Schweiz 2026: Arbeitslosigkeit steigt stark und die Absatzmärkte USA, Deutschland und Frankreich machen Probleme

Steuert die Schweizer Wirtschaft auf eine ihrer schwersten Krisen der jüngeren Vergangenheit zu? Innerhalb nur eines Jahres ist die Arbeitslosigkeit um fast 20% gestiegen, während gleichzeitig die wichtigsten Absatzmärkte des Landes in Deutschland (Rezession), Frankreich (überbordende Staatsverschuldung und fortlaufende Regierungskrise) und den USA (Zollstreit) wegbrechen.

Der eskalierende Handelskonflikt mit Washington belastet die exportorientierte Volkswirtschaft zusätzlich massiv.

Für das Jahr 2026 zeichnet sich ein perfekter Sturm ab, der die Alpenrepublik vor ihre bislang größte wirtschaftspolitische Bewährungsprobe seit der Finanzkrise stellen könnte.

 

Arbeitsmarkt-Schock: 17,7 Prozent mehr Arbeitslose binnen Jahresfrist

Die am 6. Oktober 2025 veröffentlichten Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft offenbaren das ganze Ausmaß der Beschäftigungskrise. Im September 2025 verzeichnete die Schweiz 133.233 registrierte Arbeitslose – das entspricht einer Arbeitslosenquote von 2,8 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahresmonat bedeutet dies einen Anstieg um 19.988 Personen oder 17,7 Prozent. Gegenüber dem Vormonat erhöhte sich die Arbeitslosigkeit um 1.128 Personen oder 0,9 Prozent. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote stieg von historisch niedrigen 2,0 Prozent im Jahr 2023 über 2,4 Prozent im Jahr 2024 auf aktuell 2,8 Prozent – ein (für Schweizer Verhältnisse) dramatischer Anstieg, der die strukturelle Verschlechterung am Schweizer Arbeitsmarkt deutlich macht.

Besonders alarmierend entwickelt sich die Situation bei Jugendlichen und älteren Arbeitnehmern.

Die Jugenderwerbslosenquote der 15- bis 24-Jährigen kletterte von 5,9 auf 7,6 Prozent. Bei den 50- bis 64-Jährigen verzeichnete die Arbeitslosigkeit im Jahresvergleich einen Anstieg um 20 Prozent. Die Zahl der Stellensuchenden – inklusive jener in Umschulungsmaßnahmen – erreichte im Juni 2025 bereits 206.868 Personen, ein Plus von 18,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Als Reaktion auf die angespannte Lage verlängerte der Bundesrat im Mai 2025 die Höchstbezugsdauer der Kurzarbeitsentschädigung von zwölf auf achtzehn Monate.

Diese Maßnahme soll bis Ende Juli 2026 gelten und Unternehmen Planungssicherheit verschaffen. Im März 2025 waren bereits 13.987 Personen von Kurzarbeit betroffen. Die offenen Stellen bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren nahmen zwar leicht zu, doch dieser Anstieg ist primär auf erweiterte Meldepflichten zurückzuführen und täuscht nicht über die tatsächliche Schwäche am Arbeitsmarkt hinweg.

 

US-Zölle: Handelskrieg trifft Exportnation ins Mark

Seit dem 7. August 2025 belegen die Vereinigten Staaten Schweizer Produkte mit einem Strafzoll von 39 Prozent – ausgerechnet am Schweizer Nationalfeiertag verkündete US-Präsident Donald Trump die Erhöhung von ursprünglich 31 Prozent. Dieser Schlag kam überraschend, nachdem in Bundesbern noch Zuversicht über einen möglichen Deal geherrscht hatte. Die Verhandlungen zwischen Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Trump scheiterten am 31. Juli endgültig. Die USA begründeten die Zollerhöhung mit dem bilateralen Handelsdefizit, das zulasten Washingtons ausfällt.

Die wirtschaftlichen Dimensionen dieses Handelskonflikts sind beträchtlich. Analysten der US-Firma Global Trade Alert schätzen, dass die Schweiz im Jahr 2025 rund 16,8 Milliarden US-Dollar an Zöllen an die USA zahlen wird. Diese Summe übersteigt die Zollbelastungen größerer Volkswirtschaften wie Frankreich oder Italien erheblich.

Immerhin konnte Wirtschaftsminister Guy Parmelin nach seinem Washington-Besuch im September einen Teilerfolg verbuchen: Gold wurde von den Strafzöllen ausgenommen.

Dies verschafft der bedeutenden Schweizer Edelmetallindustrie eine gewisse Entlastung.

Gold Chart

 

Dennoch bleiben die Aussichten düster.

Die Schweiz ist die sechstgrößte Auslandsinvestorin in den USA mit Direktinvestitionen von rund 352 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023. Schweizer Unternehmen beschäftigen über 675.000 Menschen in den Vereinigten Staaten und zahlen mit durchschnittlich 131.100 Dollar die höchsten Löhne unter allen ausländischen Arbeitgebern.

Diese enge wirtschaftliche Verflechtung macht die Schweiz besonders verwundbar gegenüber der protektionistischen Handelspolitik Washingtons.

Ein US-Berufungsgericht erklärte zwar im September die länderspezifischen Zölle für rechtswidrig, doch die Trump-Administration kündigte umgehend Berufung beim Supreme Court an – die Zölle bleiben vorerst bestehen.

 

Deutschland: Reformblockade in der Großen Koalition lähmt wichtigsten Handelspartner der Schweiz

Die wirtschaftliche Misere der Schweiz wird durch die desaströse wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland massiv verschärft. Die Bundesrepublik durchlebt nach zwei Rezessionsjahren in Folge eine Phase wirtschaftlicher Stagnation. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte 2024 um 0,2%, nachdem es bereits 2023 um 0,3% zurückgegangen war.

Für 2025 prognostizieren die führenden Wirtschaftsinstitute lediglich ein marginales Wachstum zwischen 0,2 und 0,4 Prozent. Erst 2026 könnte eine nennenswerte Erholung mit Wachstumsraten zwischen 0,8 und 1,5 Prozent einsetzen.

Die im Mai 2025 gebildete große Koalition aus CDU, CSU und SPD unter Bundeskanzler Friedrich Merz hatte zwar einen umfangreichen Koalitionsvertrag mit dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ präsentiert.

Darin wurden massive Investitionen in Infrastruktur, Verteidigung und Digitalisierung sowie weitreichende Strukturreformen versprochen. Ein Investitions-Booster soll Unternehmen ermöglichen, zwischen 2025 und 2027 dreißig Prozent ihrer Investitionen in neue Maschinen oder Technik sofort steuerlich geltend zu machen.

Die Bürokratiekosten für die Wirtschaft sollen um 25 Prozent gesenkt, das Lieferkettengesetz abgeschafft und die Stromsteuer auf das europäische Minimum reduziert werden.

Doch in der Umsetzung offenbart sich das fundamentale Problem: Union und SPD blockieren sich gegenseitig.

Die großen Reformversprechen bleiben weitgehend Ankündigungen.

Während die CDU/CSU auf umfassenden Bürokratieabbau und stärkere Arbeitsanreize drängt, beharrt die SPD auf sozialen Sicherungsnetzen und wehrt sich gegen zu weitreichende Einschnitte.

Diese Pattsituation verhindert die dringend notwendigen strukturellen Veränderungen.

Deutschland fällt damit als Absatzmarkt, der die Schweizer Exporte ankurbelt, vorerst aus – eine weitere schlechte Nachricht für die Alpenrepublik, für die Deutschland traditionell einer der wichtigsten Handelspartner ist.

Frankreich in der Dauerkrise: Instabile Regierung und 114% Schuldenquote

Die Situation in Frankreich gestaltet sich noch dramatischer. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone befindet sich in einer politischen Dauerkrise, die jegliche wirtschaftliche Erholung verhindert. Im September 2025 verlor bereits der dritte Premierminister innerhalb weniger Monate, François Bayrou, das Vertrauen des Parlaments. Präsident Emmanuel Macron ernannte daraufhin Sébastien Lecornu zum neuen Regierungschef – eine Notlösung in einem zerrissenen politischen System.

Das französische Parlament ist seit den Wahlen im vergangenen Jahr in drei große Lager zersplittert, ohne dass eine klare Mehrheit erkennbar wäre.

Koalitionen, wie sie in anderen europäischen Ländern üblich sind, widersprechen der politischen Tradition Frankreichs. Der zentrale Streitpunkt bleibt der Staatshaushalt: Mit einer Schuldenquote von 114 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegt Frankreich weit über den Maastricht-Kriterien.

Das Haushaltsdefizit erreichte 2024 katastrophale 6,1 Prozent des BIP und soll 2025 lediglich auf 5 bis 5,5 Prozent sinken.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser politischen Blockade sind verheerend. Das BIP-Wachstum wird für 2025 auf magere 0,6 Prozent geschätzt, nachdem das vierte Quartal 2024 bereits um 0,1 Prozent schrumpfte. Die französische Industrieproduktion befindet sich im freien Fall – im August 2025 sank sie erneut um 0,7 Prozent, der vierte Rückgang innerhalb von fünf Monaten.

Die politische Unsicherheit lähmt die Investitionsbereitschaft der Unternehmen vollständig.

Die Ratingagentur Fitch vollzog bereits am 12. September 2025 die Herabstufung der französischen Kreditwürdigkeit von AA- auf A+ – das niedrigste Rating, das Frankreich je von einer großen Agentur erhalten hat.

Dies treibt die Refinanzierungskosten weiter in die Höhe und verschärft die Haushaltskrise zusätzlich.

Für die Schweiz bedeutet dies, dass neben den USA und Deutschland auch vom französischen Absatzmarkt kein positiven Impulse zu erwarten sind. Die französische Industrie, traditionell ein wichtiger Abnehmer Schweizer Vorprodukte und Maschinen, liegt am Boden.

Hinzu kommt, dass die Krise in Frankreich das gesamte europäische Finanzsystem unter Druck setzt und die Risikoaufschläge für Staatsanleihen in die Höhe treibt.

Prognosen für 2026: Schweizer Wirtschaft unter massivem Druck

Die Konjunkturprognosen für die Schweiz fallen entsprechend ernüchternd aus. Das Staatssekretariat für Wirtschaft revidierte im Juni 2025 seine Wachstumsprognose für 2025 auf nur noch 1,3 Prozent (nach zuvor 1,4 Prozent). Für 2026 werden lediglich 1,2 Prozent erwartet – eine deutliche Absenkung gegenüber der früheren Prognose von 1,6 Prozent.

Dies würde bedeuten, dass die Schweizer Wirtschaft in beiden Jahren deutlich unter ihrem Potenzial wächst.

Die Konjunkturforscher der ETH Zürich bestätigen diese pessimistische Einschätzung. Sie warnen vor erheblichen Abwärtsrisiken durch eine weitere Eskalation des Handelskonflikts. Sollten die USA zusätzliche Zölle verhängen oder andere Länder mit Vergeltungsmaßnahmen reagieren, könnte die Schweizer Exportwirtschaft noch härter getroffen werden. Auch Raiffeisen-Ökonomen rechnen für 2025 nur mit 1,3 Prozent Wachstum, wobei sie betonen, dass die Schwäche der europäischen Industrie und die dadurch akzentuierte Frankenstärke die Erholung des Schweizer Industriesektors weiter verzögern.

Immerhin zeigt sich der Dienstleistungssektor weiterhin robust. Der anhaltend steigende Arbeitskräftebedarf in den Bereichen Finanzdienstleistungen, Pharma und Technologie stützt die Beschäftigung teilweise. Die Kaufkraft der Haushalte wird durch steigende Reallöhne und eine niedrige Inflationsprognose von nur 0,5 Prozent für 2025 gestärkt.

Die Schweizerische Nationalbank hat zudem Spielraum für weitere Zinssenkungen geschaffen, um die Konjunktur zu beleben.

EUR/CHF Chart

Ausblick: 2026 wird zum Krisenjahr für die Schweiz

Die Kombination aus deutlich steigender Arbeitslosigkeit, dem unerwartet heftigen US-Zollkonflikt und dem „Kollaps“ der wichtigsten europäischen Absatzmärkte Deutschland und Frankreich lässt für 2026 keine Entwarnung zu.

Die Schweizer Wirtschaft befindet sich in einer Zangensituation, aus der es kurzfristig keinen einfachen Ausweg gibt.

Die Arbeitslosenzahlen dürften 2026 weiter steigen, da insbesondere die exportorientierte Industrie unter starkem Druck steht. Zwar kompensiert der robuste Chemie- und Pharmasektor einen Teil der Schwäche in anderen Branchen, doch ist ungewiss, ob dies ausreichen wird, um die Gesamtwirtschaft aus der Stagnation zu führen.

Für die Schweizer Wirtschaftspolitik bedeutet dies eine enorme Herausforderung. Der Bundesrat muss einerseits den Arbeitsmarkt stabilisieren und andererseits die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Exportwirtschaft verteidigen.

Gleichzeitig bleibt die Abhängigkeit von den Entwicklungen in Washington, Berlin und Paris bestehen – Faktoren, auf die Bern kaum Einfluss nehmen kann. Am ehesten scheint noch eine Lösung mit den USA im Zollstreit möglich.

Das Jahr 2026 wird zeigen, ob die Schweizer Wirtschaft diese multiple Krise bewältigen kann oder ob die Konsequenzen noch gravierender ausfallen als derzeit befürchtet.

 

 

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