DKB wechselt zu Fintech Upvest: Paradigmenwechsel im deutschen Wertpapiergeschäft?

Spektakulärer Dienstleisterwechsel in der deutschen Bankenlandschaft: Die Deutsche Kreditbank (DKB) trennt sich von der etablierten DWP Bank und vertraut künftig dem Berliner Fintech Upvest die Abwicklung ihres Wertpapiergeschäfts an. Der Wechsel betrifft 5,9 Millionen Kunden und ein Verwaltungsvolumen von 35 Milliarden Euro – und markiert einen Wendepunkt im Kampf traditioneller Institute gegen die Neobroker-Konkurrenz.

Die Entscheidung der zweitgrößten deutschen Direktbank ist mehr als ein gewöhnlicher Providerwechsel. Sie dokumentiert die Grenzen traditioneller Banken-IT und den unaufhaltsamen Vormarsch technologiegetriebener Finanzdienstleister. Dass sich die DKB dabei ausgerechnet von einem Anbieter aus dem eigenen Sektor abwendet, verleiht dem Vorgang eine besondere Brisanz.

Die Bank sieht sich unter Zugzwang.

Kunden eröffnen Sparpläne zunehmend nicht mehr bei der DKB, sondern bei Neobrokern wie Trade Republic.

 

Die DKB-Führung bestätigt diese Einschätzung:

„Unser Anspruch ist es, zur Spitze des Marktes zu gehören“, erklärt DKB-Vorstand Tilo Hacke gegenüber dem Handelsblatt. „Dafür müssen wir im Depotgeschäft wettbewerbsfähig sein, mit Blick auf Technik und Preise.“

 

 

Besonders pikant:

Die BayernLB, Mutterkonzern der DKB, hält selbst 3,7 Prozent an der DWP Bank. Dennoch scheut sich das Management nicht vor dem Bruch mit dem sektoreigenen Dienstleister – ein Zeichen dafür, wie groß der Handlungsdruck geworden ist.

 

Upvest: Der technologische Herausforderer aus Berlin

Mit Upvest holt sich die DKB einen der ambitioniertesten Fintech-Player Europas ins Boot. Das 2017 gegründete Berliner Unternehmen hat sich als „Brokerage-as-a-Service“-Anbieter positioniert und wickelt bereits über 100 Millionen Transaktionen jährlich ab.

Allein im August 2025 verarbeitete die Plattform 9,2 Millionen Orders – ein Beleg für die technische Leistungsfähigkeit.

Der Kundenstamm von Upvest liest sich wie ein Who’s Who der europäischen Fintech-Szene: Revolut, N26, Raisin und die spanische Direktbank Openbank vertrauen bereits auf die Berliner Infrastruktur.

Mit der DKB gewinnt Upvest nun erstmals eine traditionelle Bank von der Größenordnung einer Systemrelevanz.

 

Kennzahl Upvest Bedeutung
Gründungsjahr 2017 Junges, agiles Fintech
Transaktionen/Jahr 100+ Millionen Hohe Skalierbarkeit
Mitarbeiter 250 Schlanke Organisation
Orders August 2025 9,2 Millionen Wachsende Marktdurchdringung

 

 

DWP Bank: Verlust eines Großkunden mit Signalwirkung

Für die Deutsche WertpapierService Bank (DWP Bank) ist der Verlust der DKB ein schwerer Schlag. Das als 50:50-Joint-Venture zwischen DZ Bank und Sparkassen organisierte Institut gilt als Marktführer für Wertpapierservices in Deutschland und verwahrt 5,3 Millionen Endkundendepots. Allein 2024 wickelte die DWP Bank 53 Millionen Transaktionen ab und betreut über 1.000 Institute aus allen drei Säulen des deutschen Bankensystems.

Der Frankfurter Dienstleister reagiert auf die Herausforderungen der Digitalisierung mit eigenen Initiativen. Kürzlich übernahm die DWP Bank das Neobrokerage-Fintech Lemon Markets, um ihre technologischen Fähigkeiten zu stärken. Doch offenbar ist diese Technologie noch nicht so weit entwickelt, wie es die Marktanforderungen verlangen.

Die DWP Bank hat in den vergangenen Jahren verschiedentlich mit IT-Problemen zu kämpfen gehabt. Fachkreise berichten von Ausfällen und Performance-Schwierigkeiten, die das Vertrauen der Kunden belasten. Die neue Plattform WP3, die eine modernere IT-Architektur bieten soll, ist noch im Aufbau.

Neobroker setzen traditionelle Anbieter unter Druck

Der DKB-Wechsel steht exemplarisch für den Wandel der Wertpapierindustrie. Neobroker wie Trade Republic, Scalable Capital oder Justrade haben mit kostenlosen oder günstigen Ordergebühren, intuitiven Apps und minimalen Einstiegshürden eine neue Generation von Anlegern für sich gewonnen. Trade Republic verwaltet mittlerweile 100 Milliarden Euro Kundenvermögen und acht Millionen Nutzer in 17 Ländern.

Diese Entwicklung zwingt etablierte Institute zum Handeln. Die DKB hatte bereits im Mai eine Innovationspartnerschaft mit OpenAI angekündigt, um KI-gestützte Banking-Services zu entwickeln. Mit dem Wechsel zu Upvest setzt die Bank nun auch bei der Wertpapierabwicklung auf modernste Technologie.

Während klassische Direktbanken mit Ordergebühren zwischen 10 und 25 Euro operieren, bieten Neobroker Transaktionen für einen Euro oder sogar kostenlos an.

Finanziert wird dies über das umstrittene „Payment for Order Flow“-Modell, bei dem Market Maker Rückvergütungen für die Weiterleitung von Aufträgen zahlen.

 

Migration in zwei Phasen geplant

Die Umstellung erfolgt gestaffelt: Ab 2026 werden zunächst Neukunden über die Upvest-Plattform abgewickelt, ab 2027 folgt die Migration der Bestandskunden. Diese Vorgehensweise minimiert Risiken und ermöglicht es der DKB, Erfahrungen zu sammeln, bevor das gesamte Kundenvolumen übertragen wird.

Technisch arbeitet Upvest mit etablierten Partnern zusammen. Die Zusammenarbeit mit BNP Paribas und Clearstream gewährleistet die regulatorische Compliance und Sicherheit. Die Kundengelder werden von Upvest verwahrt, rechtlich bleiben die Depots jedoch bei der DKB – ein bewährtes White-Label-Modell.

Für DKB-Kunden soll sich oberflächlich wenig ändern. Sie behalten ihre gewohnte Banking-Oberfläche, während im Hintergrund die modernere Upvest-Infrastruktur zum Einsatz kommt.

Die DKB verspricht „eine deutlich modernere und digitalere Plattform“ mit verbesserter Performance und Kosteneffizienz.

Prezedenzfall für die Branche

Der DKB-Entscheidung dürfte Signalcharakter für die gesamte deutsche Bankenlandschaft zukommen. Sie demonstriert, dass selbst traditionell konservative Institute bereit sind, bewährte Partnerschaften aufzugeben, wenn die technologische und wirtschaftliche Leistung nicht mehr stimmt.

Andere Direktbanken beobachten die Entwicklung genau.

Die Commerzbank-Tochter Comdirect hatte bereits 2020 die Gelegenheit zu einer Kooperation mit Trade Republic verstreichen lassen – rückblickend ein strategischer Fehler, wie Branchenexperten heute bewerten.

Für die DWP Bank bedeutet der Verlust der DKB nicht nur den Wegfall erheblicher Umsätze, sondern auch einen Reputationsschaden. Andere Kunden könnten folgen, wenn das Institut nicht schnell seine technologischen Defizite behebt.

Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken als Eigentümer der DWP Bank stehen vor der Frage, ob Investitionen in die eigene IT-Infrastruktur noch zeitgemäß sind oder ob Partnerschaften mit Fintechs die bessere Alternative darstellen.

Wendepunkt im deutschen Bankenwesen

Der Wechsel der DKB zu Upvest markiert mehr als einen Dienstleisterwechsel – er dokumentiert eine fundamentale Verschiebung der Machtverhältnisse im deutschen Bankenwesen. Technologische Exzellenz wird zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor, und traditionelle Strukturen bieten keinen Schutz mehr vor disruptiven Herausforderern.

Für Anleger bedeutet diese Entwicklung letztendlich bessere Services zu niedrigeren Kosten. Die Kooperation zwischen etablierten Banken und innovativen Fintechs kann das Beste beider Welten kombinieren: die Sicherheit und Compliance traditioneller Institute mit der Geschwindigkeit und Effizienz moderner Technologie.

Die deutsche Finanzbranche steht vor einer Zeitenwende. Wer den technologischen Anschluss verpasst, riskiert das Schicksal der DWP Bank: Vom Marktführer zum Auslaufmodell – überholt von wendigen Konkurrenten, die das verstehen, was moderne Kunden erwarten.

 

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