US-Dollar – Totgesagte leben länger
Warum Anleger im Euro-Raum weiter auf den US-Dollar setzen können, erklärt Vermögensverwalter Christian Steiner.
Rückblick: Bretton Woods 1971. Der Vietnamkrieg und die damit verbundenen höheren Staatsschulden sowie andere Fehlentscheidungen der Regierung machten es den USA in den 70er Jahren unmöglich, die im Rahmen von Bretton Woods festgelegte Goldpreisbindung beizubehalten. D
er US-Dollar fiel im Verhältnis zum Gold, während das Angebot an Dollars zunahm. Dies veranlasste Präsident Nixon, das Bretton-Woods-System 1973 vollständig aufzugeben.
Geburt des Petrodollar
Die US-Staatsschulden stiegen rapide an, während das Vertrauen in den Dollar sank. Alle erwarteten, dass der Dollar nun zusammenbrechen würde. Amerika brauchte eine verlockende Möglichkeit, seine Schulden zu verkaufen.
Daher überzeugte Nixon Saudi-Arabien, den größten Erdölexporteur, ein Jahr später im Gegenzug für Militärhilfe Schatzanweisungen in Dollar zu kaufen. Damit war der Petrodollar geboren.
Als Ausrede für falsche Prognosen erklärten nun die Analysten: Die Auspreisung von Öl und vieler anderer Rohstoffe (Agrarrohstoffe, Industriemetalle, Gold usw.) in USD habe dazu geführt, dass der Dollar nicht zusammenbrach.
Es wurde behauptet, dass der Dollar jetzt von Öl gedeckt und deswegen stabil sei. Allerdings lagen sie wieder falsch, denn trotz Petrodollar fiel der USD von 1976 bis 1980.
Dann kam die Euro-Einführung
Später wurde der Untergang mit der Einführung des Euros vorhergesagt, da die EU eine größere Wirtschaft als die USA sei. Wieder einmal lagen die Analysten falsch. Das Problem: Der EU fehlte es an einer konsumorientierten Wirtschaft, an niedrigen Steuern und einer Vergemeinschaftung der bisherigen Staatsschulden.
Um in Euro zu investieren, muss vorher eine genaue Analyse des jeweiligen Landes gemacht werden.
Heute: Anti-Dollar-Alllianz der BRICS-Staaten
Aktuell sind die Zeitungen voll mit Schlagzeilen wie „Der Anfang vom Ende der Dollar-Dominanz“ oder „De-Dollarisation“. Warum? Es wird behauptet, dass die BRICS-Staaten eine Anti-Dollar-Allianz gebildet haben, der sogar Saudi-Arabien beitreten könnte.
Saudi-Arabien braucht keinen Schutz mehr von Amerika. Eine Parteinahme für westliche Interessen würde den Saudis internationale Geschäfte mit den Ländern der BRIC-Allianz und einigen OPEC-Ländern erschweren. Trotz der grünen Agenda kann die Welt nicht ohne Öl funktionieren.
Die großen Erdölexporteure schließen sich jetzt zusammen und schalten die USA als Zwischenhändler aus. Außerdem ist der Anteil des Dollars an den weltweiten Devisenreserven von 2001 bis 2021 von 73 auf 55 Prozent zurückgegangen.
Ist der Dollar dieses Mal am Ende?
Erstens gilt es zunächst festzuhalten, dass der Petrodollar keine Begründung für einen steigenden Dollar ist, denn von Ende 1976 bis 1980 fiel dieser. Nachvollziehbarer wird diese Aussage, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die fossilen Brennstoffe nur ca. 2,5 Prozent des globalen BIP ausmachen.
Zweitens stellte die Financial Times mit Blick auf die abnehmende Quote des Dollars an globalen Devisenreserven interessante Fragen:
„Wenn Sie eine Zentralbank sind, würden Sie sich wohler fühlen, zu großen Anteilen den chinesischen Yuan zu halten, selbst wenn dieser vollständig konvertierbar und liquide wäre? Verhält sich China gesetzeskonform?“
Es kommt auf die Wirtschaft an
Zum Vergleich: Deutschland und Japan hatten keine Goldreserven nach dem zweiten Weltkrieg, wurden aber die stärksten Volkswirtschaften in ihrer jeweiligen Region. Der wahre Grund für den Aufstieg der USA zur stärksten Volkswirtschaft und damit zum Hüter der Weltreservewährung ist eine freie, konsumbasierte Marktwirtschaft.
Die Stärke des Dollars macht der amerikanische Konsument aus.
Ein Wechselkursrisiko ist immer mit im Spiel
Viertens: Wenn die BRICS eine wettbewerbsfähige Reservewährung schaffen, dann führen sie ein Wechselkursrisiko ein. Warum? Wenn die BRICS-Währung die Weltleitwährung würde, dann würden diese Staaten ihre Produkte in ihrer Währung auspreisen.
Somit dürfte ein Rückgang im Handel erfolgen. In den 70er Jahren preisten die Japaner ihre Autos in US-Dollar aus, die Deutschen ihre Autos in DM. Die Folge war ein Rückgang der deutschen Verkaufszahlen.
Eine Weltreservewährung bringt nichts, wenn das Wechselkursrisiko auf die Käufer (USA) abgewälzt werden soll.
USA erlebte noch nie eine Währungsreform
Sechstens sind die USA die stärkste Militärmacht mit über 800 Stützpunkten weltweit außerhalb der USA. Russland hat 20, China einen. Darin liegt auch der Grund, warum bei geopolitischen Krisen immer Dollar nachgefragt werden. Wenn in einem Land oder einer Region die Zeichen auf Krieg stehen, wird versucht, das Vermögen von dieser Region abzuziehen.
Da es bisher noch niemand gewagt hat, die USA zu Hause anzugreifen, wird in den US-Dollar umgeschichtet.
China weiß um die Gefahr der Kursverluste
Siebtens verkauft China seine US-Staatsanleihen nicht, weil es den Dollar entthronen möchte. Auch China ist noch von der US-Wirtschaft abhängig. Bei einem sinkenden Dollar durch massive Verkäufe würde sich China selbst durch Währungsverluste in den Restbeständen schaden.
Wenn so ein großer Käufer fehlt, muss möglicherweise die Attraktivität über höhere Zinsen gesteigert werden, um die Staatsanleihen im Markt verkaufen zu können.
Die Berichte bestätigen, dass China permanent krisensicheres Gold kauft.
Drei Währungen, ein Bär und zwei Flüchtende
Achtens ist der direkte Vergleich mit dem Euro entscheidend. Europa hängt am Tropf der USA. Militärisch schon immer. Seit der „mysteriösen“ Sprengung der Nordstream-Pipeline auch energietechnisch.
Deutsche Firmen wandern ab, da in Amerika Energie günstiger ist. Wer möchte behaupten, dass der Dollar untergeht, aber der Euro überlebt? Deshalb glauben wir auf lange Sicht, dass der Dollar stärker als der Euro bleibt. Der direkte Vergleich ist entscheidend.
Man sollte sich folgende Metapher vorstellen: Wenn die aufstrebenden Währungen (Yuan) einen Bären darstellen, der zwei Menschen verfolgt (US-Dollar und Euro), muss man zunächst nicht schneller als der Bär sein, sondern nur schneller als der andere. Der Dollar hat Turnschuhe an.
Der Dollar hat Bestand
Fazit: Der US-Dollar wurde auf globaler Ebene durch die Größe und Stärke seiner verbraucherorientierten Wirtschaft gestützt. Die Stabilität und die Offenheit für den Handel und den uneingeschränkten Kapitalverkehr sind neben starken Eigentumsrechten und der Rechtsstaatlichkeit die wichtigsten Grundlagen des Dollars.
Dies ist anderenorts nicht immer so. Die Tiefe und Liquidität der US-Finanzwerte sind nach wie vor unübertroffen. Für die großen Institutionen, die Milliarden parken müssen, stellt die USA ein großes Angebot an extrem sicheren, auf Dollar lautenden Vermögenswerten dar.
Die BRICS brauchen den US-Verbraucher, um ihre Volkswirtschaften am Laufen zu halten. Von allen Währungen/Volkswirtschaften ist der Dollar am wenigsten hässlich.
Der Dollar dürfte als Letztes untergehen.
Gastautor Christian Steiner ist Leiter Fondsstrategien und Vermögensverwalter bei der Bayerischen Vermögen Management AG.
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