Im Gespräch: comdirect und Consorsbank berichten über ihre spektakulären Übernahmen von OnVista und DAB Bank
Broker-Test im Gespräch mit Klaus Beck, Head of Trading & Quality der Consorsbank, und Matthias Hach, Leiter Trading der comdirect bank AG. Anlaß war die Übernahme der OnVista AG, also Broker OnVista wie auch das OnVista-Finanzportal, durch die comdirect. Nur ein paar Tage zuvor hatte die Consorsbank die technische Integration der DAB Bank abgeschlossen. Spannend also, was die comdirect nach der OnVista-Übernahme noch vor hat und wie die Consorsbank die DAB-Übernahme zum jetzigen Zeitpunkt bewertet. Ferner geben beide Gesprächspartner ihre Sicht auf die Situation am deutschen Brokeragemarkt wieder und nehmen Stellung zur Regulierung von CFDs seitens der BaFin.

Matthias Hach
Kurz vor Weihnachten gab es noch mal einen richtigen Paukenschlag im deutschen Brokeragemarkt – die comdirect hat die OnVista AG (Finanzportal und Online Broker) übernommen. Wie kam es dazu?
Matthias Hach, comdirect: Das Gesamtpaket stimmt einfach. Die OnVista Bank wächst und hat rund 90.000 tradingaffine Kunden und 2,1 Mrd. Assets under Management. Dazu kommt, dass onvista.de ein etablierter Name ist, wenn es um Finanzinformationen geht. Die OnVista AG passt damit optimal zu comdirect und stützt unsere Wachstumsambitionen.
Die Consorsbank hatte ja bereits mit der Übernahme der DAB Bank vorgelegt. Im November wurde dann auch die technische Integration abgeschlossen. Wie lief diese ab?

Klaus Beck
Klaus Beck, Consorsbank: Die technische Migration verlief reibungslos. Darauf sind wir sehr stolz – auch vor dem Hintergrund, dass es in letzter Zeit allgemein sehr viel kritische Berichterstattung über die IT von Banken gab. Unser Migrationsprojekt ist ein Beispiel dafür, dass Banken sehr wohl in der Lage sind, große IT-Projekte zu stemmen, ohne dass es zu Problemen kommt. Es hat sich ausgezahlt, dass wir nach der Übernahme der DAB Bank durch BNP Paribas Ende 2014 zwei Jahre lang den Umzug der DAB-Kunden zur Consorsbank sehr sorgfältig vorbereitet haben.
Und wie ist das bisherige Feedback der ehemaligen DAB-Kunden?
Klaus Beck, Consorsbank: Wie erwartet mussten sich die Kunden zunächst an das neue Portal und die neuen Systeme gewöhnen. Das führte dazu, dass die Zahl der Calls und Anfragen deutlich zunahm und im Gegenzug die Zahl der Wertpapiertransaktionen von ehemaligen DAB-Kunden zunächst zurückging, weil sich diese zuerst mit der Consorsbank vertraut machen mussten. Dass sich das Transaktionsniveau bei diesen Kunden mittlerweile wieder auf dem Vor-Migrationsstand bewegt, zeigt am besten, dass sie in der neuen Welt angekommen sind. Darüber hinaus nutzen wir das Feedback, das wir von den Kunden erhalten, um unser Angebot weiter zu optimieren.
Welche Strategie verfolgt die comdirect mit der Übernahme des Online Brokers OnVista?
Matthias Hach, comdirect: Wie gesagt: Für uns ist das eine Wachstumsakquisition. Mit dem Kauf stärken wir unsere Position als Marktführer Brokerage. Der Erwerb zahlt damit ein auf unsere Strategie, die erste Adresse für Sparen, Anlegen und Handeln mit Wertpapieren zu sein.
Im Rahmen der Übernahme der OnVista AG haben Sie ja auch eines der ältesten und renommiertesten Finanzportale Deutschland übernommen. Welches Ziel verfolgt die comdirect hier?
Matthias Hach, comdirect: Onvista.de ist eine der meistbesuchten Finanzwebseiten Deutschlands mit rund zehn bis zwölf Millionen Visits pro Monat. Wir erhalten also eine optimale Plattform für Informationen rund um Finanzen und zur Vermarktung sowie zur Neukundengewinnung.
Ist die Consorsbank jetzt unter Zugzwang, auch ein großes Finanzportal zu übernehmen?
Klaus Beck, Consorsbank: Es gibt es bei uns derzeit keine Bestrebungen, ein Finanzportal zu erwerben. Wie Beispiele zeigen, bietet die Kombination von Online-Broker und Informationsportal keine Erfolgsgarantie. Synergien zwischen diesen beiden Welten zu realisieren, ist sicher anspruchsvoll. Da konzentrieren wir uns lieber weiter auf unser Kerngeschäft.
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung in 2017 auf dem deutschen Brokerage Markt?
Klaus Beck, Consorsbank: Die auch voraussichtlich im nächsten Jahr anhaltende Niedrigzinsphase wird das Brokerage-Geschäft weiter beflügeln. Es wird sich – auch bei den reinen Banking-Kunden – immer mehr herumsprechen, welche Chancen Wertpapiere für den langfristigen Vermögensaufbau bieten. Deshalb glauben wir, dass insbesondere niedrigschwellige Angebote wie Fonds- und ETF-Sparpläne erfolgreich sein werden. Die Übernahmen der letzten Zeit zeigen, dass für den Erfolg am Markt die Größe wichtig ist. Nach der Integration der DAB Bank sind wir hier mit über 1,5 Millionen Kunden als einer der Marktführer sehr gut aufgestellt – mit einem Produktspektrum, das vom Girokonto auf der einen bis zum CFD-Handel auf der anderen Seite reicht.
Matthias Hach, comdirect: Was wir gesehen haben ist, dass sich der Markt rasant verändert. Und ich glaube nicht, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändert. Dafür sorgen die anhaltende Niedrigzinsphase, aber auch regulatorische Vorgaben wie MiFID II. Wir sind hier entspannt – denn wir sind sehr gut aufgestellt und sehen keine grundsätzliche strukturelle Marktveränderung für uns.
Umso größer Broker werden, desto schwieriger fällt es, sich um kleine Zielgruppen zu kümmern. Eine kleine, aber ganz wichtige Zielgruppe sind dabei die Heavytrader. Sind richtige Daytrader bei comdirect und Consorsbank noch gut aufgehoben? Oder überlässt man dieses Marktsegment Spezialisten wie sino und ViTrade?
Klaus Beck, Consorsbank: Die Consorsbank zählte schon immer viele Heavy Trader zu ihren Kunden. Dass wir in den letzten Jahren unser Banking-Angebot ausgebaut haben und mittlerweile über eine sehr breite Kundenbasis verfügen, hat daran nichts geändert. Die Betreuung unserer Heavy Trader liegt uns sehr am Herzen, beispielsweise über unsere VIP-Clubs für StarTrader, PlatinumStars und StarInvestoren. Vieltrader können sich in der Consorsbank nach wie vor beheimatet fühlen.
Matthias Hach, comdirect: Zwei ganz klare Antworten auf Ihre Fragen: Ja und nein. Ja, auch Daytrader sind bei uns gut aufgehoben. Wir sind hier ein etablierter Player und haben langjährige Kundenbeziehungen. Und nein: Wir haben nicht vor, das Feld unseren Mitbewerbern zu überlassen, wie auch der Erwerb der OnVista AG beweist.
Ein anderes wichtiges Segment, welches in den letzten Jahren kontinuierlich wachsen konnte, ist der Handel mit CFDs. Hier möchte die BaFin in Zukunft stärker regulieren. Wie ist Ihre Einschätzung der Situation und für welche Lösung plädieren Sie?
Klaus Beck, Consorsbank: Unser CFD-Angebot kommt schon seit einiger Zeit ganz ohne Nachschusspflicht aus, sodass eventuelle Verluste den Einsatz nie übersteigen. Deshalb sehen wir die aktuellen Bestrebungen der BaFin mehr als Bestätigung denn als Bedrohung. Enge Spreads und eine Referenzpreisgarantie für alle DAX30- und EUROSTOXX50-Aktien steigern zudem die Attraktivität unseres Angebots.
Matthias Hach, comdirect: Grundsätzlich begrüßen wir Bemühungen um einheitliche und faire Branchenlösungen. Bei comdirect hat der Kunde ja schon jetzt die Wahl zwischen einem Konto mit und einem ohne Risikobegrenzung. Viele Kunden nutzen diese Möglichkeit und entscheiden sich für ein Konto, bei dem die Nachschusspflicht ausgeschlossen ist. Insofern: Wir beobachten die weitere Entwicklung aufmerksam, sehen uns aber gut aufgestellt.
Welche Innovationen dürfen Trader in 2017 von den beiden größten deutschen Brokern erwarten?
Klaus Beck, Consorsbank: Man sollte ja nie zu viel verraten, aber Trader können sich beispielsweise auf eine neue Ordermaske im Web und Erweiterungen beim EUREX-Angebot freuen. Ansonsten planen wir als Consorsbank 2017 unter anderem Neuerungen in Sachen Ratenkredit und Digital Advice.
Matthias Hach, comdirect: Wir werden weiterhin unseren Weg gehen mit dem Ziel, zum smarten Finanzbegleiter im Leben unserer Kunden zu werden. Das tun wir zum einen durch Angebote, die Menschen für das Thema Finanzen begeistern und einen einfachen Zugang zur Geldanlage mit Wertpapieren bieten. Wie zum Beispiel unser Bonus-Sparen, bei dem beim Online-Shopping erzielte Rabatte automatisch in ETFs investiert werden. Gleichzeitig bauen wir das Angebot für unsere bestehenden Kunden aus. Momentan arbeiten wir zum Beispiel an einer neuen, noch übersichtlicheren Depotansicht im Persönlichen Bereich. Außerdem werden wir unsere trading App weiter ausbauen. Unsere Kunden dürfen sich also auch in 2017 auf einige Innovationen „made by comdirect“ freuen!
Vielen Dank für das nette und informative Gespräch!
Bitte lesen Sie hierzu auch: Konsolidierung im deutschen Brokerage Markt?
Nachdem gerade die DAB Bank in die Consorsbank intergriert worden ist, nun der zweite große Brokerkauf diesen Jahres: Die comdirect bank AG hat den Vertrag mit der Boursorama S.A. zum Erwerb des vollständigen Anteilsbesitzes an der OnVista AG mit Sitz in Frankfurt am Main unterzeichnet. Dazu Arno Walter, Vorstandvorsitzender der Comdirect: „Der Kauf der OnVista AG ist…“
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