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Ariel Hauptmeier im Interview mit Birger Schäfermeier, Vorstand der tradAc AG

Ariel Hauptmeier im Interview mit Birger Schäfermeier, Vorstand der tradAc AG

Ein schwüler Sommertag. Donnergrollen über Düsseldorf. In einer Seitenstraße der Königsallee, in einem unscheinbaren Sechzigerjahrebau, liegt Schäfermeiers Firma. Ein großer Klassenraum, gegenüber einige Büros. Ein Praktikant serviert Kaffee. Schäfermeier, schwarzes Nike-T-Shirt, weiße Hose, schwarze Schuhe, tradet mit einem Laptop, es steht aufgeklappt vor ihm, möglich, dass er eine Position laufen hat, jedenfalls schaut er im Minutentakt auf den Bildschirm, das ganze dreistündige Gespräch über.

Auf dem Schreibtisch liegt eine Audio-CD: „Mentale Stärke im Golf“, hier und da Papierstapel, nebenan, durch eine Glaswand getrennt, sitzen zwei Mitarbeiter vor ihren Rechnern, man denkt: eine Jungs-WG, oder: ein Büro aus New Economy-Tagen.

Ich bin zum dritten Mal hier: Ein Mal habe ich Schäfermeiers eintägigen Daytrading-Kurs besucht und gelernt, wie man Eröffnungen im DAX handelt. Und ich war bei seinem kostenlosen Live-Trading. Jeden ersten Freitag im Monat, wenn in den USA die “Non-Farm-Payroll” veröffentlicht wird, DER Market-Mover schlechthin, lässt sich Schäfermeier von 30 Männern (kommt da jemals eine Frau?) über die Schultern blicken. Plaudert aus dem Nähkästchen. Schon ziemlich souverän und großzügig, das.

Wie hat bei Ihnen alles begonnen? Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Trade?

Birger Schäfermeier: "An meinen ersten spekulativen Trade, ja. Ich habe einen Optionsschein auf Kaufhalle gekauft, eine Warenhauskette, die längst vom Markt verschwunden ist. Ich hatte den Tipp aus der Zeitung. Ich bin also zur Sparkasse gegangen, habe dem Schalterbeamten die Wertpapier-Kenn-Nr. des Scheins genannt, die hatte ich mir vorher rausgeschrieben, und wollte auf die Ausführungsbestätigung warten, aber nein, sagte der Herr, „die schicken wir Ihnen per Post.“

Die kam am nächsten Tag tatsächlich, ich habe gleich Videotext angemacht, um zu schauen, wo steht der Schein, und siehe da, ich stand im Plus. Prima. Mein Plan war, bei 20 Prozent Gewinn zu verkaufen. Nach einigen Tagen war es soweit, ich habe voll Freude bei der Bank angerufen und die Verkaufsorder gegeben. Doch eine halbe Stunde später ruft jemand von dort zurück und sagt, dass ich den Schein direkt vom Emittenten gekauft hätte, er sei noch nicht börsennotiert, ich könne frühestens in zwei Wochen verkaufen. Also habe ich nach der Schule weiter fleißig Videotext geschaut."

Ab wann wussten Sie: Ich will Trader werden?

Birger Schäfermeier: "Das war mir spätestens klar, als ich mein Abitur machte, 1989. Wobei ich keine Ahnung hatte, wie ich Trader werden sollte. Wollte man damals an der Börse arbeiten, musste man zu einer Bank gehen. Aber wer sagte einem, dass man dann nicht in der Kreditabteilung landete? Eine Weile lang habe ich darüber nachgedacht, nach London oder Chicago zu ziehen, dorthin, wo es viele reine Trading-Firmen gibt. Am Ende habe ich das gemacht, was alle machen, wenn sie noch nicht genau weiter wissen: Ich habe erstmal studiert. Ich habe mich in Essen für Volkswirtschaftslehre eingeschrieben und nebenher weiter getradet. Das Studium hat mich ziemlich enttäuscht, wir lernten Modelle, die mit der Wirklichkeit wenig zu tun haben, viel Mathematik, wenig Psychologie, fast nichts über das, was die Märkte wirklich bewegt, aber ich hatte das Studium angefangen, also habe ich es auch zu Ende gemacht."

Waren Sie als Student ein erfolgreicher Trader?

Birger Schäfermeier: "Sie werden es nicht glauben, aber einige Tage lang war ich sogar richtig reich. Ich hatte ein System, dass so ähnlich funktioniert wie „Wer wird Millionär?“. Ich habe Optionsscheine gekauft, die weit aus dem Geld lagen, und sie verkauft, wenn ich entweder 100 Prozent gewonnen oder 50 Prozent verloren hatte. Es genügen ja acht Verdopplungsschritte, um aus 5000 eine Million zu machen. So habe ich tatsächlich eine Million D-Mark verdient.

Heute weiß ich, dass ein solches System – ohne jedes vernünftige Risiko-Management – nur sehr niedrige Erfolgschancen hat. Angenommen, man hat eine Trefferquote von 50 Prozent, dann hat eine Serie von acht Gewinnen hintereinander eine Wahrscheinlichkeit, die irgendwo zwischen zwei und drei Prozent liegt. Aber zum einen habe ich mir mehrere Versuche gegönnt, zum anderen gibt es ja diese Zeiten, in denen einem alles gelingt und wo man komplett gut drauf ist. In so einer Zeit habe ich es geschafft.

Natürlich habe ich diesen extremen Gewinn nicht auf Glück zurückgeführt, oder günstige Umstände, sondern dachte: Ich kann’s! Und natürlich konnte ich nicht aufhören. Natürlich bin ich bei extremen Positionsgrößen geblieben, und habe mal eben 300.000 Mark verwettet. Du verlierst, denkst aber, nicht schlimm, du hast ja noch 700.000. Gut, nächstes Investment, da investierst du wieder 200.000 und plötzlich sind es nur noch 500.000. Mist, denkst du, vorgestern hattest du noch eine Million, jetzt nur noch die Hälfte. Was ja immer noch mehr ist, als die meisten besitzen. Aber du kommst eben nicht auf die Idee, dann zu sagen: Stop, Pause, hier atme ich mal durch. Ich habe nicht durchgeatmet und es hat nicht lange gedauert, da war das ganze Geld wieder futsch."

Wie fühlte sich dieser Verlust an?

Birger Schäfermeier: "Weniger schrecklich als man denken könnte. Denn ich habe das Geld ja nie wirklich besessen. Die Bedeutung von Geld begreift man erst dann, wenn man es ausgibt. Hätte ich mir für eine Million Mark schöne Dinge gekauft hätte und wäre am nächsten Tag der Gerichtsvollzieher gekommen und hätte mir diese Dinge wieder weggenommen – dann hätte ich den Verlust gefühlt. So aber war es nicht real, sondern nur eine Zahl. Und das war vielleicht auch das Problem.

Als ich noch Broker war, kam eines Tages mein Chef herein, er war gerade Vater geworden und hatte einen Kinderwagen für 300 Mark gekauft. Der war real. Mein Chef sagte: Das Geld hole ich mir jetzt wieder – und sagte zu mir, ich solle ihm einen FDAX-Kontrakt kaufen. Ich habe zum Telefon gegriffen und ihm einen Dax geordert. Mein Chef hätte nur drei Punkte gebraucht, um die 300 Mark zu verdienen, aber wie es das Schicksal so will, der Markt geht direkt runter. Irgendwann sage ich zu ihm, dass er zehn Punkte hinten liegt. Kein Problem, sagt er, kaufen Sie noch einen Kontrakt. Am Ende des Tages hat er so viel verloren, dass er sich von dem Geld 30 Kinderwagen hätte kaufen können.

Was man daraus lernt? Wenn man tradet, sollte man nicht an reale Sachen denken. Sonst verkrampft man komplett. Die Zahl, die da steht, muss eine Zahl bleiben.

Andererseits: Wenn der Rechner aus ist, sollte man sich auch mal klar machen, dass das echtes Geld ist. Am Ende des Monats ziehe ich immer alles Geld, was über einer bestimmten Summe liegt, von meinem Konto ab. Und kaufe mir auch jedes Mal etwas, damit mein Unterbewusstsein wirklich begreift, dass ich etwas verdient habe. Und sei es ein neuer Golfschläger, irgendein Mist, aber diese Belohnung muss sein."

Wann haben Sie Ihren höchsten Gewinn erzielt?

Birger Schäfermeier: "Im Jahr 1998. Im Oktober hatte die SPD die Bundestagswahl gewonnen, danach gab es diesen Zweikampf zwischen Schröder und Lafontaine. Man konnte absehen, dass es auf Dauer nicht gutgehen würde, einer der beiden musste den Kürzeren ziehen. Ich hatte keine Ahnung, wer von den beiden sich durchsetzen würde, ich wusste nur, dass das ein Punkt ist, auf den ich achten muss, schließlich hatten die beiden sehr unterschiedliche Vorstellung von Wirtschaft: hier der Wirtschaftsmann, dort der Kapitalismuskritiker.

Eines Nachmittags, ich war unterwegs, rief mich einer meiner Kollegen aus dem Büro an und sagte, es laufe eine Eil-Meldung über die Ticker: Lafontaine sei zurückgetreten. Ich dachte: Wahnsinn. Mir war klar, dass die Märkte nun explodieren würden. Es war aber schon nach 17:30 Uhr, der DAX-Future war geschlossen. Man konnte noch den Bund–Future in der Nachsitzung in London handeln, Währungs-Futures in den USA und außerbörslich Optionsscheine.

Ich habe meinen Kollegen gesagt: Kauft für mein Konto alles, was ihr an Optionsscheinen auf den DAX kriegen könnt, geht long in D-Mark und short im Bund. Sie sind zum Telefon gestürzt und konnten, fast zum DAX-Schlusskurs, noch viele Scheine einsammeln. Eine Viertel Stunde lang ist nichts passiert, dann reagierten die Märkte, und am nächsten Morgen… Gab es tatsächlich ein riesiges Aufwärtsgap, das müssen an die 200 Punkte gewesen sein, für die damalige Zeit extrem. Und zusätzlich trieb der Volatilitätssprung den Wert der Optionsscheine nach oben.

Das war eine Situation, in der ich alles auf eine Karte gesetzt hab. Wäre über Nacht irgendwo auf der Welt etwas Schlimmes passiert, wäre ich ruiniert gewesen. Aber es ging gut. Und im Nachhinein weiß ich: Dieser Trade war für mich ein Meilensprung. Ein Hebelpunkt. Zum ersten Mal habe ich, über Nacht, einen sechsstelligen Betrag verdient. Solche Hebelpunkte braucht man als Trader. Momente, in denen man sein Konto – und seine mentale Verfassung – auf das nächsthöhere Level bringt."

Hier können Sie das gesamte Interview lesen: www.meister-der-maerkte.de

(Die broker-test.de Redaktion bedankt sich bei Ariel Hauptmeier für die Nutzung der Interview-Passagen)

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