Währungen und Werte – Vertrauen und Stabilität in Gefahr?

Bankenverband: Geld und Währungen haben für Volkswirtschaften eine große Bedeutung, denn sie ermöglichen Tausch, Handel, Integration und damit letztlich Wachstum. Sie reflektieren zugleich das Vertrauen in die Zukunft und die Glaubwürdigkeit der staatlichen Institutionen.

Gleichzeitig sind sie aber auch komplex und unterliegen vielfältigen Risiken. Allzu oft besteht die Versuchung, die langfristige Stabilität von Währungen aufgrund kurzfristiger – zumeist politischer – Interessen aufs Spiel zu setzen.

 

 

Umbrüche schaffen Unsicherheit

Die Welt befindet sich schon länger in einer einschneidenden Übergangsphase, die durch Digitalisierung, Klimawandel, demografische Alterung sowie den Wettlauf Chinas und der USA um die wirtschaftliche und technologische Führungsrolle in der Welt geprägt ist.

Dabei wird Gewohntes infrage gestellt, es deuten sich Zeitenwenden an und das führt bei vielen Menschen zu fundamentaler Verunsicherung. Zweifellos hat die Coronakrise dazu geführt, dass die ohnehin bestehende Unsicherheit noch einmal deutlich gesteigert wurde.

Wenn klar ist, dass die Zukunft anders aussieht als die Vergangenheit, konkrete Anhaltspunkte für ein stichhaltiges Zukunftsbild aber noch fehlen, geraten bestehende Wertvorstellungen ins Wanken. Altes Vermögen droht entwertet zu werden, während neue Vermögen entstehen. Nicht umsonst haben wesentliche ökonomische Übergänge in der Vergangenheit häufig zu Währungskrisen oder gar Währungsreformen geführt.

Währungen rücken in bewegten Zeiten besonders in den Fokus. Heute sind es vor allem die Nachwirkungen der großen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 sowie – schon absehbar – der Coronakrise, die das Vertrauen in bestehende Währungssysteme untergraben. Jahrelange ultra-expansive Geldpolitik und daraus resultierende Null- bzw. Negativzinsen sowie eine beispiellose Liquiditätsflut durch Wertpapierkaufprogramme der Notenbanken haben die Preise für alle Anlageklassen massiv ansteigen lassen.

Hinzu kommen weitere Nebenwirkungen: die „Zombifizierung“ von Unternehmen, die Schwächung des Finanzsektors und die Einschränkung der Lenkungsfunktion des Zinses bei der Bewertung von Investitionsvorhaben mit der Folge geringerer volkswirtschaftlicher Produktivität sowie Belastungen des Wachstumspotenzials. Auf Ebene vieler privater Investoren wird zudem die vor allem in Deutschland oftmals verzinslich angelegte Altersvorsorge untergraben.

Zunehmende Gefahren für die Währungsstabilität

Mit den massiven fiskalpolitischen Rettungspaketen der letzten Monate, den daraus resultierenden weltweit explodierenden Staatsschulden und zuletzt deutlich zunehmenden Sorgen vor steigenden Inflationsraten wurden die Fragezeichen hinter vielen klassischen Währungen noch einmal ungleich größer – zumal die institutionalisierte Unabhängigkeit der Notenbanken de facto in Gefahr gerät, wenn sie dauerhaft zum wichtigsten Aufkäufer von Staatsanleihen werden.

Möglicherweise ist es heute nur die fehlende Alternative, die Menschen vor der Flucht aus einzelnen Währungen bewahrt, denn keiner der bedeutendsten Währungsräume ist frei von Symptomen einer schleichenden Stabilitätserosion.

Zwar ist China mit Abstand am glimpflichsten der globalen Rezession entkommen und konnte sogar schon im Gesamtjahr 2020 ein positives Wirtschaftswachstum vorweisen. Allerdings fehlen der chinesischen Währung Yuan  wesentliche Grundvoraussetzungen einer modernen Geldordnung, allen voran eine politisch unabhängige Notenbank und ein flexibles Wechselkursregime ohne Devisen- und Kapitalverkehrsbeschränkungen, um in absehbarer Zeit eine bedeutende Alternative für die derzeit führenden Reservewährungen US-Dollar und Euro zu werden.

Auch Kryptowährungen werden den bestehenden Status-Quo des internationalen Währungssystems nicht so schnell gefährden, denn sie können mangels eigener Geldordnung nicht als gesetzliches Zahlungsmittel dienen.

Anders als bei Bargeld besteht für Gläubiger einer Geldschuld keine Annahmepflicht. Dennoch kommen Bitcoin & Co. gerade aufgrund der allgemein zunehmenden Unsicherheiten eine stetig steigende Bedeutung zu. Trotz teilweise extremer Kursschwankungen nutzen viele private und institutionelle Anleger sowie Unternehmen die digitalen Assets zur Diversifikation ihrer Vermögensanlagen.

 

 

Digitales Zentralbankgeld als realistische Option

Zentralbanken beschäftigen sich immer intensiver mit den Möglichkeiten digitalen Zentralbankgeldes, nicht zuletzt aufgrund der Bestrebungen Facebooks, ein eigenes Zahlungsmittel unter dem Namen Libra bzw. Diem zu initiieren. Bei ausreichendem Vertrauen könnten digitale Plattformunternehmen ähnlich einer Bank fungieren und aufgrund ihrer Größe, Relevanz und Netzeffekte sogar private Zentralbankfunktionen übernehmen.

Diese Rolle werden sich die Notenbanken allerdings kaum nehmen lassen, weshalb in den kommenden Jahren – neben dem bereits im Praxistest befindlichen chinesischen Yuan – wohl noch weitere digitale Zentralbankwährungen lanciert werden.

Sicher ist, dass programmierbare Währungen künftig ihren Platz in modernen Volkswirtschaften finden werden, denn wenn Maschinen untereinander kommunizieren und interagieren, wird die Erfüllung von Vertragsbestandteilen automatisch Zahlungsvorgänge auslösen müssen.

Welt der Währungen wird vielfältiger – und risikoreicher

Die aktuellen Zeitenwenden verbunden mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie bringen das internationale Währungssystem in Bewegung. Auch wenn der US-Dollar und der Euro zunächst die wichtigsten Reservewährungen bleiben werden, dürfte Bargeld durch die weitere Verbreitung elektronischer und mobiler Zahlungsverfahren sukzessive an Bedeutung verlieren. Zudem wird die Welt der Währungen durch digitale Angebote vielfältiger.

Die genannten Gefahren für klassische Währungen sollten jedoch Anlass sein, deren Stabilität vor allem von politischer Seite nicht weiter zu untergraben. So richtig die Hilfsmaßnahmen in der Corona-Pandemie und so notwendig öffentliche Investitionen zur Stärkung des Wachstums und der Transformationsprozesse sind, eine Rückkehr zu nachhaltiger, wachstums- und stabilitätsorientierter Fiskalpolitik ist unbedingt angezeigt.

Nur dadurch kann der Geldpolitik wieder die Möglichkeit gegeben werden, sich auf ihr vornehmliches Ziel, die Wahrung der Preisniveaustabilität, zu fokussieren, ohne sie durch zusätzliche fiskalisch motivierte Aufgaben und Zwänge zu überfrachten.

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