Erholung der Aktienmärkte in Sicht? Rallye auf Energierohstoffe bedingt Anstieg der Risikoaversion

Nachdem sich im Frühjahr eine Erholung abgezeichnet hatte, ist die Risikoaversion der Anleger an den internationalen Aktienmärkten seit Mitte Mai wieder deutlich gestiegen. Grund hierfür ist die fortgesetzte Rallye auf Energierohstoffe, die den Ölpreis in den zurückliegenden zwölf Monaten um das Doppelte in die Höhe getrieben hat. Deutlich zu spüren sind die Folgen: Die Kaufkraft der privaten Haushalte in den Öl importierenden Ländern sinkt und die Unternehmensgewinne schrumpfen – branchenübergreifend. “Die tatsächliche Ursache für den anhaltenden und konjunkturunabhängigen Anstieg der Energiepreise ist nicht in erster Linie die faktische Verknappung der Rohstoffe, sondern vielmehr eine Verkettung verschiedener Entwicklungen an den Finanzmärkten”, erklärt Gerrit Weber, der die Kapitalmärkte für das Commerzbank Private Banking im Blick hat.

Kapitalmarkt treibt Ölpreis

So ist trotz aller Maßnahmen der großen Notenbanken das Vertrauen in die Stabilität des von der Finanzkrise belasteten Geschäftsbankensystems noch nicht wieder hergestellt. Selbst in der Eurozone liegen die Geldmarktsätze im Interbankenhandel rund 100 Basispunkte über dem Refinanzierungssatz. Das belastet die Ertragslage der Banken und schränkt aufgrund der hohen Kreditzinsen die stabilisierende Wirkung der US-Geldpolitik ein. “Die Subprime-Krise, entstanden aus einer Überversorgung des Wirtschaftssystems mit Liquidität, wird nun mit dem gleichen Instrument bekämpft”, stellt Weber fest. “Das erhöht den Inflationsdruck, der wiederum durch die allgemeine Güterpreisentwicklung verstärkt wahrgenommen wird.” Höhere Liquidität und Inflationsängste treiben zur Inflationsabsicherung die Nachfrage nach Terminkontrakten auf Rohstoffe, die von der tatsächlichen Verwendung entkoppelt ist. Da Energierohstoffe gegenüber Industriemetallen weniger konjunkturabhängig sind, greifen Anleger und Investoren vor allem hier zu. “Der massive Energiepreisanstieg ist vor allem ein Kapitalmarktphänomen”, ist Weber überzeugt. “Anhaltend steigende Energiepreise verteuern zudem die Produktion, so dass sich die erhöhten Inflationsängste zunächst einmal bestätigen.”

Auf Basis dieser Erfahrung wird sich die Geldpolitik in den USA und Europa darauf konzentrieren, die Inflationsbewegung abzufangen. Die EZB hat aus diesem Grund ihren Leitzins Anfang Juli bereits erhöht. Seitens der US-Notenbank ist ab Spätherbst mit der ersten Zinsanhebung für das Frühjahr 2009 zu rechnen. Als direkter Einflussfaktor auf Aktien-, Renten- und Devisenmärkte wäre dies als offizielles Signal für eine weitgehende Überwindung der Finanzkrise zu werten und sollte dazu beitragen, dass die Gewinnrevisionen im 2. Halbjahr auslaufen.

Ausblick steht und fällt mit dem Ölpreis

Die Energiepreise bleiben wegen ihrer hohen realwirtschaftlichen Relevanz der determinierende Faktor für die Entwicklung auf den Aktienmärkten 2008. Für die großen europäischen und amerikanischen Indizes ergibt sich ein Gewinnrückgang von circa 5% im Vergleich zum Vorjahr und auch die typischen frühzyklischen Marktindikatoren, wie der koreanische KOSPI oder der Dow Jones Transport, geben – anders als noch im April – kein eindeutiges Erholungssignal. Trotzdem sind die Aktienmärkte aufgrund des anhaltenden Pessimismus und der aktuellen Gewinneinschätzungen sehr günstig bewertet. Weiterhin rückläufige Kurse im kommenden Jahr sind daher unwahrscheinlich. Eine “Normalisierung” der Risikoaversion, die sicher nur bei rückläufigem Ölpreis denkbar ist, könnte den DAX in eine Region von 7.000 bis 7.200 Punkte zurückführen. Von einer nachhaltig positiveren Entwicklung in Richtung eines Jahresendziels von 7.800 Punkten ist nur dann auszugehen, wenn sich der Ölpreis dem fundamental erklärbaren Fixpunkt von 120 USD je Barrel annähert, das Vertrauen in die US-Fiskalpolitik wiederkehrt und sich basierend darauf die Gewinnerwartungen für 2009 stabilisieren.

“Anleger sollten für die kommenden Monate davon ausgehen, dass sich die ‘Sägezahnformation’ fortsetzt”, schätzt Gerrit Weber die Lage ein. “Branchenrotation und hohe Volatilität bei langfristig attraktiven Einzelwerten, die sich 2008 noch fortsetzt, erfordert aktives Portfoliomanagement. Der Fondsmantel ist hierbei für private Anleger wohl am besten geeignet.”

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