Großbritanniens Wirtschaft trotzt Brexit: Wachstum 2026 übertrifft Erwartungen trotz politischer Unsicherheit

Die Stimmung in Großbritannien könnte besser sein. Die Regierung wirkt trotz komfortabler Mehrheit instabil und quält sich mit dem Budget. Selbst in der Wirtschaft hält sich der Optimismus in Grenzen. Dabei zeichnen die Daten ein recht freundliches Bild: Das Bruttoinlandsprodukt wächst 2025 um schätzungsweise 1,5%. Und dass die Zahlen für 2026 nennenswert schwächer ausfallen, ist keineswegs ausgemacht.

Damit übertrumpft die britische Wirtschaft die Eurozone erneut – trotz Brexit. Deutschland träumt von solchen Zuwächsen bzw. muss massiv Schulden aufnehmen, um eine ähnliche Dynamik zu erreichen.

Premierminister Starmer tut sich schwer. Mindereinnahmen und Mehrausgaben verhageln ihm den Haushalt. Manche Wahlversprechen von Labour werden wohl nicht zu halten sein. Seine Popularität ist gering, so dass erste Spekulationen über einen Sturz auftauchten. Zunächst dürfte Starmer noch einigermaßen fest im Sattel sitzen, aber 2026 könnte für ihn lang werden. Im Mai sind Regionalwahlen und in den Umfragen steht Labour schlecht da.

Weil nicht nur ein Verlust der eigenen Mehrheit, sondern ein Triumph für Nigel Farages Reform UK droht, sind Neuwahlen keine Option. Eine instabile und wenig handlungsfähige Regierung ist auch an den Finanzmärkten ein Thema, zumal britische Staatsanleihen und die Währung bereits in der jüngeren Vergangenheit angesichts schwieriger Staatsfinanzen unter solchen Unsicherheiten litten.

Die Labour-Regierung wird wohl manche Steuern anheben, auch um Unruhe an den Finanzmärkten vorzubeugen. Ausgabenkürzungen im größeren Stil scheinen aber nicht auf der Agenda zu stehen. Die Staatsnachfrage wird zwar wachsen, aber wohl langsamer als in den Vorjahren. Insgesamt fällt der fiskalische Impuls 2026 damit negativ aus. Dennoch sollte diese Belastung moderat bleiben und anderweitig kompensiert werden können.

 

 

Immerhin verbuchte der private Konsum nach zwei negativen Jahren 2025 ein klares Plus. Der Zuwachs blieb allerdings hinter der Gesamtwirtschaft und den real verfügbaren Einkommen zurück. Der Arbeitsmarkt hat sich zwar verschlechtert und die Arbeitslosenquote der 5%-Marke angenähert. Hier ist jedoch mit einer Stabilisierung zu rechnen. Das Lohnwachstum wird ebenfalls nachlassen.

Da aber auch die Teuerung zurückgehen dürfte, entwickeln sich die Reallöhne recht solide. Die privaten Haushalte haben in den letzten Jahren ihre Sparquote auf mehr als 10% ihres Einkommens erhöht, was weit über dem Durchschnitt seit 2000 liegt. Damit besitzen die Konsumenten einen Puffer, um eventuelle Steuererhöhungen zu verkraften und darüber hinaus ihre Ausgaben zu steigern.

Die Unternehmen stützten das britische Wachstum erheblich. Die Investitionen legten kräftig zu – ganz im Gegensatz zu Deutschland. Die Erholung der Bauausgaben war wenig überraschend, da der vorherige Zinsschock größtenteils verkraftet ist. Die Zinsen werden 2026 wohl ein wenig zurückgehen, weshalb der Wohnungsbau weiter wachsen dürfte.

Die Hauspreise stiegen im Verlauf von 2025 mit zuletzt rund 2% nach 4% um den Jahreswechsel zwar etwas langsamer, sollten aber ohne Gegenwind von den Zinsen klettern.

 

 

Solide EU-Nachfrage stützt britische Exportaussichten

Auch die Unternehmensinvestitionen erhöhten sich überdurchschnittlich, wobei die Dynamik im Verlauf nachließ. Angesichts der Unsicherheit hinsichtlich des globalen Handelskonflikts und der britischen Haushaltspolitik überrascht diese Vorsicht kaum. Auf der Handelsseite scheint mittlerweile jedoch eine gewisse Klarheit zu herrschen: Großbritannien ist mit einem Zollsatz von 10% für Warenexporte in die USA relativ gut bedient. Auch der Zollstreit der USA mit China ist wohl vorerst eingefroren.

Die britischen Budgetpläne werden Ende November vorgelegt, so dass die Unternehmen dann wissen sollten, was auf sie zukommt. Die Unternehmen steigern dann ihre Ausgaben vermutlich wieder, wenngleich langsamer als 2025. Auch insgesamt bleiben die Investitionen ein – wenn auch etwas geringerer – Wachstumstreiber.

Ungeachtet zunehmender Exporte belastete der Außenhandel 2025 das Wachstum, da die Importe noch mehr zulegten. Die Ausfuhren in die USA litten unter den Strafzöllen, der Vorzieheffekt war nur gering. Auch konnte Großbritannien bislang nicht von dem relativen Zollvorteil profitieren – 10% gegenüber 15% der EU und vieler anderer Länder. Höhere Exporte insbesondere nach China kompensierten allerdings die US-Ausfälle. 

2026 dürften die Ausfuhren von der soliden Konjunktur ihres wichtigsten Handelspartners begünstigt werden, denn trotz des Brexits geht noch knapp die Hälfte aller Waren in die EU. Daher wird der Außenhandel im kommenden Jahr positiv zum Wachstum beitragen. Insgesamt dürfte das britische Bruttoinlandsprodukt 2026 wie im Jahr zuvor zulegen. Mit rund 1,5% kann das Land erneut mit der Eurozone mithalten. Gewisse Abwärtsrisiken seitens der Fiskalpolitik bestehen zwar, sollten jedoch nicht zu hoch gehängt werden.

 

 

Zinssenkungen ab 2026 wieder wahrscheinlich

Die Disinflation nach dem Teuerungsschock 2022 legte 2025 eine Pause ein. Eine geringere Entlastung durch die Energiepreise, erhöhte Preise von u.a. Wasserversorgern sowie gestiegene administrierte Preise ließen die Inflation wieder auf fast 4% springen. Auch die Dienstleistungspreise verlangsamten sich angesichts steigender Löhne kaum.

Aber gerade im Servicesektor sollte die Teuerung auch angesichts einer mittlerweile geringeren Lohndynamik abnehmen. Da zudem Sondereffekte auslaufen, dürfte die Inflation 2026 wieder unter 3% fallen (Jahresdurchschnitt: 2,5%).

Die Bank of England hatte ihren Lockerungskurs von einer Senkung pro Quartal zuletzt ausgesetzt. Sie hat mit der nachlassenden Inflation aber wieder Spielraum dafür. Die Bank of England dürfte den Leitzins bis Mitte 2026 auf zumindest 3,5% reduzieren. Noch niedrigere Zinsen sind zwar nicht auszuschließen, aber im zu erwartenden Makroumfeld nicht erforderlich. Das Britische Pfund dürfte eher seitwärts tendieren.

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