Was kommt nach Corona: Deflation oder Inflation?

Deutsches Institut für Altersvorsorge: Die Regierungen und Notenbanken rund um den Globus fluten die Märkte mit Liquidität in bisher ungekannten Ausmaßen, um die strauchelnden Volkswirtschaften zu stützen. Fiskalpolitische Maßnahmen wie zum Beispiel Leitzinssenkungen, Kaufprogramme von Anleihen bis hin zu Junkbonds durch die Notenbanken sowie günstige Sofortkredite für Unternehmen erhöhen die Geldmenge deutlich.

 

Was sind die kurz- und mittelfristigen Folgen dieser beispiellosen Geldschwemme?

Dem Gefühl folgend drängt sich ein Inflationsszenario in den Vordergrund. Aber zunächst kann mit eindeutigen Preisrückgängen anstelle von Preisanstiegen gerechnet werden. Der breit angelegte Lockdown der globalen Volkswirtschaften hat heftige Verwerfungen zur Folge. Am offensichtlichsten zeigt dies der Ölpreisschock der letzten Wochen. Er spiegelt vorauseilend die einbrechende Nachfrage des Industrie-, Reise- und Automobilsektors weltweit wider.

Einkommensverluste führen zur Deflation

Das verarbeitende Gewerbe stand staatlich angeordnet weitgehend still. Arbeitnehmer in Europa wurden auf breiter Front in Kurzarbeit geschickt oder verloren sogar ihren Job. Neben den Maßnahmen der Abschottung resultiert daraus zunächst eine grundsätzliche Konsumzurückhaltung. Einkommensverluste bei Unternehmen und Privathaushalten führen in der Regel zur Reduzierung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, verbunden mit einem Nachfrageeinbruch, und somit zu Deflation.

Wer derzeit keinen Job hat oder zumindest befürchtet, bald arbeitslos zu werden, den veranlassen auch die Geldspritzen des Staates nicht, zeitnah ein Auto oder eine Immobilie zu erwerben.

 

 

Sinkende Suchanfragen bei Google für Miet- und Eigentumswohnungen seit März diesen Jahres lassen künftige Preisrückgänge vermuten.

Mietausfälle durch Unternehmensinsolvenzen oder Liquiditätsengpässe setzen den Markt für Immobilien (siehe auch: Immobilien als Kapitalanlage) ebenfalls unter Druck.

 

Mittelfristige inflationäre Tendenzen

Auch die in Deutschland tief verankerte Automobilindustrie möchte möglichst schnell den Absatz hochfahren, sitzt ohnehin auf hohen Lagerbeständen. Zudem stellt sich die Frage, ob globale Lieferketten über verschiedene Länder so einfach wieder anlaufen, wenn der Stand der Infektionen und die darauf basierenden Maßnahmen je nach Land stark voneinander abweichen. In der Folge wird auch im Automobilsektor mit erheblichen Rabatten zu rechnen sein.

Wenn allerdings der Zeitpunkt kommt, an dem die Pandemie im Großteil der Welt deutlich abebbt und damit auch die Unsicherheiten verschwinden sowie volkswirtschaftliche Kapazitäten wieder in Richtung Normalbetrieb laufen, dürften sich die negativen Effekte an den Arbeitsmärkten langsam wieder neutralisieren.

Als Folge belebt sich die Konsumneigung wieder merklich.

Nachholeffekte könnten die Preise zusätzlich treiben.

Zusammen mit der erhöhten Geldmenge durch die verstärkte Kreditaufnahme von Unternehmen sollten mittelfristig inflationäre Tendenzen entstehen.

 

Staats- und Unternehmensschulden auf deutlich höherem Niveau

Anders als in der Finanzkrise 2008, in der nur die Banken Liquidität erhielten, kommt sie dieses Mal direkt in der Realwirtschaft an. Darüber hinaus werden nach der Krise die Schulden der Staaten und Unternehmen ein deutlich höheres Niveau haben. Eine verstärkte Schuldenaufnahme über die Kapitalmärkte sowie die geschwächten Bonitäten können zu steigenden Zinsen führen.

Die Investoren verlangen dann eine höhere Rendite.

Das wirkt ebenfalls preistreibend.

 

 

Mittelfristig ist es daher wahrscheinlich, dass sich durch die Folgen der Krise Inflationsdruck entwickelt. Dann bleibt abzuwarten, ob insbesondere die EZB in den hochverschuldeten Ländern einen Anstieg der Zinsen dauerhaft unterbinden will und kann.

Ein derartiger massiver und dauerhafter Eingriff in die Märkte, um die Zinsen niedrig zu halten, hat das Potential, das Vertrauen in Währungen auszuhöhlen und die Preise für Sachwerte wie Aktien und Gold stark anzutreiben.

Den Notenbanken steht ein Drahtseilakt bevor. Unternehmer und Kapitalanleger sollten sich entsprechend positionieren.

Gastautor Maik Bolsmann ist Geschäftsführer der B&K Vermögen GmbH in Köln. Weitere Beiträge von ihm und anderen Vermögensverwaltern finden Sie auf www.v-check.de

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