

 

Kein Wunder, dass die Finanzmärkte scharf reagieren: der Dax verlor am letzten Handelstag der Woche fast schlagartig 2% (siehe nachfolgende Grafik).

 

 

Diese anhaltende Unsicherheit belastet die Planungssicherheit deutscher Exporteure und könnte mittelfristig die Konjunkturdynamik dämpfen.

Analysten warnen vor den verzögerten Auswirkungen dieser handelspolitischen Spannungen. Die negativen Effekte hoher politischer Unsicherheit und protectionistischer Maßnahmen könnten sich erst mit zeitlicher Verzögerung in den Wirtschaftsdaten niederschlagen.

Besonders die Weltwirtschaft, einschließlich der US-amerikanischen, zeige bereits erste Schwächezeichen im Vergleich zur Zeit vor Trumps Amtsübernahme.

Kurzfristige Chancen bei mittelfristigen Risiken

Trotz der strukturellen Bedenken sehen viele Analysten kurzfristig noch Potenzial für weitere Kursgewinne, solange die positiven Impulse anhalten. Die Liquidität in den Märkten bleibt hoch, und das Momentum könnte den DAX noch weiter nach oben tragen.

Die mittelfristigen Perspektiven hängen jedoch stark von der Entwicklung des Zollkonflikts ab.

Eine Eskalation der Handelsstreitigkeiten könnte die positive Stimmung schnell kippen lassen, während eine überraschende Einigung zwischen den USA und der EU zusätzliche Kursphantasie freisetzen würde.

 

Erhöhte Volatilität als neue Normalität

Die aktuellen Marktbedingungen deuten auf eine Phase erhöhter Schwankungen hin. Analysten rechnen mit verstärkten Kursbewegungen in beide Richtungen, da die Märkte sensibel auf jede Entwicklung in den Handelsbeziehungen reagieren. Diese Volatilität spiegelt die Unsicherheit über die weitere wirtschaftspolitische Ausrichtung der USA wider.

Für Anleger bedeutet dies, dass sie sich auf ein anspruchsvolles Marktumfeld einstellen müssen, in dem sich die Stimmung schnell ändern kann. Die Märkte bleiben anfällig für externe Schocks, insbesondere für Nachrichten aus Washington bezüglich weiterer Handelsmaßnahmen.

Strategische Empfehlungen für Anleger

Angesichts der aktuellen Konstellation empfehlen Analysten eine ausgewogene Herangehensweise. Während die grundsätzliche Aufwärtstendenz intakt bleibt, sollten Anleger die Entwicklungen im Zollstreit genau verfolgen und gegebenenfalls Gewinne absichern.

Eine diversifizierte Positionierung und das Bereithalten von Liquidität für eventuelle Kaufgelegenheiten bei Rücksetzern gelten als prudente Strategien.

DAX Fazit: Rekordhoch mit Vorbehalt

Der DAX-Rekord von 24.000 Punkten markiert einen bemerkenswerten Meilenstein, der jedoch vor dem Hintergrund ungelöster geopolitischer Spannungen betrachtet werden muss. Die außergewöhnliche Erholung seit dem April-Tief demonstriert die Dynamik der deutschen Aktienmärkte, birgt aber auch Risiken einer Übertreibung.

Die weitere Entwicklung wird maßgeblich davon abhängen, ob es Fortschritte bei der Lösung des transatlantischen Handelskonflikts gibt und wie sich die globalen Konjunkturdaten entwickeln. Solange diese Unsicherheiten bestehen, bleibt der deutsche Leitindex trotz seiner beeindruckenden Performance anfällig für Rückschläge.

Anleger sind gut beraten, die aktuelle Stärke in ihren Handelentscheidungen zu berücksichtigen, aber gleichzeitig die Risiken im Blick zu behalten und ihre Portfolios entsprechend zu positionieren.

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