ETF als Innovation des Indexfonds, aber Gefahr von Klumpenrisiken
Die Erfindung des Indexfonds ist zweifelsohne einer davon.
Als Erfinder gilt John C. Bogle. Der im Januar 2019 verstorbene Ökonom legte am 31. August 1976 in den USA den ersten Indexfonds auf.
Er ließ seine Mitarbeiter wissen, dass man sich von nun an am Mittelmaß orientieren werde.
Keiner seiner Mitarbeiter sollte mehr versuchen, die Aktien oder Anleihen aufzuspüren, die für die Zukunft die besten Kurszuwächse versprachen.
Sein Konzept war bestechend einfach. Der Fonds bildete nur den Aktienindex S&P 500 ab, also Aktien der 500 wichtigsten US-Unternehmen. Kein aufwendiges Fondsmanagement, keine hohen Verwaltungskosten.
Die Orientierung am Mittelmaß schien zu Beginn vielen Amerikanern als „unamerikanisch“.
Es war ein beschwerlicher Weg für „Jack“ und sein Unternehmen Vanguard.
In den 1980er Jahren interessierte sich nur eine kleine Gruppe von Anlegern für seine Fonds, in den 90er Jahren wurden es mehr, ab den 2000er Jahren lief es dann so richtig rund.
ETF als Innovation des Indexfonds
Während die Idee des Indexierens schnell an Popularität gewann, gab es noch Raum für Innovation. Es traten ETF (Exchange Traded Funds) auf den Plan.
Obwohl die Grundidee von Indexfonds und ETF sehr ähnlich ist – beide versuchen, einen Index abzubilden – gibt es einen wesentlichen Unterschied: die Handelsweise.
Während klassische Indexfonds in der Regel einmal täglich zum Nettoinventarwert gehandelt werden, werden ETF wie Aktien an Börsen gehandelt und können während der gesamten Handelszeit gekauft und verkauft werden.
Darüber hinaus können ETF auch in kleineren Mengen gekauft werden, was den Einstieg für Kleinanleger erleichtert.
Es sollte aber nach der Einführung noch fast zehn Jahre dauern, bis ETF einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurden.
Spätestens mit dem Aufkommen von Online-Brokerage-Plattformen und Robo-Advisor in den 2010er Jahren wurde der Zugang zu ETF für Privatanleger wesentlich einfacher und kostengünstiger.
Der Markt und das Angebot an ETF sind seitdem explodiert.
ETF sind wie Wasserflaschen
Nie war es günstiger als heute, Geld in Aktien zu investieren. Damit ist der Kapitalmarkt in den vergangenen Jahren ein Stück demokratischer geworden.
Das schlägt sich auch in der sagenhaften Auswahl an ETF nieder. Allerdings hat der Erfolg für Anleger auch Nachteile.
Den Unterschied machen das Marketing, Mineralienzusammensetzung und die Form der Verpackung aus. Nicht ohne Grund liegen Wassersommeliers im Trend.
Ähnlich verhält es sich bei ETF auf einen populären Index wie den MSCI-World oder den S&P 500.
Leider verwenden viele Anleger mehr Zeit auf die Auswahl ihres Wassers als auf die Auswahl ihres ETF. Häufig kaufen sie das erstbeste Produkt.
Gefahr von Klumpenrisiken
Dabei besitzen doch alle ETF ihre spezifischen Eigenheiten, bei der Replikationsmethode, beim Fondsvolumen, bei Kosten und Ausschüttung.
Die Methode des Gewichtens nach Marktkapitalisierung ist auf den ersten Blick einfach und transparent. Allerdings bestehen gerade bei dieser Methode potenzielle Gefahren.
Bei marktkapitalisierungsgewichteten Indizes sind größere Unternehmen stärker gewichtet als kleinere. Dies kann dazu führen, dass ein Index stark von einigen wenigen großen Unternehmen dominiert wird.
Anleger bauen dann, ohne es zu merken, ein ungewolltes Klumpenrisiko in ihrem Depot auf.
Geldanlage ohne Alpha-Potential
Ein ETF ist darauf ausgelegt, einen bestimmten Index so genau wie möglich nachzubilden. Das bedeutet, dass die Performance eines passiv verwalteten ETF eng mit der Performance dieses Index verknüpft ist.
In Phasen von Bullenmärkten, die durch anhaltend steigende Kurse gekennzeichnet sind, ist das sicherlich kein Problem.
Schwieriger kann es allerdings werden, wenn Märkte seitwärts oder in eine scharfe Korrekturphase laufen.
Im Börsenjahr 2022 mussten viele ETF-Anleger eine solch schmerzhafte Erfahrung machen. So mancher ETF beendete dieses Jahr mit einem zweistelligen Minus.
Die Evolution ist noch lange nicht vorbei
Doch die Evolution der ETF ist noch lange nicht vorbei. Seit kurzem gelten aktive ETF als neues Wundermittel. Sie werden wie herkömmliche ETF an der Börse gehandelt, verfolgen aber eine aktive Anlagestrategie.
Ein Portfoliomanager trifft bei aktiven ETF aktive Anlageentscheidungen, um eine bessere Rendite als der Index zu erzielen. Das geht nur zu höheren Kosten.
Als Ergebnis haben aktive ETF höhere Verwaltungsgebühren als passive, da sie aktive Entscheidungsprozesse und häufigere Handelsaktivitäten beinhalten.
Die Performance hängt dabei stark von den Fähigkeiten des Fondsmanagers ab. Der Kostenvorteil zu klassischen Investmentfonds wird geringer, lediglich der kontinuierliche Handel zu Börsenzeiten bleibt als wesentliches Alleinstellungsmerkmal.
Anmerkung von Stephan Jacobs, Geschäftsführer der Active Fund Placement GmbH in Frankfurt: „Auch wenn Mr. Bogle und Vanguard heute die Lorbeeren dafür einstreichen, die Idee und der erste Indexfonds gehen auf John McQuown zurück. Er und ein Team von Akademikern, u. a. William Sharpe und Eugene Fama, entwickelten bei Wells Fargo die Strategie und legten 1971 den ersten Indexfonds auf. Was allerdings stimmt, ist, dass Vanguard den ersten Fonds für Retail Investoren aufgelegt hat.“
Gastautor Markus Richert ist CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln. Weitere Beiträge von ihm und anderen Vermögensverwaltern finden Sie auf www.v-check.de.
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